Max Frisch und das Schwarze Quadrat | Max Frisch and the Black Square

Max Frisch und das Schwarze Quadrat

Manchmal kaufe ich Obst, das noch nicht ganz reif ist. Dann kann es zu Hause noch ein bisschen weiter ausreifen. Und manchmal habe ich ein ähnliches Phänomen bei Büchern: ich kaufe sie (oder bekomme sie geschenkt), lese sie an – und stelle sie ins Regal. Bis ich reif bin. Bis die Umstände, die Kontexte passen und ich sie mit Begeisterung lesen kann.

Natürlich ist das nicht plan- oder auch nur vorhersehbar. Es passiert eben manchmal. Und es dauert zwischen Erwerb und richtiger Lektüre dann schon mal zehn oder mehr Jahre. So erging es mir gerade mit dem Buch „Schwarzes Quadrat“ von Max Frisch.

Max Frisch, Schweizer Dichter, 1911 – 1991. Kein Literaturnobelpreisträger, soweit ich weiß. Aber einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren des XX. Jahrhunderts. Wirksam vor allem in dessen zweiter Hälfte, also nach den großen Kriegen.

Ich lernte zuerst von ihm „Biedermann und die Brandstifter“ kennen. Das ist ein Theaterstück, und obwohl wir es in der Schule nur lasen, nicht als aufgeführtes Schauspiel besuchten, hat es mich abgeholt und mitgenommen. Einige Jahre später, immer noch in der Schule, lasen wir „Mein Name sei Gantenbein“. Das ist eine besondere Art Roman. Er wurde mein Lieblingsroman und ist es bis heute geblieben. Es war Frischs letzter Roman. Der etwas frühere Roman „Homo Faber“ hat mich nicht ganz so fasziniert, aber der „Stiller“ durchaus auch.

Als Einstieg, um Max Frisch kennen zu lernen, würde ich aber eher den „Biedermann“ sowie „Andorra“ (ebenfalls für das Theater) empfehlen. Mit dem „Gantenbein“ einzusteigen, wäre etwa so, als würde man das Werk von Kasimir Malewitsch von seinem „Schwarzen Quadrat“ aus erkunden wollen. Das geht! Natürlich. Und man darf auch mit dem Büchlein „Schwarzes Quadrat“ beginnen, welches zwei kurze Poetik-Vorlesungen Max Frischs aus dem Jahr 1981 beinhaltet und postum erschien (2008).

Es gab neulich Contests zum Thema „Abstrakte Fotografie“, und der Initiator hat in diesem Zusammenhang einen Beitrag gepostet, welcher auf Kasimir Malewitsch und sein Bild „Schwarzes Quadrat“ zu sprechen kam. Da fiel mir das genannte Büchlein ein, das seit gut zehn Jahren bei mir steht und gelesen werden will: „Schwarzes Quadrat“. Wie hängen diese Titel miteinander zusammen? Das wollte ich wissen.

Die Antwort ist einerseits recht einfach: Am Ende seiner zweiten und letzten Vorlesung trug Max Frisch ein poetisches Manifest vor, und diesem gab er rückgewandt den Titel „Schwarzes Quadrat“. Wie er dazu kam, ergibt sich aus der Anekdote, die Frisch zuvor noch erzählt. Ich habe diese bereits gepostet. Es ist der direkte Bezug zu dem gleichnamigen Gemälde von Kasimir Malewitsch (1915). Frisch fasst diesen Bezug so in Worte: „Kunst als Gegenposition zur Macht“. Und plastischer: „Ihr Ort ist nicht das Foyer der [XY]-Bank.“

Die Antwort ist andererseits überhaupt nicht einfach. Ein einfaches schwarzes Quadrat als Gemälde ist doch – gelinde gesagt – Quatsch, oder nicht? Eine reine Provokation, eine Beschimpfung des Publikums und der Kunsthändler, ein Affront gegen die kreativen Kolleginnen und Kollegen. Hoch in die Ikonen-Ecke platziert wird es obendrein eine völlig überhebliche Gotteslästerung oder zumindest eine arrogante Religionsbeschimpfung, eine unanständige Verletzung frommer Gefühle und mangelnder Respekt vor der Tradition. Wie kann sich Max Frisch damit solidarisieren?

Die Antworte darauf gebe ich jetzt und hier nicht, auch nicht als Versuch. Sie ist zu ergründen aus den genannten Werken von Max Frisch. Aus dem Kampf um und aus dem Ringen mit Geschichten – „Narrativen“, wie zur Zeit gern gesagt wird.

https://www.perlentaucher.de/buch/max-frisch/schwarzes-quadrat.html

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/max-frisch-schwarzes-quadrat-ich-probiere-geschichten-an-1803160.html

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Max Frisch and the Black Square

Sometimes I buy fruit that is not quite ripe. Then it can ripen a bit more at home. And sometimes I have a similar phenomenon with books: I buy them (or get them as a gift) - and put them unread on the shelf. Until I am ripe. Until the circumstances, the contexts fit and I can read them with enthusiasm.

Of course, this cannot be planned or even predicted. It just happens sometimes. And it can take ten or more years between acquisition and proper reading. That's what happened to me with the book "Black Square" by Max Frisch.

Max Frisch, Swiss poet, 1911 - 1991, not a Nobel Prize winner, as far as I know. But one of the most important German-language authors of the XXth century. Effective above all in its second half, i.e. after the great wars.

I first got to know "Biedermann und die Brandstifter" by him. It's a play, and although we only read it at school, not attended it as a performed play, it picked me up and took me away. A few years later, still at school, we read "Mein Name sei Gantenbein". It's a special kind of novel. It became my favourite novel and has remained so to this day. It was Frisch's last novel. The somewhat earlier novel "Homo Faber" didn't fascinate me quite as much, but "Stiller" certainly did.

As an introduction to Max Frisch, however, I would rather recommend "Biedermann" and "Andorra" (also for the theatre). Starting with "Gantenbein" would be like wanting to explore the work of Kasimir Malevich from his "Black Square". That works! Of course it can. And you can also start with the booklet "Black Square", which contains two short poetics lectures by Max Frisch from 1981 and was published posthumously (2008).

Recently there were contests on the subject of "abstract photography", and the initiator posted a contribution in this context that spoke of Kasimir Malevich and his picture "Black Square". Then I remembered the booklet I mentioned, which has been with me for a good ten years and wants to be read: "Black Square". How are these titles connected? That's what I wanted to know.

On the one hand, the answer is quite simple: at the end of his second and last lecture, Max Frisch recited a poetic manifesto, and he backhandedly gave it the title "Black Square". How he came up with it is clear from the anecdote Frisch tells beforehand. I have already posted it. It is the direct reference to the painting of the same name by Kasimir Malevich (1915). Frisch puts this reference into words like this: "Art as a counter-position to power". And more vividly: "Its place is not the foyer of the [XY] bank."

The answer, on the other hand, is not simple at all. A sheer black square as a painting is - to put it mildly - nonsense, isn't it? A pure provocation, an insult to the public and art dealers, an affront to creative colleagues. Placed high in the icons corner, it becomes, on top of everything else, a completely pretentious blasphemy or at least an arrogant insult to religion, an indecent violation of pious feelings and a lack of respect for tradition. How can Max Frisch show solidarity with this?

I do not give the answer to this question here and now, not even as an attempt. It is to be fathomed from the aforementioned works of Max Frisch. From the struggle for and with stories - "narratives", as is often said at present.

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