In Honeckers Bunker: Vergrabene Geschichte

in #deutsch5 years ago

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Hinter Stahlbetonwänden wollte die DDR-Führung den Atomkrieg überleben. Der Honecker- Bunker ist vor zehn Jahren für immer zugeschüttet worden.

Bei konstant elf Grad ist die Zeit stehengeblieben. Wie Stalagmiten hängt Schimmelpilz von den meterdicken Wänden des modernsten Atomschutzbunkers der DDR. Die Luft hier unten in 15 Metern Tiefe ist klamm, es riecht nach nassem Papier und einer untergangenen Epoche.

Die ist hier, im Bunker 17/5001 ganz in der Nähe des brandenburgischen Örtchens Prenden, eingefroren. 17/5001 ist eine Konservendose aus Stahlbeton, aus der in diesen Tagen ein letztes Mal ein eisiger Hauch Kalter Krieg weht. Bis Oktober laufen Besichtigungen. Danach soll das Monumentalbauwerk aus 84 000 Tonnen Beton, mit 66 mal 48 Metern Größe so groß wie ein Neubaublock, für alle Zeiten verschlossen werden.

Die letzte Chance zog damals Tausende an. Mitten im Wald öffnet sich ein Loch im Boden, über das Neugierige im Stundenrhythmus in den Untergrund steigen. Erich Honecker wäre nicht über die improvisierte Besuchertreppe, sondern durch einen unterirdischen Gang in seine Atom-Feste geflüchtet.

Etwa zwei Wochen hätte der Chef des Nationalen Verteidigungsrates unter der Erde aushalten können. Betreut von 350 Soldaten und Offizieren, die Strom erzeugt, Wasser gepumpt und Kontakt zu den Bunkern von NVA, Innenministerium und Sowjetarmee gehalten hätten. Zwischen 150 und 300 Millionen Mark ließ sich die DDR die Chance kosten, ihre führenden Repräsentanten vor einem Nato-Erstschlag zu retten. Zwischen 1978 und 1983 wurde an der als Radarstation getarnten "5001" gebaut, die Honecker selbst nur einmal und nur ganz kurz besuchte. Ein Blick in die karge Kammer, von der aus er hätte regieren sollen, mag ihn ernüchtert haben: Fünf mal zweieinhalb Meter misst der Raum direkt neben dem Kartensaal, von Möblierung und Einrichtung geblieben sind nur ein Stückchen brauner Florteppich und ein Stahlrohrstuhl.

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Die Lebenden hätten es hier drin besser gehabt als die Toten. Eng ist es im Bunker, es riecht nach Öl und Diesel, verfaulter Baumwolle und stockigem Holz. Unter Schimmel und Rost versteckt sich eine Leistungsschau der DDR-Industrie: Die Mafa Halle lieferte zu, der Starkstromanlagenbau Magdeburg und das Roßlauer Schiffsdieselwerk. Bis Anfang der 90er nutzte die Bundeswehr das nach Ansicht von Paul Bergner, Autor des Standardwerkes "Befehl Delphin" (Jung-Verlag), modernste Bunkerbauwerk des Ostblocks. Auch die Telekom verwendete die Telefonzentrale noch einige Zeit zur Vermittlung.

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Nach dem Auszug von Besitzer und letztem Nutzer aber wurde die geheime Geschichte des Großbauwerks aus dem Kalten Krieg zur Chronik eines angekündigten Todes. Der als Eigentümer fungierende Berliner Senat verschloss die Zugänge, Abenteuerlustige brachen sie auf; der Senat ließ die Gänge zumauern, Bunkerspechte pickerten sich in tagelanger Arbeit hindurch und holten aus dem Inneren, was sich forttragen ließ. Damit soll jetzt Schluss sein: Sollte sich nicht in letzter Minute ein Käufer für das unter Denkmalschutz stehende Keller-Reich finden, wird der Verein Berliner Bunkernetzwerk die Einnahmen aus den Besichtigungstouren dazu verwenden, die Betonplombe im Zugang zu erneuern und den Bunker endgültig unzugänglich zu machen.

Ein Stück Geschichte verschwände dann für immer, warnt Paul Bergner. Er hält das Argument, dass eine Bewirtschaftung der 5001 unmöglich sei, für falsch. Der Ahrtalbunker, weit westlich in der Eifel, in den sich das Bundeskabinett vor einem Atomkrieg geflüchtet hätte, beweise das Gegenteil. Seit der Eröffnung als "Dokumentationsstätte Regierungsbunker" im März kamen mehr als 25 000 Besucher.

www.bunker5001.com

www.die-waldsiedlung.de
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Geile Aufnahmen, tolle Eindrücke! Danke für die Story !!!

war schlechtes Licht da unten

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