@meins0815 und die gutsituierte Alte, Teil 10

in #deutsch5 years ago

Der Anfang der Geschichte zum Nachlesen:
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5
Teil 6
Teil 7
Teil 8
Teil 9

Am Abend des vereinbarten Tages traf der Graf dann endlich ein, mit etwa 10 Stunden Verspätung. Zur Körperpflege war eher wenig Zeit gewesen, deshalb hatte er darauf verzichtet, sich in Schale zu werfen für den Empfang.

Und so kam er recht ungepflegt auf dem Empfang an, den die Gräfinnen sich nun doch zu geben entschlossen hatten, trotz seines Fehlens. Hätte der Graf geahnt, daß sie bald da sein würden, hätte er bestimmt gebeten, an dem Gasthof, den sie vor einer Stunde passiert hatten, noch einmal einzukehren, damit sich alle etwas frisch machen konnten.
Aber Alwin hatte ihm das verschwiegen und der Graf war inzwischen auch ein wenig uninteressiert an dem, was eigentlich geschah. Hauptsache, die Reise würde irgendwann zu Ende sein.

Der Wachposten am Tor sah die reich verzierte, aber etwas verdreckte Kutsche kommen und trat vor sein Häuschen.
"Halt!"
Er ging um die Pferde herum zum Kutscher.
"Wer seid Ihr?"
"Mein Name ist Alwin und das ist Bastian. Hinten auf dem Bock sitzt Jeremias und in der Kutsche der Graf Holstorff. Ist das hier das Schloß des Grafen zu Walshausen?"
"Ja, Ihr seid richtig, aber hier gibt es keinen Grafen mehr. Nur noch die drei kuriosen Schwestern, äh, Gräfinnen. Wartet bitte einen Moment."
Der Wachposten verschwand in der Hütte und kam mit einem Bogen Papier in der Hand wieder hinaus.
"Ein Herr Graf Holstorff ist mir hier nicht angekündigt."

Das Wachhäuschen befand sich an einer Steigung. Der Graf wachte aufgrund der anangenehmen Position, in die er gerutscht war, auf, rieb sich die Augen und schaute dann - verstrubbelt, wie er war - aus dem Fenster der Kutsche hinaus.

"Was gibt es, Alwin, wer hält uns auf?"
"Das ist das Gelände der Gräfinnen zu Walshausen.", antwortete der Wachposten.
"Das trifft sich ja gut", meinte der Graf und fuhr sich durch mit dem Kamm die Haare, bemüht, etwas Adel zu zeigen.
"Endlich sind wir am Ziel!"

Doch der Wachposten wandte sich wieder an Alwin.
"Tut mir leid, ich kann Euch nicht einlassen. Ich bin gehalten, fremde Bittsteller abzuwehren."
"Na, hören Sie mal!" Der Graf hatte den Wagen verlassen und baute sich jetzt erbost vor dem Wachposten auf - jedenfalls soweit es bei der Steigung und seiner Körpergröße ging.
"Ich bin der Graf Holstorff und ich habe ein Einladungsschreiben!"
Er zog den Zettel aus seiner Westentasche hervor und reichte ihn dem Wachposten. Der studierte den Zettel eindringlich und runzelte die Stirn, während er Gedanken wälzte.

'Das Schreiben ist offenbar echt. Aber der sieht überhaupt nicht wie ein Graf aus. Und er hätte vor Stunden da sein sollen ..."

Wie es der Zufall wollte, langweilten sich die jungen Gräfinnen gerade und standen auf der Terrasse. Trotz der Entfernung war der Disput zwischen dem Wachposten und dem Grafen zu hören. Margarete hatte ihn längst bemerkt, jetzt schaute auch Leopoldine in die Richtung des Wachhäuschens.

"Jetzt lassen Sie uns schon durch, ich habe eine Verabredung!", polterte der Graf.

"Meinst Du, das ist unser Graf?", fragte Leopoldine.
"Keine Ahnung", erwiderte Margarete, "aber ich finde, wir sollten hinunterreiten. Das wird ein Spaß!"

Und schon liefen die zwei zum nahen Stall, hießen den Stallburschen, die Pferde zu satteln, während sie selbst in die Reitkleider schlüpften, saßen auf und ritten los.
Nicht ahnend, daß sie oben im Schloß vermißt wurden, denn Ida hätte sie gern genau jetzt ihren zukünftigen Ehemännern vorgestellt ... oder denjenigen, die sie sich als zukünftige Ehemänner für die renitenten Zwillinge wünschte.

Nach einem gemütlichen Ritt von 10 Minuten, für den sie einen Geheimweg genommen hatten, kamen die beiden Damen am Wachhäuschen an. Sehr zum Erstaunen des Wachpostens, der sie nicht hatte kommen sehen.

"Fräulein Margarete, Fräulein Leopoldine ..."
"Ritter Gerald, wer sind diese Herren?", fragte Margarete.
"Gestatten, Alwin."
"Gestatten, Bastian."
"Jeremias."
"Meine Damen, ich bin der Graf Holstorff und ich frage mich, ob die Gräfin Ida ..."
"Sei still, Bettler!", unterbrach der Wachposten den Grafen.

"Ritter Gerald! Mäßigen Sie Ihren Ton!", sprach eine Stimme hinter Margarete und Leopoldine.

Die zwei jungen Gräfinnen zuckten zusammen, wagten sich nicht umzudrehen. Denn die Stimme gehörte niemandem anderes als Ida selbst.

"Gräfin Ida ...", stammelte der Wächter ...
"Gräfin Ida?", meldete sich jetzt der Graf zu Wort. "Bin ich Ihretwegen den ganzen beschwerlichen Weg gereist?"
Er sah die ernst dreinblickende kleine Frau mit dem grauen, streng zurückgekämmten Haar an.
"Das weiß ich nicht", fauchte diese. "Ich habe vor Stunden einen Grafen erwartet, der mir auf meine alten Tage eine angenehme Gesellschaft bietet. Keinen kleinen dicken Mann, der ungepflegt wie ein Bettler hausieren geht."
"Aber das Einladungsschreiben! Ich habe Ihr Einladungsschreiben, gnädige Dame!"

Doch die Gräfin hatte sich schon abgewandt und trieb die jüngeren Schwestern Richtung Schloß. Schließlich hatte sie noch etwas zu erledigen.

"Gut gemacht, Alwin!", schnaufte der Graf. "Die ganze Fahrt einfach umsonst! Eins sage ich Ihnen, das kommt Sie noch teuer zu stehen! Fahren Sie uns bitte zum Gasthof!"
"Ach Herr Graf. Schauen Sie sich doch an. Auch der Gasthof wird Sie nicht aufnehmen, so verlottert wie Sie sind."
"Das ist alles Ihre Schuld, Kutscher Alwin! Ich brauche ein Bett für die Nacht! In einem Ziegenstall schlafe ich nicht noch einmal! Außerdem habe ich Hunger! Ich wette, da oben ist gutes Essen angerichtet! Ihretwegen ist meine Verabredung mit der Gräfin geplatzt."
"Ach Herr Graf. Sie haben sie doch gesehen. Diese Dame wäre nichts für Sie gewesen, so knurrig, wie die war."
"Na dann machen Sie mal einen Vorschlag, Alwin, wo wir jetzt hingehen sollen."
"Am besten erstmal von diesem Grundstück herunter, meine Herren!", mischte sich der Wächter ein. "Aber dalli!"

Alwin und Bastian saßen also auf, nachdem sie sicher waren, daß der Graf in der Kutsche saß. Daß Jeremias schon lange fehlte, war ihnen gar nicht aufgefallen.
Die Kutsche rumpelte also den steilen Weg wieder hinab und der Graf fluchte über jede Unebenheit.

Jeremias aber hatte sich in die Küche geschlichen, sich einen Teil vom Essen, das ja viel zu reichlich da war, erschnorrt und schlief in der Nacht der dicken Köchin bei, nachdem er ihre Künste in den höchsten Tönen gelobt hatte.

ENDE

Sort:  

Sorry an alle begeisterten Leser für das abrupte Ende.
Wie Euch vielleicht aufgefallen ist, glänzt der virtuelle Hauptakteur hier auf der Plattform mit Abwesenheit. Daher macht es für mich keinen Sinn, die Geschichte weiter auszudehnen.
Es freut mich, daß dieses Experiment des freien Schreibens bei Euch gut angekommen ist - das macht Mut für weitere Projekte dieser Art.
Über kurz oder lang wird es hier also neue Geschichten zu lesen geben.

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Da kann man doch anknüpfen. Lass den Grafen heiraten und die 3 Tanten vom Blitz treffen.......
Das wäre ein gutes Ende 😘

Ich habe schon eine andere Idee, die nicht nur eine Folge füllt.
Ein bißchen muß ich mich ja auch steigern. ;)

Fein, es geht also weiter?!

Hmm, und ich hatte schon

die Abenteuer von Klein-Anni

im Kopf. Das patscherte Leben der @isarmoewe .
Naja, a paar lustige Ideen hätte ich ja schon. Also kommt dann wohl doch sowas in Bälde🤒

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