70 Euro - Recyclinghof - Konsumterror - fehlendes Geländer

in #deutsch5 years ago

Teil 28

Der Lange und ich wohnten jetzt unter einem Dach und planten ab sofort so ziemlich alles zusammen. Zugegebenermaßen war das öfters nicht so einfach, da er Anfang 20 war und ich fast 40. Die Partys mitten in der Woche strengten besonders an, da wir meistens am nächsten Morgen wieder auf die Insel mussten.
Die Filiale auf Sylt entpuppte sich als reine Goldgrube. Was die Menschen da wegschmeißen nur weil sie es nicht mehr haben wollten oder ihrer Ansicht nach nicht mehr zu gebrauchen war, war beileibe nicht mehr schön geschweige denn lustig. Auf dem städtischen Recyclinghof fanden wir die tollsten Elektrogeräte, witziger weise das meiste aus dem PC-Bereich. Aber die Krönung war immer noch die Entsorgung von Matratzen und Gartenmöbel. Sie wurden quasi jährlich entsorgt und gegen Neues eingetauscht.


In meinen Augen spiegelte sich hier der reinste Konsumterror, dieser übersättigten Konsumgesellschaft wieder, so dass ich entschied diese Begebenheit in ein für mich besseren Licht zu rücken. So sammelten wir am Tage alle möglichen noch zu gebrauchenden Matratzen und Gartenmöbel in einem kleinen Raum beim Möbelhaus, um diese am Ende der Woche aufs Festland zu fahren. Die besten und coolsten Gartenmöbel, Schirme und Auflagen landeten natürlich bei uns im heimischen Garten am Teich. Das Allerbeste war daran, dass die alten Besitzer uns auch noch für die Entsorgung bezahlten. Gute Matratzen und sonstige Möbel brachten wir in die Sozialläden, dass auch bedürftige Menschen was von unseren Errungenschaften hatten. So war es ein tolles Gefühl anderen Menschen helfen zu können. Ich selber kannte es ja nur zu gut mit nichts dazustehen und von der Hand in den Mund zu leben.
Nur zur Erinnerung: Ich hatte meine letzten 70 Euro investiert und über die Jahre mit ewigen Reinvestitionen einen monatlichen Umsatz von ca. 12.000 Euro generiert.
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Ich hatte wirklich eine Hammerzeit nach meinem Umzug von Berlin nach Nordfriesland und unendlich viel Glück mit meinen Unternehmungen. Alles was ich anpackte klappte nur zu gut und das schon seit Jahren. Mir wurde schon ganz schwindelig in welchem Tempo sich mein Leben abermals gedreht hatte. Aber sei es drum, aufgeben war für mich nie eine Option. Die Jahre zogen nur so im Flug an mir vorbei, wobei ich beileibe nicht dachte, dass sich mein Arrangement mit dem Möbelhaus so lange halten würde.
So langsam spürte ich die körperliche schwere Arbeit und das ewige Fußballspielen in meinen doch schon relativ alten Knochen, so dass ich bei einem Besuch meines Versicherungsvertreters entschied, eine zusätzlich fette Krankentagegeld-Versicherung abzuschließen. Auch beim Thema Krankheiten hatte ich sehr viel Glück, da ich seit gut 15 Jahren nicht das kleinste Zimperlein hatte. Auch mein Lebensstil war nicht gerade förderlich für eine durchgehende Gesundheit. Aber immerhin hatte ich ja mit meinem Trainer und Schirijob (noch) meinen sportlichen Ausgleich und Fitnesstraining.
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Es kam was kommen musste. Wir hatten wieder einen heiklen Auftrag auf Sylt zu erledigen. Ein Ferienhausbesitzer hatte seine Inneneinrichtung bestellt , ohne dies mit seinen Bauarbeiter zu koordinieren. Es handelte sich um einen Neubau der noch nicht ganz fertiggestellt war. Als wir dort aufschlugen waren die unteren, sich im Keller befindenden Schlafräume, noch nicht ganz fertiggestellt. Farbe, Tapeten, Fußbodenbeläge, Elektroleitungen, es fehlte noch so einiges. Auch ein Treppengeländer das in den Keller führte war noch nicht montiert.
Der Bauherr entschied sich für eine Einlagerung der angelieferten Möbel etc. in eines der unteren Räume. Da der Vorplatz samt Garten ebenfalls nicht fertig war, standen wir mit unseren LKW in einer matschigen Pampe und stiefelten mit unseren Schlafzimmerheiligtümern durch die Pampe in den Keller. Ich kochte wieder vor Wut, weil die Vorgärten der Inselprachtbauten echt groß waren und ein Sturz mit einer der schneeweißen, sauteuren Matratzen katastrophale Auswirkungen hätte. Die schweren Kartons durch die matschige Pampe zum Haus zu tragen war auch das reinste Kunststück. Wir sahen aus wie die Schweine, als wir das ganze Gedöhns endlich im Haus hatten. Natürlich konnten wir jetzt nicht mit unseren matschigen Schuhe das Ganze in den Keller buxieren, so das er uns auftrug die dreckigen Botten auszuziehen und auf Socken die ganzen Klamotten in den Keller zu schaffen. Jetzt war die Grundlage für die sich androhende Katastrophe geschaffen. Die Betonstufen der Kellertreppe waren noch mit Pappe abgeklebt. Die ersten paar Sachen waren gut nach unten geschafft worden, bis zu dem Zeitpunkt, wo sich die mit Panzerband befestigte Pappe auf den Stufen lösen sollte und mich samt eines ca. 30 Kilo schweren Kartons in die Tiefe riss. Durch das fehlende Geländer hatte ich auch keinerlei Chancen mich festzuhalten, geschweige denn den Sturz abzubremsen.
Ich kippte natürlich auf der Seite mit dem fehlenden Geländer nach unten und knallte mit voller Wucht auf die unteren Betonstufenabsätze und purzelte die restlichen Stufen nach unten, wo der Fliesenleger noch am Verlegen der Bodenlatten war. Hierbei kamen mir echt meine Flugeigenschaften als jahrelanger Torwart zu gute. Ohne die Abrolltechniken und Reflexe hätte ich mir wahrscheinlich reichlich Knochen gebrochen, wenn nicht sogar mein Genick. Es blieb glücklicherweise bei massigen Abschürfungen, ein verstauchtes Handgelenk, Sprunggelenkzerrung und einem verdrehtem Knie. Der Tag war somit gelaufen und an weiteren Auslieferungen war nicht mehr zu denken, alle genannten Gelenke schwollen an wie ein Luftballon.

Fortsetzung folgt ........................

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Eine tolle Geschichte hast du geschrieben.
Da wünsche ich gute Besserung und weiterhin
sehr gutes Gelingen.
Viele Grüße.

Danke für deine Bewertung, es liegt ja schon etwas länger zurück und einige Anekdoten werden noch folgen.
LG von der Nordsee

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