TRANSENS und Generationen / TRANSENS and generations

in Deutsch Unplugged2 years ago

english below...

Ihr erinnert Euch vielleicht an meine bisherigen Berichte über das TRANSENS-Projekt, in dem ich seit 2019 eingebunden bin? Ein transdisziplinäres Verbundvorhaben zur Begleitung der Endlagersuche für Atommüll...

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/transens-oder-wo-soll-nun-der-ganze-atommuell-hin-transens-or-where-should-all-the-nuclear-waste-go-now

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/transens-atommuell-wir-diskutieren-noch-transens-nuclear-waste-we-are-still-discussing

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/transens-fortschritte-transens-progress

Langsam nimmt der Prozeß Fahrt auf, wir treffen uns häufiger. Eine erste Evaluierung findet derzeit statt - wir gehen mit einem recht guten Gefühl in die nächste Runde. Neben einer Sommerschule, während der interessierte Teilnehmer aus der Öffentlichkeit über unsere Arbeit informiert werden, wird als weiterer Meilenstein eine Buchveröffentlichung angestrebt. An diesem Sammelband, der sich vor allem mit den Ungewißheiten im Zuge der Endlagersuche beschäftigen wird, beteiligen sich alle involvierten Interessengruppen durch Beiträge ausgewählter Vertreter zum aktuellen Stand, bislang gemachten Erfahrungen, aktuellen Überlegungen... Wir hoffen, daß ein Einblick in die unterschiedlichen Blickwinkel der Stakeholder dazu beiträgt, vorhandene Konflikte zu entschärfen und Wege zu ebnen für das weitere gemeinsame und konstruktive Vorgehen.

Sobald das Buchprojekt vollendet ist, werde ich es natürlich sehr gerne hier präsentieren. Heute dürft Ihr schon einmal meinen kleinen persönlichen Beitrag in der Rohfassung lesen und gerne diskutieren:
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Generationengerechtigkeit…

Ein großes Wort steht im Raum – nicht erst seit gestern, aber es wird zunehmend forscher vorgetragen. Die Bedeutung scheint indes heutzutage etwas anders zu lauten als noch vor Jahren und Jahrzehnten: während damals unter dem Stichwort Generationenvertrag ein ungeschriebenes Übereinkommen gemeint war, in dem die Umverteilung des gesellschaftsweit erzielten Arbeitseinkommens auf alle, also auch die noch nicht oder nicht mehr arbeitende Bevölkerung, geregelt war. Die jungen Leute gehen für die Rente der Älteren arbeiten… Das tun sie heute noch, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen, keine Frage. Das Verhältnis zwischen den Generationen hat sich dennoch – und zwar nicht nur zahlenmäßig – verschoben…

Die heute junge Generation macht nicht zu Unrecht ihre Vorgänger verantwortlich für einige Altlasten. Ob „wir“ tatsächlich dafür in Anspruch genommen werden können, daß unsere Nachfahren einigermaßen komfortable Lebensbedingungen vorfinden, sei einmal dahingestellt. Fakt ist aber, daß im 20. Jahrhunderts so einiges schlimm verbockt wurde, mit dessen Ausgleich und Bereinigung sich nicht noch etliche weitere Generationen herumschlagen sollten… Der Atommüll, der bis zum heutigen Tag noch keinen endgültigen und sicheren Verbleib gefunden hat, ist ein unrühmliches, weil drängendes Beispiel.

Wir leben also in einer Zeit voller Herausforderungen. Diesen stellen wir uns – oder wir bürden sie zwangsläufig nachfolgenden Generationen auf. Leichter wird diese Last in keinem Fall. Die frühere Entscheidung pro Atomkraft wurde in Deutschland revidiert und ein Ausstieg aus dieser Form der Energieerzeugung beschlossen und gesetzlich verankert. Die aufgelaufene Menge radioaktiver Abfälle ist beeindruckend; sowohl Menge als auch Gefährdungspotential machen das schnelle Finden der bestmöglichen Lösung zwingend notwendig. Entlang der juristischen Rahmenbedingungen bewegen sich die zuständigen Institutionen auf dem Weg zu einer finalen Entscheidung. Allen Beteiligten ist dabei bewußt, daß es eben keine perfekte Endlagerstätte gibt, die 100%-ige Sicherheit garantiert. Das Ringen um ein Maximum an Akzeptanz in der Bevölkerung kommt noch erschwerend hinzu…

Während der Prozeß der Endlagersuche im vollen Gang ist, passieren weltpolitisch Dinge, die als verläßlich angesehene Verhältnisse ins Wanken geraten lassen: Stimmen werden laut, die nach einem Weiterbetrieb der Atomkraftwerke rufen. Es gibt Befürworter einer atomaren Aufrüstung, um eventuellen Feinden der sogenannten westlichen Demokratie die Stirn bieten zu können, wenn diese mit Nuklearwaffen drohen. Hat sich unsere Einstellung zur Kernkraft binnen weniger Monate radikal geändert? Ist entsprechend zu befürchten, daß es bei jeder weiteren geopolitischen Verwerfung ein Überdenken der Prämissen im Hinblick auf den Umgang mit Atomkraft, damit auch mit Atommüll, geben wird? Ist unter dieser Voraussetzung der immense Aufwand, der für die Endlagersuche in Deutschland (und anderswo) betrieben wird, überhaupt gerechtfertigt? KANN ein derartiges Unterfangen überhaupt generationengerecht sein?

Neben all diesen äußeren Bedingungen, zu denen man sich positionieren muß, wenn der Prozeß nicht erfolglos bleiben soll, gibt es Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die direkt im engen Umfeld der Kernenergie-Thematik zu finden sind. Bereits jetzt sinkt national die Anzahl der technischen und akademischen Experten auf diesem Gebiet durch Überalterung des vorhandenen Kaders sichtbar. Wenn es nicht gelingt, dauerhaft ausreichend engagierte Nachwuchswissenschaftler für diesen Bereich zu gewinnen, steht die Umsetzung jedweder Vorhaben im Endlagerprozeß auf wackeligen Füßen. Ein Wissensverlust wäre nicht zu verhindern und hätte fatale Auswirkungen!

Was ist also zu tun? Sicher gibt es keinen einfachen, perfekten Weg, mit dieser Aufgabe
umzugehen. Gab es schon ähnlich bedeutungsschwere, langfristige Projekte in der Weltgeschichte, die vergleichbare Prozesse erforderlich machten? Vielleicht läßt sich die Atommüll-Endlagerung in ihrer Tragweite mit dem Hochwasserschutz der Küstenländer wie der Niederlande vergleichen oder mit der globalen Zunahme an psychischen Erkrankungen, der Beobachtung sogenannter Volkskrankheiten durch die Veränderung der Lebensgewohnheiten, dem Umgang mit Gentechnologie oder vielleicht sogar mit dem Corona-Management…?

Wenn mich mein Eindruck nicht täuscht, haben wir – als Menschheit – all diese Themen eher suboptimal im Griff. Dafür will ich jetzt und hier keinen Schuldigen oder Verantwortlichen suchen. Ich gebe nur zu bedenken, daß die unterschiedlichsten Interessen aufeinander treffen, wenn es um solche gravierenden Probleme geht. Die gilt es zum einen, in eine gemeinsame Richtung zu lenken. Zum anderen, ihren jeweiligen Einfluß abzuklopfen auf schädliche Effekte. Besonders im Hinblick auf wirtschaftliche Hintergründe und politische Befangenheiten sollten Gremien geschaffen werden, die sich solchen Einflußfaktoren entziehen und unvoreingenommen nach den „richtigen“ Antworten auf die offenen Fragen suchen. Ob und wie Begleitgruppen aus den Reihen der Bevölkerung so eine Aufgabe erfüllen können, ob sie zumindest zu einem breiteren Blickwinkel und der Berücksichtigung vielfältiger Interessen beitragen können, wird u.a. im TRANSENS-Verbundvorhaben untersucht. Wenn wir, als Querschnitt der deutschen Bürgerschaft mit unseren unterschiedlichen Herkunftsgebieten, beruflichen und Bildungshintergründen, Altersgruppen und Einstellungen es schaffen, uns zielorientiert aufzustellen und an einem Strang zu ziehen, sollte es doch Wissenschaftlern, Politikern und Interessenverbänden ebenso gelingen? Nun ja. Der Vergleich hinkt dann wohl doch ein wenig…

Es ist und bleibt alles im Fluß in der menschlichen Gesellschaft. Ohne die Veränderungen der nächsten Jahrhunderte vorhersagen zu können, wird es schlicht nicht möglich sein, die für alle Zeiten perfekte Lösung für die Endlager-Problematik zu präsentieren. Der Anspruch sollte allerdings auf jeden Fall dahin gehen, mit einem guten Gewissen Stand heute letztendlich den Vorschlag zu vertreten, der nicht schon vorprogrammiert für Folgeprobleme sorgt. Der nicht das Risiko des Scheiterns bereits in sich trägt. Darüber hinaus wird man mit einem unvermeidlichen Rest an Ungewißheit immer leben müssen.
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Ich freue mich wie immer über Anregungen und Ergänzungen ;-))

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Wunderland Kalkar - ein Vergnügungspark auf dem Gelände eines nie in Betrieb gegangenen "Schnellen Brüters"... / Wonderland Kalkar - an amusement park on the site of a "fast breeder reactor" that never went into operation...

english version:

You may remember my previous reports on the TRANSENS project, in which I have been involved since 2019? A transdisciplinary joint project to accompany the search for a final repository for nuclear waste...

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/transens-oder-wo-soll-nun-der-ganze-atommuell-hin-transens-or-where-should-all-the-nuclear-waste-go-now

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/transens-atommuell-wir-diskutieren-noch-transens-nuclear-waste-we-are-still-discussing

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/transens-fortschritte-transens-progress

Slowly the process is picking up speed, we are meeting more frequently. A first evaluation is currently taking place - we are entering the next round with quite a good feeling. Apart from a summer school, during which interested participants from the public will be informed about our work, a further milestone is the publication of a book. In this anthology, which will mainly deal with the uncertainties in the course of the search for a repository, all involved interest groups will participate by contributions of selected representatives on the current status, experiences made so far, current considerations... We hope that an insight into the different perspectives of the stakeholders will help to defuse existing conflicts and pave the way for further joint and constructive action.

As soon as the book project is finished, I will of course be happy to present it here. Today you can already read my small personal contribution in the rough version and discuss it with me:
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Generational fairness...

A big word is in the air - not just since yesterday, but it is increasingly being put forward more briskly. The meaning, however, seems to be somewhat different nowadays than it was years and decades ago: whereas at that time, the keyword "intergenerational contract" meant an unwritten agreement that regulated the redistribution of society-wide earned income to all, i.e. also to the population that is not yet or no longer working. Young people go to work for the pensions of their elders... They still do so today if they get the chance, no question. Nevertheless, the relationship between the generations has shifted - and not only in terms of numbers...

Today's young generation is not wrong to hold its predecessors responsible for some of the burdens of the past. Whether "we" can actually be held responsible for providing our descendants with reasonably comfortable living conditions remains to be seen. But it is a fact that in the 20th century a lot of things were badly screwed up, which several more generations should not have to deal with... Nuclear waste, which to this day has not found a final and safe place, is an inglorious and urgent example.

So we live in a time full of challenges. We face them - or we inevitably place the burden on future generations. In any case, this burden is not getting any lighter. The earlier decision in favour of nuclear power was revised in Germany and a phase-out of this form of energy production was decided and enshrined in law. The accumulated amount of radioactive waste is impressive; both the quantity and the hazard potential make it imperative to find the best possible solution quickly. Along the legal framework, the responsible institutions are moving towards a final decision. All those involved are aware that there is no perfect final disposal site that guarantees 100% safety. The struggle for maximum acceptance among the population is a further complicating factor...

While the process of finding a final repository is in full swing, things are happening in world politics that are shaking up conditions that were considered reliable: voices are being raised calling for the continued operation of nuclear power plants. There are advocates of nuclear armament in order to be able to stand up to possible enemies of so-called Western democracy if they threaten us with nuclear weapons. Has our attitude towards nuclear power changed radically within a few months? Is it accordingly to be feared that with every further geopolitical upheaval there will be a rethinking of the premises with regard to dealing with nuclear power, and thus also with nuclear waste? Under this assumption, is the immense effort that is being expended on the search for a final repository in Germany (and elsewhere) justified at all? CAN such an undertaking even be generationally fair?

In addition to all these external conditions on which one must position oneself if the process is not to remain unsuccessful, there are aspects to be considered that can be found directly in the close environment of the nuclear energy issue. Already now, the number of technical and academic experts in this field is visibly decreasing nationally due to the ageing of the existing cadre. If it is not possible to attract enough committed young scientists to this field in the long term, the implementation of any plans in the repository process will be on shaky ground. A loss of knowledge would be unavoidable and would have fatal consequences!

So what is to be done? There is certainly no simple, perfect way to deal with this task. Have there been similarly significant, long-term projects in world history that required comparable processes? Perhaps the nuclear waste disposal can be compared in its scope with the flood protection of coastal countries like the Netherlands or with the global increase in mental illnesses, the observation of so-called widespread diseases due to changes in lifestyle, the handling of genetic engineering or perhaps even with corona management...?

If my impression does not deceive me, we - as humanity - have a rather suboptimal grip on all these issues. I don't want to look for someone to blame or take responsibility for this here and now. I only want to point out that the most diverse interests come together when it comes to such serious problems. On the one hand, they have to be steered in a common direction. On the other hand, their respective influence must be checked for harmful effects. Particularly with regard to economic backgrounds and political biases, committees should be created that are free of such influencing factors and look for the "right" answers to the open questions in an unbiased way. Whether and how monitoring groups from the ranks of the population can fulfil such a task, whether they can at least contribute to a broader perspective and the consideration of diverse interests, is being investigated in the TRANSENS joint project, among others. If we, as a cross-section of the German citizenry with our different areas of origin, professional and educational backgrounds, age groups and attitudes, manage to set ourselves up in a goal-oriented way and pull together, surely scientists, politicians and interest groups should be able to do the same? Well, yes. The comparison is a bit misleading...

Everything is and remains in flux in human society. Without being able to predict the changes of the next centuries, it will simply not be possible to present the perfect solution to the repository problem for all times. However, the claim should in any case be to represent with a clear conscience the proposal that does not already cause consequential problems. A proposal that does not already bear the risk of failure. Moreover, one will always have to live with an unavoidable residue of uncertainty.
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As always, I welcome suggestions and additions ;-))

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 2 years ago 

Der ewige Konflikt von Vätern und Kindern, der Kampf von Alt und Jung Egoismus, das Wesen ändert sich nicht. Menschliche Gier regiert immer noch die Welt. Was das Endlager für Atommüll betrifft, dann schauen Sie. In der Nähe meiner Stadt, ich lebe in Charkow, wurde 1972 eine unterirdische Atomexplosion durchgeführt. Löschen eines Feuers an einer Gasquelle. Die Explosion half nicht, das Feuer wurde nicht gelöscht. Aber ich denke, die Eingeweide der Erde enthalten jetzt etwas, das den Geigerzähler stört.)

The eternal conflict of fathers and children, the struggle of old and young egoism, the essence does not change. Human greed still rules the world. As for the repository of nuclear waste, then look. Near my city, I live in Kharkov, an underground nuclear explosion was carried out in 1972. Extinguishing a fire at a gas well. The explosion did not help the fire was not extinguished. But I think the bowels of the earth now contain something disturbing the Geiger counter.)

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