Steemcleaners zeigt, dass Anarchie nicht funktioniert

in #deutsch6 years ago (edited)

Es gibt ja eine Menge Anarchisten unter meinen Kontakten. Ich vertrete seit jeher die Ansicht, dass Anarchie nicht funktioniert und auch nicht von Dauer ist, sondern sich allenfalls sehr schnell in eine Art Feudalismus umwandeln würde.

Das Schöne ist, dass meine Ansicht andauernd bestätigt wird. Auf Steemit soll Freiheit auf der Blockchain herrschen. Nun habe ich dort mit dem Account @steemcleaners Bekanntschaft gemacht, der sich selbst zum "Reinigungskommando" auf Steemit erklärt hat, um gegen "Spam & co." vorzugehen.

Wenn der Account ein Posting entdeckt, das ihm nicht passt, "flaggt" er es, womit es wegen seiner hohen Reputation unsichtbar wird und anscheinend sogar alle Author Rewards abzieht / löscht.

Der Account hat seine hohe Reputation entweder durch Investitionen und/oder durch die vielen Upvotes Anderer. Zum Upvoten ist auf Steemit jeder angehalten, da man nur dann Curator-Rewards bekommt. Ein "Reinigungsaccount" scheint daher für viele sicherlich eine gute Sache, um die täglichen Upvotes loszuwerden und die eigenen Rewards einzusammeln. Und bösen Spam will ja auch keiner, oder?

Steemcleaners setzt nun aber willkürlich eigene Regeln fest. Ich habe in dem beanstandeten Artikel einen Artikel der JF zitiert und auf ihn verlinkt. Es wurde nur ein Bruchteil des Artikels zitiert und das Zitat wurde als Zitat markiert, mit unmittelbar folgendem Link auf die JF. Damit ist es im Rahmen des deutschen Zitatrechts und sicherlich auch im Interesse der JF, da ich Leuten einerseits zeige, dass der Artikel lesenswert ist, man zum Lesen aber auf die Seite der JF gehen muss.

Diese legale, legitime, normalerweise begrüßte und übliche Methode wird von Steemcleaners willkürlich als "Spam" beurteilt. Etwas dagegen tun kann man nicht.

Aber gleichzeitig lässt der Account andere Accounts unbehelligt, die nichts anderes tun, als bekannte Webseiten zu spiegeln, gerne ohne jede gekennzeichnete Zitation. Accounts wie "zer0hedge", die zehntausende (!) Dollar damit gemacht haben. Die damit aber auch eine so hohe Reputation erlangt haben, dass steemcleaners nicht mehr dagegen ankommt und ggf. eigene Postings versteckt bekommen könnte.

Statt dass Steemit also ein anarchisches Projekt wäre, auf dem Freiheit herrschen würde, hat sich das Recht des Stärkeren durchgesetzt, der ohne Kontrolle und ohne effektives Recht der Anfechtung agiert. Der sich aber gleichzeitig wie eine Oligarchie mit den anderen Starken arrangiert, um den eigenen Profit nicht zu gefährden.

Keine Kontrolle, keine Anfechtung, keine rechtsstaatliche Vorgehensweise, keine Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungsfindung und ein Verständnis unter den Starken, dass man nur gegen die Kleinen geht und nicht ernsthaft gegen einander. Feudalismus ist da nicht mehr recht unterschiedlich.

Wie auch im Feudalismus erfolgt der Aufstieg zunächst aus dem Volk, wegen großer Leistungen oder großer Überzeugungskraft, bis sich das Selbstverständnis etabliert, man sei besser und zu Höherem berufen, womit kein "primus inter pares" mehr besteht, sondern vielmehr auf den Plebs herabgesehen wird.

Sort:  

Du berücksichtigst bei Deinen Analysen den zeitlichen Aspekt nicht.

zunächst zu steemit und steemcleaners: Steemit ist der Versuch ein soziales Netzwerk auf der Blockchain einzurichten. Die Anzahl an aktiven Usern ist relativ gering und die Steems sind sehr ungleich verteilt (gleiches gilt für Bitcoin). Das Ungleichgewicht bezüglich dem Besitz von Steems führt dazu, dass einige Wenige relativ grosse "Macht" haben. Im Fall von @steemcleaners führt dies zu Missbrauch. Da die Community hier noch nicht gross genug und v.a. nicht ausgereift genug ist (zu wenig unterschiedliche Meinungen, zu viele Verschwörungstheorien, zu wenige Nationalitäten, usw.), gibt es noch zu wenig korrigierenden Einfluss der Nutzer. Je mehr aktive Nutzer auf dieser Plattform tätig sind, desto mehr Leuten wird das Handeln von steemcleaners auffallen und die Nutzer werden steemcleaners‘ Fehlverhalten ahnden (z.B. mit Flaggen). Das wird steemcleaners massregeln und zu gezielterem, gerechtfertigten Flaggen durch steemcleaners führen. Das gleiche wird mit Accounts passieren, die sich ausschliesslich selbst upvoten.

Je mehr Nutzer sich schriftlich zu steemcleaners äußern und je besser diese vernetzt sind (z.B. durch aktives Kommentieren von anderen Posts), desto schneller dringt die Message zu steemcleaners durch.

Das aktuelle weltweite politische System ist Feudalismus, in dem Staaten / Politiker ihre “Untertanen“ besteuern / schröpfen, ähnlich wie steemcleaners das tut. Sie flaggen / bestrafen gewisse Autoren und werden dafür von anderen Usern belohnt. (Ich denke, dass das nicht böse Absicht ist, sondern Unfähigkeit Spam von Nichtspam zu unterscheiden.)

So wie Maximalstaaten wie wir sie heute haben, durch technologische Entwicklungen (Bitcoin, Blockstack, dezentrale soziale Netzwerke, 3D-Druck, Drohnen, etc.) nach und nach verkleinert werden, werden der Community zuwiderhandelnde User zurechtgestutzt werden.

Anarchie ist weniger als Zustand zu betrachten, sondern als Ziel, auf das wir zulaufen 😎 ob Du nun willst oder nicht.

Der Selbstreinigungseffekt ist eine Weiterentwicklung der Herrschaftsform, durch Revolution von oben oder unten und nicht eine Abschaffung der Herrschaft selbst. Das zeigt die Geschichte zur Genüge.

Anarchie ist nur ein sehr kurzer Übergangszustand.

Ist das ein Naturgesetz? Denkst Du man kann aus einer einfachen historischen Abfolge von 3-5 Herrschaftsformen, die ein paar Mal aufgetreten ist, für die Zukunft ableiten, dass dies wieder so passiert? Ohne Berücksichtigung des neuen Kontexts, mit unzähligen, tiefgreifenden technischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen?

Es gibt keine logische Erklärung, wieso eine tatsächlich herrschaftslose Gesellschaft bestehen sollte. Es bestehen immer unterschiedliche Machtverhältnisse. Diese führen zwangsläufig zur Herrschaft.

Wenn ich meinen Beitrag zur Feuerwehr nicht bezahle, Dein Haus aber direkt neben meinem steht, dann musst Du entweder für mich mitbezahlen oder Du musst mich zum Zahlen zwingen. Dergleichen beim Schutz. Willst Du Räuber in die Siedlung lassen, damit sie nur den einen, der nichts für den Sicherheitsdienst bezahlt, ausrauben können? In der Hoffnung, sie würden anschließend freiwillig wieder gehen? Oder ist nicht wahrscheinlicher, dass Zwang angewendet wird, um seinen Beitrag zu erzwingen oder ihn auszustoßen?

Schon hast Du, mit anderer Beschreibung, Steuern, Regulierungen, Regierungen, Staatsbürgerschaften...

Es gibt keine Sinn. Das ist die gleiche Träumerei, die ich bei amerikanischen Libertären höre. Die glauben, die US-Streitkräfte seien der Grund für alles Übel der Welt. Einfach die US-Armee abschaffen und jeder lässt die Staaten schon in Ruhe.

Nur wieso sollte Kim Jong-Un dann seine Millionen nicht einfach anladen und jeden Widerstand mit Kernwaffen oder Giftgas brechen?

Nope. Es gibt immer Herrschaft. Andere Namen ändern nichts am Prinzip.

Ich habe nicht gesagt, dass von heute auf morgen Anarchie herrschen soll, sondern, dass das Ziel die Anarchie ist. Technologie ist ein Weg, diesem Ziel näher zu kommen. Völlig erreichbar ist dieses Ziel wahrscheinlich nicht.
(Der Vergleich mit Anti-USA-Ideologen ist abwegig.)

Die Kommunisten erträumen auch immer den reinen Kommunismus und selbst die Sowjets haben zur härtesten Zeit erklärt, sie hätten ihn noch nicht erreicht. Letztendlich ist es ideologisch ja nur das spiegelbildliche.

Und wie der Kommunismus widerspricht es der menschlichen Natur und ist daher nicht umsetzbar.

Warum machst Du solche absolutistischen Aussagen?
Soweit sind wir doch gar nicht auseinander: der aktuelle Staat ist i.A. viel zu umfassend und muss geschrumpft werden (wesentlich niedrigere Steuern, wesentlich niedrigere Staatsausgaben) und sich auf seine (aktuell notwendigen) klassischen Kompetenzen konzentrieren (innere und äußere Sicherheit, Rechtssystem). Wenn durch technologische, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Entwicklungen der Staat auch in einer dieser drei Bereiche ersetzt werden kann, wird das passieren. Das ist ein iterativer Prozess, den Du als Liberaler kaum ablehnst. Wohin diese Reise uns führt, können wir beide nicht wissen. Ich sage hin zu mehr Anarchie.

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Anarchie ist eine Maximalposition, die der Logik widerspricht. Dass eine Verkleinerung des Staates, auch eine massive, wünschenswert ist, ist klar.
Aber nur weil ich diese Ansicht mit Dir teile, muss ich ja nicht ignorieren, dass Anarchie meiner Ansicht nach - was ich begründen kann - nicht existieren kann.

Soll ich der Höflichkeit halber dies besser nicht mehr zu Dir sagen? So ein Schneeflöckchen bist Du doch nicht. :)

Du kannst es ja sogar überall beobachten. Selbst dort, wo die staatliche Herrschaft endet, endet nicht die Herrschaft selbst. In irgendwelchen Migrantenvierteln mag sich die Polizei nicht mehr hineintrauen. Dafür gibt es dort dann Paten, Friedensrichter, Clangesetze...

Natürlich nicht, weil ein Ende der staatlichen Herrschaft nicht gleich Anarchie ist, sondern bewaffnete Clans über Schwächere herrschen.
Deshalb muss das Ziel sein, einen Staat (seine Verwaltung) so klein wie möglich zu halten (je größer der Staat, desto mehr Bevormundung / Sozialismus) und fortwährend zu verkleinern. Dadurch nimmt der Freiheitsgrad für die Staatsmitglieder zunehmend zu und wir nähern uns schrittweise dem Ziel Anarchie.

Der berühmte “Kreislauf der Verfassungen bei Polybios” — Die Anarchisten glaube as sie ihn durchbrechen können da es ja keine Herrscher gibt und übersehen da das es da ja noch die Anomie gibt.

# Rulerpublic welfareself interest
NoneAnarchyAnomie
OneMonarchyTyranny
FewAristocracyOligarchy
AllDemocracyOchlocracy

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