Ideologie 114 - Gleichstellungsindex als Beleg für ideologische Sozialwissenschaft

in #deutsch5 years ago (edited)

20. Januar 2019

Wie meinen Lesern bekannt sein dürfte, habe ich keine sozialwissenschaftliche Ausbildung genossen, sondern eine naturwissenschaftliche. Ich habe die immer noch relativ junge Disziplin Chemie studiert. Auch wenn ich längst nicht alles, was ich dort zu lernen hatte, als direkt hilfreich für die Lebensgestaltung im Alltag bezeichnen würde, liegen die Wurzeln dafür, dass ich mich entschieden habe, in eine freiheitliche, klassisch-liberale Richtung zu gehen, in dieser Bildung begründet.

Denn wenn die Professoren mir eines wirklich mitgaben, war es das, dass Forschung stets ergebnisoffen zu betreiben ist, wenn sie wissenschaftlich genannt werden soll. Dass man Forschung betreibt, weil man neben der puren Neugier auch Ziele hat, ist klar. Aber die Ergebnisse sind so zu respektieren, wie sie sich zeigen. Sollten die Ergebnisse von den ursprünglichen Erwartungen abweichen, kann es sein, dass es mühsam ist, die Hintergründe dafür zu ermitteln. Ich hatte Gelegenheit, einige Erstsynthesen von Molekülen durchführen zu können und machte die Erfahrung, dass man, bis das gewünschte Ergebnis in hinreichender Reinheit vorliegt, sich immer wieder sehr anstrengen muss und das gleiche Experiment mehrfach durchzuführen hat. Sobald es hingegen ein oder mehrere Male funktioniert hat, entwickelt das Experiment eine Robustheit, die es erlaubt, an der Effizienz zu arbeiten.

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Herbstlich-winterliche Morgenstimmung in nicht gerade überzeugendster Schärfe. Eigene Aufnahme.

Von Sozialwissenschaften habe ich offensichtlich kaum eine Ahnung, aber ich habe durchaus ein feines Gespür für nicht sinnvolle oder unzulässige Methoden. Auf eine bin ich dieser Tage in einem Artikel gestossen, der bei der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde. Unter dem Titel Gleichberechtigung - Wo Männer leiden [1] wurde ein offenbar international verwendeter Gleichstellungsindex namens Global Gender Gap Index (GGGI) (deutsch globaler Index der Unterschiede der Geschlechter) vorgestellt. Die jährlichen erscheinenden Global Gender Gap Reports [2] werden vom World Economic Forum herausgegeben, eine Institution, die durchaus ernstgenommen werden will und nicht nur zum Zwecke satirischer Erheiterung existiert. Zu ernst gemeint sind Konferenzen wie das jährliche Forum in Davos, zu dessen Sicherheit ich als Soldat der Schweizer Armee einmal beitragen konnte, im Jahr 2006.

In diesem Report kommt gemäss den Angaben in der Süddeutschen Zeitung [1] offenbar eine sehr fragwürdige Methode zum Einsatz. Ich bin aus Zeitmangel der Sache noch nicht weiter nachgegangen. Nach den genannten Angaben wird einseitig auf geschlechterspezifisch Unterschiede getestet. Das heisst, es wird getestet, ob Frauen gegenüber Männern Nachteile haben oder nicht. Wenn Nachteile vorhanden sind, ist die Gleichstellung nicht verwirklicht. Wenn Frauen keine Nachteile oder Vorteile haben, ist die Gleichstellung verwirklicht. Mit dieser Herangehensweise könnte es sein, dass 100'000 Sachverhalte geprüft wurden und Frauen in 99'999 davon Vorteile geniessen. Da sie aber noch immer in einer Sache im Nachteil sind, wäre die Gleichstellung dann nicht verwirklicht.

Mir erscheint ein solches Vorgehen komplett verkehrt. Wenn ich beauftragt würde, zu testen ob in einem Sachverhalt eine Gleichberechtigung oder ausgeglichene Verhältnisse vorherrschen, käme ich nie darauf, dies einseitig zu tun. Denn, es erscheint mir offensichtlich, dass möglichst alle Komponenten aufzulisten sind und jeweils festzustellen ist, wer Vorteile geniesst und wer im Nachteil ist. Auf die Idee, das einseitig tun zu wollen, kann man nur dann kommen, wenn man von einem Dogma innerhalb der eigenen Ideologie ausgeht. Das Dogma besteht in der gemäss Ideologie nicht zu beweisenden Behauptung, dass eine Seite grundsätzlich benachteiligt ist. Das einzige Ziel, auf das so hingearbeitet werden kann, ist, auf einen Ausgleich zu Gunsten der für benachteiligt erklärten Seite hinzuarbeiten. Mit ergebnisoffener Wissenschaft hat das nichts zu tun. Grundsätzlich sollte sich die Absicht, auf Basis eines Dogmas wissenschaftlich arbeiten zu wollen, von selbst verbieten. Wissenschaftliche Methodik ist vernunftbasiert, Dogmen sind es keinesfalls.

Auf mich wirkt solches Vorgehen wie Aussagen, die mir aus dem Bereich der selbsternannten Gesellschaftsgestalter auch schon begegnet sind. Ein Beispiel ist «Rassismus gegen Weisse (hellhäutige Menschen) kann es nicht geben». Wenn ich mir überlege, was Rassismus ist - die wertende Unterscheidung von Menschenkollektiven nach deren ethnischer Identität - so ist das grundsätzlich eine Sache, die gegen jedes Kollektiv instrumentalisiert werden kann und die nur unter einem kollektivistischen Regime vorkommen kann. In einem individualistischen Regime ist die Zugehörigkeit zu einem Kollektiv, beispielsweise einer Ethnie, grundsätzlich nicht massgebend. Genau dieser Individualismus wurde, wenigstens soweit mir bekannt, in überwiegendem Masse von hellhäutigen Menschen europäischer Herkunft als ethisch wertvoll erkannt. Somit ist es nicht nur falsch zu behaupten, es könne keinen Rassismus geben, der sich gegen hellhäutige Menschen richtet, sondern auch noch eindeutig dumm.

Wenn ich weiter nachdenke, erkenne ich, dass verschiedene menschliche Kulturen sehr kollektivistisch organisiert sind und darauf bedacht, sich von anderen abzugrenzen. Auch hellhäutige Völker gehören dazu, aber ich erkenne keinen Grund, der dafür spricht, dies an der Hautfarbe festzumachen. Es gibt hellhäutige, asiatische und dunkelhäutige Völker, die einander feindlich gesinnt sind, auch wenn sie sich in der durchschnittlichen Pigmentierung der Haut kaum unterscheiden. Allein daran erkennt man offensichtlich, dass die Hautfarbe kaum ein echtes Kriterium für Feindschaft unter Menschen sein kann. Und auch offensichtlich ist, dass jeder sich gegen seine eigene und alle anderen Ethnien rassistisch verhalten kann.

Wenn ich hingehe und das Dogma einführe, dass Weisse grundsätzlich so einzigartig rassistisch seien, dass es gar keinen Rassismus gegen sie geben könne, erscheint mir das komplett jenseits jeder nachvollziehbaren Vernunft. Denn, Rassismus kann ich als eine gerichtete Grösse betrachten, als einen Vektor. Er zeigt von einem Urheber zur eigenen Ethnie im Falle eines Selbsthasses oder auf andere. Als den Betrag davon könnte man die zugehörige Abneigung und Missgunst bezeichnen. Bei einer gerichteten Grösse existiert aber grundsätzlich auch deren Kehrwert. So etwas ausschliessen zu wollen, ist demnach nicht möglich und kann deswegen - wenigstens gemäss meiner Auffassung - nur in Irrtümern enden.

Dass auch heute wiederholt versucht wird, auf Dogmen basierende "Erkenntnisse" auf die Stufe echter Wissenschaft zu halluzinieren, ist zwar nachvollziehbar, aber dennoch eine Dreistigkeit, die nur als dreist zu bezeichnen ist.


Der bekannte Männercoach Maximilian Pütz hat sich von mir erst unerkannt auch mit dem zuerst zitierten Artikel [1] beschäftigt und dazu ein Video [4] veröffentlicht, auf welches ich hier gerne aufmerksam mache:


[1] Gleichberechtigung - Wo Männer leiden. Süddeutschen Zeitung, 09. Januar 2019, von Sebastian Herrmann https://www.sueddeutsche.de/wissen/index-gleichberechtigung-geschlechter-1.4279237
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Global_Gender_Gap_Report
https://en.wikipedia.org/wiki/Global_Gender_Gap_Report
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/World_Economic_Forum
https://en.wikipedia.org/wiki/World_Economic_Forum
[4] Gleichberechtigung 2019: Wissenschaftler verraten die Wahrheit über Geschlechtergerechtigkeit. Maximilian Pütz YouTube Kanal, 20. Januar 2019


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