Was ist das Herrschafts-Paradigma in dem wir leben?

in #deutsch5 years ago (edited)


Kürzlich hatte ich ein Gespräch über den Begriff Paradigma, den ich verschiedentlich auf meinen Seiten verwende. Manchen ist nicht klar, was „Herrschafts-Paradigma“ bedeutet und wie wir selbst in einem Paradigma „gefangen“ sind.

Zum Begriff Paradigma

Unter einem Paradigma versteht man ein Muster, Beispiel, Vorbild, Modell, eine Klasse, eine wissenschaftliche Richtung.
In der Linguistik etwa wird die Art wie Nomina dekliniert und Verben konjugiert werden, also der gesamte Formenbestand, den ein Wort haben kann, als das Paradigma dieses Wortes bezeichnet.

Auf wissenschaftsgeschichtliche Fragestellungen bezogen meint Paradigma eine zu einer bestimmten Zeit vorherrschende erkenntnisleitende Orientierung oder Forschungsmethode (z.B. das kopernikanische System).
Oder: wir verwenden den Sonnenkalender zur Zeitmessung, in anderen (z.B. arabischen) Kulturen richtet man sich nach dem Mondkalender. Das heißt: der Sonnenkalender ist mit unserem Paradigma verbunden.

Es ist die Kenntnis, Erkenntnis- und Wissens“glocke“ in der wir uns als Gruppe befinden, ein Netzwerk der Umgangsformen.

Salopp gesagt: Innerhalb eines Paradigmas werden dessen Elemente als normal und selbstverständlich empfunden.

Überliefert wird ein Paradigma – vereinfacht ausgedrückt – über Sprach-Konversationen (Verbalisierung + Gestik, Mimik), die mit dem Gefühlsbereich gekoppelt sind.

Kleine Kinder erlernen die Gegebenheiten ihres Paradigmas, tragen sie gleichzeitig weiter und manifestieren sie damit. Folglich ist ein Paradigma ein Selbstläufer, solange es funktioniert.

Beschreibung des Herrschafts-Paradigmas:

Alle Aspekte des Lebens in den Industrieländern sind geprägt durch das „hierarchische Netzwerk der Umgangsformen“ – Herrschaft, Hierarchie oder auch Patriarchat genannt.

Dieses Netzwerk hierarchischer Konversationen offenbart sich in einem Lebensstil wo

  • Kampf,
  • Wettbewerb,
  • Hierarchie,
  • Gewalt und Zwang,
  • Macht,
  • Wachstum,
  • Fortschritt,
  • Kontrolle natürlicher Ressourcen,
  • Kontrolle und Beherrschung anderer durch die Inbesitznahme von Wahrheit,

charakteristisch sind.

Kriegerische Begriffe wie 'Kampf' gehören zum Alltag

Herrschafts-Paradigma Kampf von klein auf
Kampf von klein auf

Wollen wir z.B. etwas gegen soziale Ungerechtigkeit unternehmen, sprechen wir vom ‚Kampf gegen Armut und Ausbeutung’.

Möchten wir eine saubere Umgebung, kämpfen wir gegen die Umweltverschmutzung.

Wir kämpfen gegen den Krieg, Männer für eine Beförderung, Frauen für gleiche Behandlung, Kinder für bessere Noten, Alte für mehr Rente, Teenager um Anerkennung … Alle scheinen zu glauben, dass sämtliche Handlungen, die alltäglichen und die besonderen, den Einsatz von Gewalt erfordern.

Wir sind besessen von der Idee der Kontrolle – kontrollieren uns und unser Verhalten, unser Gewicht, unsere Gesundheit, wie unseren Kontostand; kontrollieren andere und deren Handlungsweisen mit der gleichen Selbstverständlichkeit, und ebenso unsere Kinder.

Wir wollen die Natur auf diesem Planeten kontrollieren und versuchen es mittlerweile auch mit dem Universum.

Besitzen ist fundamental im hierarchischen Paradigma.

Herrschafts-Paradigma  Gewaltsames ab- und ausgrenzen
Gewaltsames ab- und ausgrenzen

Wir leben mit Besitztum als Ausgangspunkt für alles Weitere, als wäre es legitim, die Bewegungsfreiheit anderer einzuschränken, während wir für uns selbst das Recht auf freie Entfaltung und Aktion beanspruchen.

Ich lebe in einer Wohnanlage, in der Zäune, also Abgrenzungen zum Nachbargrundstück, verboten sind. Die Rasenflächen gehen ineinander über, wie in einem Park. Was für eine Wohltat, wenn dann der Blick ohne Barrieren umherschweifen kann. Geht es um Bepflanzungen, muss man sich absprechen. Das fördert die Kommunikation.

Wir leben so, als hätten wir Besitzrechte an Naturschätzen, Anschauungen und Ideen, oder der Wahrheit. Der Ausdruck „geistiges Eigentum“ spricht für sich.

Andere auf Linie bringen, anstatt Selbstbestimmung zu gewähren

Im Herrschafts-Paradigma misstrauen wir der Selbstbestimmung anderer Individuen, besonders der von Kindern, Alten oder Kranken.

Wir nehmen uns ständig das Recht heraus, für andere zu entscheiden, was für sie richtig oder falsch ist und geben ungefragt Ratschläge, als steckten wir in des anderen Schuhen. Das ist ein unentwegter Versuch, andere zu kontrollieren und läuft auf „alle kontrollieren alle“ hinaus. So erhält sich das System von selbst.

Die hierarchischen Strukturen, in denen wir leben, bewirken Folgendes:
Wir verlangen Gehorsam voneinander und behaupten außerdem, dass Ordnung ohne Autorität und Fügsamkeit nicht möglich sei.
Wir bauen alle unsere Beziehungen auf zwei Kriterien auf: Überlegenheit oder Unterlegenheit.




Posted from my blog "Erkennen & Umdenken" with SteemPress : https://hannelorevonier.com/was-ist-das-herrschafts-paradigma/

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Ich halte es für wichtig, über diese Zusammenhänge zu reflektieren. Das Bild jedoch ist meines Erachtens ideologisch überladen und begünstigt Polarisation, die erneut jenen Nutzt, die da Herrschen, Verschleiern und Vollstrecken.

Wer Sachlichkeit mag, sei herzlich eingeladen in eine private Vorlesung von Charles Eisensteins "Heilige Ökonomie" ganz menschlich via Telegram. Die Themen Herrschaft und Geld sind doch zu wichtig, um sich daran aufzureiben, findest du nicht?

Bei Interesse sende mir bitte eine Mitteilung auf privatem Wege (Memo, Instagram, ...). Oder starte doch deine eigene Lesung. Das Buch ist frei verfügbar und anregend, um auf neue, alte Gedanken zu kommen und Ideologien zu überwinden.

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