"Ich hatte ganz schön viel Glück"

in #deutsch5 years ago

Wie schon erwähnt, ist letzte Woche intensiv über positive Glaubenssätze gesprochen worden. Ich bin ein bißchen froh, daß es das erste und umfangreichste Mal an einem Tag passierte, an dem ich nicht anwesend war, weil ich wie erwähnt einen Probearbeitstag absolvierte. Ich mag das Thema nicht, es hat Potential, Menschen zum Selbstbetrug zu animieren. Was, so stellte sich später heraus, meines Erachtens auch passiert ist. "Meine Eltern lieben mich, auch wenn sie es nicht immer zeigen können" ist vielleicht nicht ganz der passende Ansatz, um Konflikte mit selbigen aus der Welt zu schaffen oder abzumildern, wenn der Haussegen bzgl. einiger konkreter Dinge schiefhängt.

Jedenfalls wurden wir am Tag danach noch mal darum gebeten, uns einen Satz herauszusuchen, der auf uns paßt, und 2 Tage später noch einmal. Erleichtert wurde das dadurch, daß drei Flipchartblätter mit den besagten positiven Glaubenssätzen an die Wand des Seminarraumes geklebt worden sind.

Bereits in der Vorwoche (also jetzt vor 2 Wochen) war mir durch den Kopf gegangen, daß ich selbst ganz schön viel Glück gehabt habe. Mir wurde eine gute Bildung ermöglicht, ich habe mich nie ernsthaft verletzt, ich habe viele Dinge gemacht, an denen ich wachsen konnte - und vor allem bin ich froh, daß ich auch kritisiert wurde und nicht einfach machen gelassen. Daß ich in jungen Jahren nicht auf dem bequemen Weg sitzen gelassen wurde.
Bei aller positiven Emotion über derartige Erkenntnisse bleibt auch das natürlich Selbstbetrug, der von tatsächlichen Schwächen ablenkt, anstatt an diesen zu arbeiten.
Und letztlich hat jeder Vergleich mit anderen Personen etwas Destruktives für beide Seiten inne. Eine Person wird reduziert und erniedrigt und die andere nicht ehrlich behandelt.

Zu spät gekommen (ohne daß ich darauf angesprochen worden wäre) bin ich übrigens nur einmal in den letzten 4 Tagen und der möglicherweise größte Konflikt der Woche ist mir am Mittwochnachmittag, als ich wie vereinbart früher ging, entgangen.

Nachdem ich mir vorgestern Abend mal wieder Simulanten- und Schmarotzertum nachsagen lassen mußte, war ich gestern froh, so früh aufgewacht zu sein, daß noch genug Zeit war, einen Kuchen zu backen. Ja, ich habe mich sogar gefreut, daß ich überhaupt aufgewacht bin. Ich bin ja selber nicht der Meinung, daß ich so leben sollte, wie ich lebe. Anscheinend soll ich diese Welt noch ein wenig länger aufmischen.

Ich hab kein Problem damit, die Wange hinzuhalten und mir sagen zu lassen, daß ich Fehler mache. Aber das passiert in der Maßnahme nicht nur an den Punkten nicht, an denen ich es logisch fände, sondern ich werde auch kritisiert, wenn ich für meine Bedürfnisse eintrete ("Kinderkram") und die jüngere Generation versuche, daran zu erinnern, daß es auch noch ein anderes Wertesystem gibt als ihres. Warum muß man, wenn man um die 20 Jahre alt ist, ohne abgeschlossene Ausbildung sein und dann auch noch Akzeptanz erfährt, daß man sich selbst schadet. Kommt mir wie der schlimmstmögliche Betrug überhaupt vor. Immerhin sitzt ja auch jeder der Referenten sicher auf seinem Stuhl, ist wirtschaftlich abgesichert, muß sich nicht als Schmarotzer bezeichnen lassen und und und.

Ich hatte Glück, solange ich mein Leben einigermaßen im Griff hatte. Es hat nicht aufgehört, mir zu entgleiten. Und da soll ich froh und guter Dinge sein und wegschauen, wenn andere auf genau dies zusteuern?

Zum Glück steht heute (wahrscheinlich) endlich das Gespräch mit der Kursleiterin an.

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