Politik 122 - Die EU vor Konflikten

in #deutsch5 years ago (edited)

13. Februar 2019

Dieser Tage kam es innerhalb der grössten deutschen Partei, der Christlich Demokratischen Union (CDU) zu einem sogenannten «Werkstattgespräch» [1-3]. Als Ergebnis ging unter anderem hervor, dass man sich für die Zukunft vorbehält, Einwanderer, die ohne Papiere oder mit gefälschten einreisen wollen, doch wieder zurückzuweisen und auch verfügte Ausreisepflicht strenger durchzusetzen.

Ein zarter Ansatz einer möglichen Ankündigung zu einer pragmatischeren Politik zurückzukehren, so könnte man es darstellen. Man sollte sich die Sache genau vergegenwärtigen. Langjährige Regierungspolitiker auf Bundesstufe derselben Partei erklärten, dass genau dies, die Schliessung der Grenzen, nicht möglich sei. In jüngster Vergangenheit gab es einen Wechsel in der Parteiverwaltung, den Vorsitz hat jetzt eine Frau ohne Regierungserfahrung auf Bundesebene inne und es kommt zu einer gegenteiligen Schlussfolgerung. Die Vergangenheit lehrt bekanntlich anderes, nämlich dass Grenzen sehr wohl kontrolliert werden können, vor allem auch dann, wenn es im besten Interesse eines Landes ist.

Auch wenn Politik und Medien nicht müde werden zu betonen, dass Einwanderung für Wohlstand sorge, war es so, dass in den letzten Jahren mit nahezu unkontrollierter Einwanderung die Kosten für die Sozialdienstleistungen rascher anstiegen als die Wertschöpfung in der Privatwirtschaft [4]. Das Dogma Migration ist eine Quelle von Wohlstand, welches im bei den Vereinten Nationen verabschiedeten Globalen Pakt für Migration festgeschrieben steht [5-7] wurde somit ernsthaft herausgefordert. Innerhalb der Europäischen Union ist man sich trotz des Austrittes des Vereinigten Königreichs nicht einig in der Bewertung der Migration. Die Lobby pro Migration, auch aus Drittstaaten ausserhalb der EU, ist insbesondere in Deutschland stark. In anderen Ländern wie etwa den Niederlanden, Schweden, Dänemark und seit neuestem Italien [14], hat die kritische Haltung gegenüber Migration in den letzten Jahren zugenommen. In den östlicheren Mitgliedsstaaten, vor allem in den Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, die sich als Nationalstaaten begreifen, wird Einwanderung besonders von Muslimen fast grundsätzlich abgelehnt.

Für diese ziemlich fundamental anmutende Verschiedenheit der Positionen muss in einer Europäischen Union mit Niederlassungsfreiheit auf dem ganzen Gebiet früher oder später eine Lösung gefunden werden, mit der alle freiwillig leben können. Es könnte eine grosse Herausforderung werden, aber mit dem durchaus stattfindenden (Wieder-) Erstarken rechter und konservativer Parteien dürfte zu erwarten sein, dass es zu Restriktionen kommen wird, unabhängig davon, wie das in Frankreich und Deutschland ankommt.

Frankreich und Deutschland haben vor wenigen Tagen in Aachen feierlich einen Freundschaftsvertrag unterzeichnet [8-9] und damit ihrer engen Zusammenarbeit öffentlich Ausdruck verliehen. Diesen Vertrag hat unter anderem der junge AfD-Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter in einem Video genauer unter die Lupe genommen [10] und einige kritische Punkte gefunden, die innerhalb der EU kritisch gesehen werden können.

In Deutschland kaum beachtet werden derzeit weitere Streitigkeiten in der EU. Besonders der sehr hoch verschuldete Staat Italien ist seit dem letzten Regierungswechsel unbequem geworden [11-13]. Einerseits ist der Schuldenstand so hoch, dass er dringend auf einen geringen Bruchteil des heutigen Standes zurückgestuft gehört, andererseits braucht der Staat dringend neue Mittel, die er wie gewohnt aus neuen Krediten erhalten will.

Das Problem ist seit Jahren bekannt und muss dringend gelöst werden und zwar so, dass vor allem den Bürgern keine gravierenden Konsequenzen auferlegt werden. Diese haben sich zwar in der Vergangenheit zu fragwürdigen, wenig verantwortungsvollen Wahlentscheidungen hinreissen lassen, versagt hat aber vor allem die Politik, die ihrer Verantwortung, in der Gegenwart gemäss dem ethischen Imperativ so zu entscheiden, dass die Zukunft die Möglichkeit hat besser zu werden und nicht in Auswegslosigkeit und Zwang führt, was wiederum zu Konflikten bis Kriegen führen kann.

Italien hat aber nicht nur scharfe Töne in Richtung Brüssel abgegeben, sondern auch in Richtung Paris [15-18]. Es gab offene Solidaritätsbekundungen aus Italien zu den in Frankreich heftig gegen die Regierung protestierenden Gelbwesten. 1'800 von diesen wurden in den letzten Wochen von französischen Gerichten verurteilt, gegen weitere 1'400 gibt es derzeit Gerichtsprozesse [19]. Im Zuge dieser Demonstrationen kam es zwar zu vielen Gewalttaten der Sicherheitskräfte, aber eben auch zu vielen kriminellen Handlungen von Krawallmachern, weswegen ich diese Bewegung kritisch sehe und sicher keine einseitige Solidaritätsbekundung abgebe.

Weiter geht es im Streit zwischen Italien und Frankreich um die Verhältnisse im Mittelmeer und Afrika. Italien fährt einen strenge Linie gegen Schiffe mit Migranten, die illegal nach Europa gelangen wollen. Frankreich verhält sich auch nicht bedeutend offener, aber prangert die von Innenminister Matteo Salvini offen verkündete, restriktive Politik an. Dies wiederum führte zu Vorwürfen, dass sich Frankreich in Afrika weiterhin als ausbeutende Macht verhalte.

Man sieht also, dass momentan eher der offene Streit als die heitere Einigkeit zelebriert wird. Es ist klar, dass die Eskalationsstufe aktuell noch ziemlich gering ist, aber wenn nichts unternommen wird, um die Wogen wieder zu glätten, dürfte die EU, die gerade in Deutschland oft als ein herausragendes Friedensprojekt gewürdigt wird, weiter in Schwierigkeiten geraten. Klar ist aus meiner Sicht, dass in der EU nicht Frankreich und Deutschland allein die Richtung vorgeben können, sondern integrative Lösungen anzustreben sind. Bislang wurden gerade von Deutschland einige Dinge über Geld geregelt. Aber Deutschland ist nicht so reich, wie es seine Politiker gerne behaupten. Viele Deutsche sehen die Ausgabenpolitik ihres Landes kritisch und wollen mehr für sich selbst. Auch diese Sache wird, wenn sie nicht gelöst wird eine Quelle für weiteren Zwist sein.


[1] Deutschland - Migrationspolitik - Als „Ultima Ratio“ hält Kramp-Karrenbauer Grenzschließung für möglich. Welt.de, 12. Februar 2019, von dpa/mr https://www.welt.de/politik/deutschland/article188627725/CDU-Chefin-Annegret-Kramp-Karrenbauer-haelt-Grenzschliessung-fuer-moeglich.html
[2] Deutschland - „Werkstattgespräch“ - Der neue CDU-Werkzeugkasten in der Migrationspolitik. Welt.de, 13. Februar 2019, von Marcel Leubecher und Christoph B. Schiltz https://www.welt.de/politik/deutschland/article188701761/Werkstattgespraech-Kann-die-CDU-die-Massnahmen-auch-umsetzen.html
[3] So tun als ob - CDU-Werkstattgespräch – PR-Aktion oder Lektion gelernt? Tichys Einblick, 13. Februar 2019, von Roland Springer https://www.tichyseinblick.de/meinungen/cdu-werkstattgespraech-pr-aktion-oder-lektion-gelernt/
[4] Tabelle: Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen - in Mrd. Euro. Deutschland in Zahlen https://www.deutschlandinzahlen.de/tab/deutschland/volkswirtschaft/entstehung/bruttowertschoepfung-nach-wirtschaftsbereichen
[5] Einwanderung - Warum der Migrationspakt wie ein Pudding an der Wand wirkt. Tagesspiegel, 10. Dezember 2018, von Barbara John https://www.tagesspiegel.de/politik/einwanderung-warum-der-migrationspakt-wie-ein-pudding-an-der-wand-wirkt/23736532.html
[6] «Pakt widerspricht der Verfassung». Basler Zeitung, 08. Oktober 2018, von Andrea Sommer https://bazonline.ch/schweiz/standard/pakt-widerspricht-der-verfassung/story/26693737
[7] https://en.wikipedia.org/wiki/Global_Compact_for_Migration
https://de.wikipedia.org/wiki/Globaler_Pakt_für_eine_sichere_geordnete_und_reguläre_Migration
[8] Deutschland und Frankreich - Europawahl entzweit Merkel und Macron. Cash, 09. Februar 2019, Reuters https://www.cash.ch/news/politik/deutschland-und-frankreich-europawahl-entzweit-merkel-und-macron-1278422
[9] EU-Serie - Freude, schöner Götterfunken. Weltwoche, 17. Januar 2019, von Jürg Altwegg https://www.weltwoche.ch/ausgaben/2019-3/artikel/freude-schoner-gotterfunken-die-weltwoche-ausgabe-3-2019.html
[10] Norbert Kleinwächter AfD. Detailkritik des von Merkel und Macron unterzeichneten Vertrags. Für Gerechtigkeit YouTube Kanal, 22. Januar 2019
[11] Haushaltsstreit mit EU - Verschmähte Italiener kritisieren die EU heftig. SRF Echo der Zeit, 24. Oktober 2018, von agenturen/fucm; schp https://www.srf.ch/news/international/haushaltsstreit-mit-eu-verschmaehte-italiener-kritisieren-die-eu-heftig
[12] Bella Italia in der Sackgasse - Darum geht uns die Krise in Italien etwas an. SRF, 24. Oktober 2018, von srf/onnd; koua https://www.srf.ch/news/international/bella-italia-in-der-sackgasse-darum-geht-uns-die-krise-in-italien-etwas-an
[13] Haushaltsstreit mit der EU - «Rom zeigt Brüssel den Stinkefinger». SRF, 25. Oktober 2018, von srf/imhm https://www.srf.ch/news/international/haushaltsstreit-mit-der-eu-rom-zeigt-bruessel-den-stinkefinger
[14] Aus für «Aquarius» - Salvinis Sieg gegen die «Gutmenschen». SRF, 07. Dezember 2018, von Philipp Zahn https://www.srf.ch/news/international/aus-fuer-aquarius-salvinis-sieg-gegen-die-gutmenschen
[15] Italien greift Frankreich an - «Der Vorwurf lautet, Frankreich beute Afrika nach wie vor aus». SRF, 22. Januar 2019, von Joël Hafner und Franco Battel, srf/eglc;snep https://www.srf.ch/news/international/italien-greift-frankreich-an-der-vorwurf-lautet-frankreich-beute-afrika-nach-wie-vor-aus
[16] Wegen Provokationen di Maios - Frankreich beruft seinen Botschafter aus Rom zurück. SRF, 07. Februar 2019, von agenturen/blac/maiu;hesa https://www.srf.ch/news/international/wegen-provokationen-di-maios-frankreich-beruft-seinen-botschafter-aus-rom-zurueck
[17] Zwist mit Frankreich - Italien hat meist den Kürzeren gezogen. SRF, 07. Februar 2019, von Philipp Zahn https://www.srf.ch/news/international/zwist-mit-frankreich-italien-hat-meist-den-kuerzeren-gezogen
[18] Italien versus Frankreich - Europas Streithähne. Spiegel online, 12. Februar 2019, von Hans-Jürgen Schlamp http://www.spiegel.de/politik/ausland/italien-und-frankreich-im-streit-feste-feinde-a-1252746.html
[19] 1800 «Gilets Jaunes» verurteilt. Teletext, 12. Februar 2019 http://www.teletext.ch/de/Webtext/News/Ausland/970cdf38-0b38-4275-9743-5da83a027191


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