Fahrverbote für Dieselmotoren – Warum sollen eigentlich 1/3 der PKWs und 96% der LKW eingeschränkt werden?

in #de-stem6 years ago (edited)

diesel fahrverbot - steemit.png
 
Ausgangslage des Fahrverbots: Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg klagen gegen ein Fahrverbot vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Fahrverbote seien nicht rechtmäßig, deshalb dürfe es keine geben.

Die Klage wurde vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen und Städte / Kommunen können nun Fahrverbote auf rechtlich sicherem Boden durchführen. Warum ist diese Entscheidung problematisch für die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland?

In Deutsch sind 1/3 der PKWs mit Dieselmotoren ausgestattet und 96% der LKW

Das Problem der Dieselmotoren - Stickoxide

Das Problem in der – eigentlich tollen Technik – sind die Stickstoffwerte. Stickstoff ist erstmal nicht als üble Substanz bekannt, denn der größte Teil der Atmosphäre besteht aus Stickstoff und nur 21 % davon sind Sauerstoff, der Rest ist Stickstoff. [1]
In Verbindung mit Sauerstoff wird Stickstoff ein Reizgas, weil es im Periodensystem der Elemente nahe an den Halogenen dran ist und somit seine Elektronegativität eine andere als die von Kohlenstoff ist. Dadurch werden die Atombindungen lockerer und dies wiederum führt zur Entstehung von Radikalen (Atome) die wieder Bindungen eingehen. Diese verursachen beim Menschen letztlich Entzündungen, welche meist auch der Vorbote von Tumoren sind. [2]

Betrachten wir nun einmal – völlig objektiv – die Vor- und Nachteile des Dieselmotors.

Vorteile:

  • Sparsam (bis zu 15% bessere Energieausbeute gegenüber dem Otto-Motor; fast 40% Wirkungsgrad, dagegen Benziner kaum mehr als 20% Wirkungsgrad)
  • Geringer CO2-Ausstoß: aufgrund vom geringeren Verbrauch auch geringer Ausstoß
  • Diesel sind leistungsstark (bis zu 500.000 km PkW und LKW sogar 1.000.000 – 2.000.000 km)[3]

Nachteile:

  • Verpesten die Umwelt: könnten sauberer sein, z.B. durch Partikelfilter, welche heute bis zu 100% Feinstaub filtern. Diese kosten aber auch Geld.
  • Feinstaub ist gesundheitschädlich: Dieser Staub soll so klein sein, dass er in die Zellen dringt und Krebs auslösen kann sowie Lungen- Herz und Kreislauferkranungen.
  • Hohe Stickoxid-Emissionen: das Gas verursacht sauren Regen, Smog und beschleunigt die globale Erwärmung. Im Diesel in größeren Mengen als im Benziner, Grund: Diesel verbrennt sehr effiziert und hat einen hohen Wirkungsgrad, mit Temperaturen bis 2.500Grad und dadurch oxidiert Stickstoff zu Stickoxid.[4]

Zusammengefasst lässt sich zitieren:

Das heißt also, wenn ich den Motor Stickoxid-freier machen will, muss ich ihn ineffizienter machen. Außerdem muss ich danach irgendwelche Filter einschalten und die sind teuer und das ist der Punkt, weshalb es die Problematik mit dem Abgasskandal gegeben hat.

Welche Verfahren gibt es zur Reduzierung der Stickstoffwerte?

Zumischung durch AdBlue: würde die Abgase in den Normbereich bringen (unterhalb der negativ Grenzwerte). Die wässrige Harnstofflösung ermöglicht eine Reduktion der ausgestoßenen Stickoxide (NOx) mittels selektiver katalytischer Reduktion (SCR) um bis zu 90 Prozent. [6]
Vor Jahren hat sich die Automobilindustrie jedoch dafür entschieden, diese Flüssigkeit nicht beizumischen. Der Hauptgrund ist der Kostenfaktor:

Für die technische Ausstattung fallen zusätzliche Kosten sowie Gewichts- und Platzbedarf für Tank, Leitungen, Sensorik, Elektronik etc. an. Die Preise von Dieselfahrzeugen mit SCR-Katalysator und AdBlue sind 2015 daher noch deutlich höher als von Fahrzeugen mit Ottomotoren. So kostet beispielsweise ein Neuwagen des Typs Peugeot 208 mit Dieselmotor und SCR-Abgasreinigung mit 17.950 Euro gegenüber der Ausführung mit Ottomotor mit 14.950 Euro 3000 Euro mehr in der Anschaffung. [7]

Mittlerweile gibt es sogar in Hamburgsstraßen eine Umsetzung des Diesel-Fahrverbots:
http://www.sueddeutsche.de/auto/diesel-fahrverbot-in-hamburg-neue-schilder-fuer-ein-bisschen-bessere-luft-1.3997206

Ist das Diesel Fahrverbot nun gerecht - eine persönliche Meinung


Die Thematik lässt sich schwer beurteilen, da die Diesel-Technologie an sich nicht schlecht ist. Problematisch ist es in jedem Fall, dass die Strafen auf die Verbraucher abgewälzt werden, statt auf die - man muss es so sagen - böse, böse Autoindustrie. Diese zeigt sich aktuell leider nicht von ihrer besten Seite, denn ein Skandal nach dem anderen tritt zum Vorschein. Deshalb sollte aktuell die Politik stärker eingreifen und verstärkt mit der Automobilindustrie zusammenarbeiten, sowie diese strafen. Es kann nicht sein, dass Unsummen umgesetzt werden, doch diese letztlich bei eingetretenen Risiken auf die Bevölkerung abgewälzt werden.

Neben dem "Schuldfaktor" sollte der Gesundheitsfaktor bzgl. der Stickoxide nicht vernachlässigt werden:

Einer US-Studie zufolge gehen 38.000 frühzeitige Todesfälle jährlich auf das Konto von Stickoxid-Emissionen von Diesel-Fahrzeugen.[8]
 
steemit diesel statistik.pngQuelle: https://www.heise.de/tr/artikel/Statistik-der-Woche-Wie-toedlich-ist-Diesel-3744126.html

Anhand der Statistik lässt sich ganz klar sehen, dass die EU einen viel zu hohen Anteil an Todesfällen aufgrund von Stickoxid-Emissionen hat. Ob diese Todesfälle nur auf unsere PKWs zurückzuführen sind ist nicht eindeutig, doch die EU und Forschung sehen einen primären Grund in Fahrzeugen.

Die Dieselproblematik ist also kein Problem, welches die Politik nicht aktiv anpacken sollte, wenn nötig auch mit Fahrverboten, jedoch in einem geringeren und bedachteren Maße. Sinnvoller wäre es zunächst die Infrastruktur für neue Technologien auszubauen, sowie diese stark zu subventionieren. Dies könnte primär über die Automobilindustrie gezahlt wird. Als Instrument zur Strafe für "Vergehen" und Vertrauensgewinn der Politik. Seien es Projekte zur Ausbildung neuer Nachwuchskräfte die unternehmensintern gefördert werden oder Unterstützung diverser Forschungsprojekte für neue Energien. Die Automobilindustrie sollte hier ihre Schuld tragen und die Politik die Konsequenzen anleiten - immer im Hinblick auf die Wichtigkeit der Automobilindustrie für unsere Wirtschaft, denn schaden wollen wir dieser auch nicht.

 
Quellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Erdatmosphäre
[2] Harald Lesch, Fahrverbote für Diesel? , youtube.com
[3] https://www.mdr.de/wissen/faszination-technik/vorteile-nachteile-dieselmotoren-100.html#sprung0
[4] https://www.mdr.de/wissen/faszination-technik/vorteile-nachteile-dieselmotoren-100.html#sprung0
[5] https://www.mdr.de/wissen/faszination-technik/vorteile-nachteile-dieselmotoren-100.html#sprung0
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/AdBlue
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/AdBlue
[8] https://www.heise.de/tr/artikel/Statistik-der-Woche-Wie-toedlich-ist-Diesel-3744126.html

Sort:  

Problematisch ist [...], daß die Strafen auf die Verbraucher abgewälzt werden, statt auf die [...] Autoindustrie.

Und wer zahlt die Strafen der Autoindustrie am Ende? Die Shareholder? Die Vorstände? Wohl eher nicht. Die "Industrie" legt sie einfach auf die Preise um und der dumme Verbraucher bezahlt die Strafen dann an der Ladentheke.

Staatliche Subventionen in einem Sketch erklärt
Bild: © Thomas Plaßmann/ Baaske Cartoons

Wo die Politik eingreift kommt für den Verbraucher immer nur Mist raus. Die Politik ist schließlich keine neutrale Instanz, sondern die kartelt an einem Tisch mit den Vorständen der Industrie aus, wie man den Verbraucher effizienter ausnehmen kann. Was passiert, wenn man eine Industrie subventioniert, hat man schon des öfteren gesehen, nicht zuletzt bei den Solarmodulen. Die Lösung besteht also schon mal nicht darin, daß man die Problemursache als Lösung sieht.

Was dieses konstruierte "Dieselproblem" angeht: Seit Jahrzehnten werden Schadstoffwerte reduziert und neue und immer strengere Vorschriften erlassen. Verglichen mit den 70er Jahren kommt heute aus dem Auspuff frische Luft, während der Schiffs- und Flugverkehr seither stark zugenommen hat. Nun blasen allerdings gerade Schiffe und Flugzeuge Schweröl bzw. Kerosin, was nichts anderes ist als Diesel, tonnenweise ungefiltert in die Luft. Das zeigt also, daß es der Politik hier um alles Mögliche geht, aber sicher nicht um saubere Luft, denn die Luft ist heute sauberer als je zuvor - zumindest wenn man so tut, als wären die Autos die Hauptursache für Luftverschmutzung.

Ja, aber wieso sollte man das Problem beim Schiffsverkehr auf der nur 3 km entfernten Elbe suchen oder beim nur 11 km entfernten Flughafen, wenn man doch die Leute dafür verantwortlich machen kann, die täglich zur Arbeit müssen...

Richtig - zumal es die Leute sind, die die Lobbies der beiden anderen Luftverpester ja bezahlen müssen...

Ich finde es total sinnfrei, einzelne Straßen zu sperren. Dadurch müssen die Dieselfahrzeuge einen Umweg fahren. Das löst das Problem nicht, es wird nur verlagert. Genau genommen wird es noch verschlimmert, da die Dieselfahrzeuge dadurch länger unterwegs sind und dem entsprechend mehr CO2 ausstoßen.

Sehe ich genauso, dadurch werden zwar die "Intensivtäter"-Straßen im Dieselverbrauch ein wenig "entlastet" (man will es hoffen - wohl auch für die Anwohner, wenn man die obige Statistik sieht), doch die Atmosphäre ist als gasförmige Hülle der Erde eben gesamt zusammenhängend und übergreifend und nicht auf Straßen begrenzt.

Was jetzt natürlich noch interessant wäre, ist deine persönliche Meinung. Fahrverbote ja oder nein, und warum?

//edit; Danke für den Hinweis :)

sehr coole Übersicht, danke.

sehr gerne, freue mich immer über positives Feedback.

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