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Tod und Leben

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Als ich gestern am späten Nachmittag nach Hause kam, hätte ich beinahe aus Versehen eine Spinne, die gerade über den Gehweg spazierte, zertreten. Ich habe es noch rechtzeitig gesehen, habe einen ziemlich großen Ausfall-Schritt gemacht und wäre selbst fast gestürzt. Ich zertrete nie absichtlich Insekten, weil ich denke, das sind auch Lebewesen.

Als ich ein paar Schritte weiter war, drehte ich mich noch einmal zurück, um zu sehen, ob die Spinne noch krabbelte. Zwischen diesem Krabbeln und dem Tod der Spinne lag demnach nur meine Aufmerksamkeit, dachte ich mir. Just in dem Augenblick kam eine Krähe und fraß die Spinne. Ich wusste gar nicht das Krähen Spinnen fressen, aber das war nicht der Gedanke, der mir kam.
Ich dachte, das Leben hat mir irgendwie eine Lektion erteilt und wollte mir damit sagen: Hey, Du bist es nicht, der über Tod und Leben entscheidet.

Bei der Gelegenheit bringe ich gleich noch mal mein Gedicht "Die Spinne". Es hat zwar eine etwas andere Ausrichtung, aber egal ...

Dieses Gedicht ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht wahllos Gedichte in andere Sprachen übersetzen kann. Mir gelingt es nicht, dieses Gedicht ins Englische zu übersetzen, so das der Sinn erhalten bleibt. Viele meiner Gedichte habe ich in mehrere Sprachen übersetzt, aber immer wenn es sehr metaphorisch wird, dann wird es schwer.

Die Spinne

Das Zentrum ist die Quelle der Kontrolle.
Dort führt das Netz zusammen alle Fäden.
Die Energie des fernsten Punktes wackelt durch den Raum
und führt den Räuber auf den Weg nach Eden.
Wenn ich dem Phänomen der Macht in diesen Versen Achtung zolle,
ist mir bewusst, Beachtung finde ich wohl, doch Herzen hör´n mich kaum.

Das Opfer fällt von einem Augenblick der Freiheit in die Tiefe.
So sehr es sich bemüht, es klebt am Tuch der Richter.
Der Körper ist gelähmt und kämpft um seine Ehre.
Die Vibration wird stärker nun, es naht der letzte Dichter.
Gefangen in der Gegenwart schreib´ ich dir diese Briefe.
Du sollst heut´ meine Schwermut sein, an der ich mich verzehre.

Erloschen ist noch nicht das letzte Öl in deinen Gliedern.
So wisse, wenn der Vorhang fällt, die Bühne bleibt bestehen.
Die Bestie kennt nicht Empathie, sie will den letzten Tropfen.
Sie weiß, sie ahnts, der Tag mag fern, doch wird sie selbst vergehen.
Es dringt zu mir in stiller Nacht der Klang von alten Liedern,
und aktuell die Stunde naht, die eignen Schläfen klopfen.

Ein kleiner Traum Lebendigkeit ertrinkt im Netz der Spinne.
Sie gönnt dir nicht Glückseligkeit, ihr reicht es nicht zu lenken.
Schon lange war die Falle da und viele sind verschwunden.
Sie lieben jede Opferung und vorher langes Kränken.
Das Maß der Fäden streng gezogen, ganz im Kodex-Sinne.
So lebe jeden Wimpernschlag als seins die letzten Stunden.

Die Spinne ist ein Sinnbild nur, mir hat sie nichts getan.
Ich spiele hier mein Instrument im Klange der Metapher,
und hoffe auf der Löwen Herzen, dass nie die Kraft vergeht.
So sind wir zwar im Netz gefangen, degradiert zu Welten-Gaffer.
Ergib dich nicht, erliege nicht der Todgeweihten Wahn.
Es wird der Tag einmal geboren, wo unser Wappen weht.

Es ist doch nur ein kleiner Mut, der jede Angst besiegt.
Die Spinne ist sich selbst nicht grün und kannte nie die Liebe.
Der Liebe Macht, wie Felsen fest, verbunden in der Treue.
Nimm an, mein guter, starker Leu, was ich hinüber schiebe.
Sieh dort im Hain der Ewigkeit, wo unsre wahre Quelle liegt.
Stehst du mit deinen Gleichen fest, mein Herz und ich mich freue!

© by mir

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