Ayn Rand , ihre Philosophie, ihre Ethik

in #deutsch5 years ago

Wenn man über Ethik, Philosophie, und psychologische Vorgänge referiert, sollte man die aus Russland stammende und in die USA ausgewanderte Ayn Rand nicht übergehen.

Vieles wurde bereits über Ayn Rand geschrieben und ausgesagt. Die einen lieben, die anderen hassen sie. Ihre Kritiker haben sich oft aufgemacht um diese Dame zu kritisieren und sogar zu diskreditieren.

Nicht das es bei Ayn Rand nichts zu kritisieren gäbe, das ist bei jedem Autor, vor allem in diesen Bereichen wo es um Ökonomie, Soziologie, Psychologie und eingreifend auch Politik geht, der Fall. Es gibt immer etwas zu kritisieren. Unverschämt finde ich jedoch, wenn man Kritik so behandelt, dass man Aussagen und Aussagesätze aus dem Kontext reißt und die Aussagen auf den Kopf stellt, ins Gegenteil verkehrt.

Das sind für mich keine Kritiker, sondern manipulierende Demagogen. Man muss Ayn Rand nicht mögen - das ist sowieso Geschmacksache - und man kann an ihrem scharfen Schreibstiel - dass ist Dieser tatsächlich - Kritik üben. Aber man sollte ihre scharfen Äußerungen nicht aus dem Zusammenhang reißen um sie kritisieren und anschließend diskreditieren zu können.

Daher wird mein heutiger Beitrag etwas länger um ihr Aussagen in ihrem Sinn nicht zu verfälschen.

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Ayn Rand
(* 1905 in St. Petersburg; ✝ 1982 in New York City)

Ausgewählte Werke:

For the New Intellectual: The Philosophy of Ayn Rand. New York: Penguin, 1961
Vom Leben unbesiegt. Baden-Baden: Holle, 1956 [We the Living, 1936]
Hymne. Hamburg: GEWIS, 2002 [Anthem, 1938]
Der ewige Quell. Zürich: Morgarten, 1946 [The Fountainhead, 1943]
Wer ist John Galt? Hamburg: GEWIS, 1985 [Atlas Shrugged, 1957]

For the New Intellectual: The Philosophy of Ayn Rand

Deshalb ist jetzt zu erwarten, daß unsere großartige industrielle Zivilisation nach der Maßgabe philosophischer Lehren, die von und für barfüßige Wilde geschaffen wurden, die in Erdlöchern lebten, den Boden für eine Handvoll Korn kratzten und dafür Statuen von entstellten Tieren dankten, die sie als dem Menschen überlegen verehrten, Eisenbahnen und Fluglinien betreibt und Lager von Interkontinentalraketen und H-Bomben unterhält. (Rand 1961, 6f)

Die Verteidiger der Menschenseele waren besorgt um seine Gefühle, und die Verteidiger seines Leibes waren besorgt um seinen Magen – aber beide waren vereint gegen seinen Verstand. (Rand 1961, 7)

Diese beiden Gestalten – der Mensch des Glaubens und der Mensch der Gewalt – sind philosophische Archetypen, psychologische Symbole und historische Realität. [...] Als historische Realität sind sie die tatsächlichen Herrscher der meisten Gesellschaften der Menschheit, die zur Macht aufsteigen, wann immer die Menschen die Vernunft aufgeben. [...] Attila, der Mensch, der mit brutaler Gewalt in der Spanne des Moments handelt, mit nichts beschäftigt ist als mit der physikalischen Realität unmittelbar vor ihm, der nichts respektiert als des Menschen Muskeln, und der eine Faust, einen Knüppel oder eine Kanone als die einzige Antwort auf jedes Problem betrachtet – und der Schamane, der Mann, der sich vor der physikalischen Realität fürchtet, der die Notwendigkeit der praktischen Handlung fürchtet, und sich in seine Gefühle flüchtet, in seine Visionen eines mystischen Bereiches, wo seine Wünsche eine übernatürliche Macht genießen unbegrenzt durch die Absolutheit der Natur. (Rand 1961, 7)

Des Menschen einzigartige Belohnung, jedoch, ist, daß, während Tiere dadurch überleben, daß sie sich der Umwelt anpassen, der Mensch überlebt, indem er seine Umwelt an sich anpasst. Wenn sie eine Trockenheit trifft, gehen die Tiere zugrunde – der Mensch legt Bewässerungsgräben an; wenn sie eine Überschwemmung trifft, gehen die Tiere zugrunde – der Mensch baut Dämme; wenn sie Räuber attackieren, gehen die Tiere zugrunde – der Mensch schreibt die Verfassung der Vereinigten Staaten. Aber man erhält Nahrung, Sicherheit oder Freiheit nicht – durch Instinkt. [...] Es gibt nur ein Mittel, um zu überleben, für diejenigen, die sich entscheiden, die Natur nicht zu erobern: diejenigen zu erobern, die es tun. [...] Die physische Eroberung des Menschen ist Attilas Methode zu überleben. Er betrachtet Menschen wie andere Fruchtbäume oder Tierfarmen: als Naturobjekt für ihn zum Zugreifen. Aber während einer guter Farmer zumindest weiß, daß Fruchtbäume und Tiere ihre spezifische Natur haben und eine spezifische Art der Handhabung erfordern, erreicht die Denkweise Attilas nicht ein solch abstraktes Niveau. (Rand 1961, 8)

Während Attilas Überlebensmethode die Eroberung derjenigen ist, die die Natur erobern, ist die Überlebensmethode des Schamanen sicherer […]. Seine Methode ist die Eroberung derjenigen, die diejenigen erobern, die die Natur erobern. Er sucht nicht des Menschen Körper zu beherrschen, sondern seine Seele. (Rand 1961, 9)

Während Attila ihren Gehorsam durch einen Knüppel erpresst, erreicht dies der Schamane durch eine weit mächtigere Waffe: er nimmt zuerst das Feld der Sittlichkeit ein. Es gibt keinen anderen Weg, Sittlichkeit in eine Waffe der Versklavung zu wenden, als durch ihre Trennung von der Vernunft des Menschen und von den Zielen seiner eigenen Existenz. Der verhängnisvolle Gegensatz von Moralischem und Praktischen ist ein Weg, das Leben des Menschen auf Erden zu erniedrigen. Sittlichkeit ist ein Kodex von Werten, um die Entscheidungen und Handlungen des Menschen zu leiten; wenn sie in Gegensatz zu seinem eigenen Leben und Verstand gebracht wird, bewirkt sie, daß er sich gegen sich selbst wendet und blind als ein Werkzeug seiner eigenen Zerstörung handelt. Es gibt keinen anderen Weg, den Mensch dazu zu bringen, die Rolle eines Opfertieres zu akzeptieren, als die Zerstörung seines Selbstwertgefühls. Es gibt keinen Weg, sein Selbstwertgefühls zu zerstören, es sei denn, man bringt ihn dazu, sein eigenes Bewußtsein zu verwerfen. Es gibt keinen Weg, ihn sein eigenes Bewußtsein verwerfen zu lassen, als ihn von seiner Ohnmacht zu überzeugen. (Rand 1961, 9f)

Die Verdammung dieser Erde als ein Bereich, wo für den Menschen nichts möglich ist als Schmerz, Katastrophen und Niederlagen, ein niederer Bereich gegenüber einer anderen, „höheren“ Realität; die Verdammung aller Werte, Freuden, Errungenschaften und Erfolge auf Erden als Zeichen der Verkommenheit; die Verdammung des Menschenverstandes als eine Quelle des Stolzes, und die Verdammung der Vernunft als eine „beschränkte“, täuschende, unzuverlässige, ohnmächtige Fähigkeit, unfähig die „reale“ Realität und die „wahre“ Wahrheit wahrzunehmen; die Spaltung des Menschen, indem sein Bewußtsein (seine Seele) gegen seinen Körper gesetzt wird, und seine moralischen Werte gegen sein eigenes Interesse; die Verdammung der menschlichen Natur, des menschlichen Körpers und des Selbst des Menschen als böse; das Gebot von Selbstaufopferung, von Verzicht, Leiden, Gehorsam, Bescheidenheit und Glauben als das Gute; die Verdammung des Lebens und die Verehrung des Todes mit dem Versprechen von Belohnungen nach dem Tod – dies sind die notwendigen Glaubenssätze der Sicht des Schamanen auf die Existenz, wie sie in jeder Variante der Schamanenphilosophie durch den Lauf der Menschheitsgeschichte hindurch auftraten. Das Geheimnis der Macht des Schamanen liegt in der Tatsache, daß der Mensch eine integrierte Sicht des Lebens, eine Philosophie, braucht, ob er sich dieses Bedürfnisses bewußt ist oder nicht – und immer wenn sich die Menschen durch Ignoranz, Feigheit oder geistige Faulheit, dagegen entscheiden, treibt sie ihr chronisches Gefühl der Schuld, Unsicherheit und Angst zur Philosophie des Schamanen. (Rand 1961, 10)

Attilas Hirn ist ein Wirrwarr von Konkretem, nicht integriert durch Abstraktionen; das Hirn des Schamanen ist ein Wirrwarr aus schwebenden Abstraktionen ohne Bezug zu Konkretem. Beide sind letztlich nicht durch Gedanken geleitet und motiviert, sondern durch Gefühle und Launen. [...] Attila fühlt, daß der Schamane ihm geben kann, was ihm fehlt: eine langfristige Sicht, eine Versicherung gegen das dunkle Unbekannte des nächsten Tages oder der nächsten Woche oder des nächsten Jahres, einen Kodex moralischer Werte, um seine Handlungen zu rechtfertigen und seine Opfer zu entwaffnen. Der Schamane fühlt, daß Attila ihm die materiellen Dinge zum Überleben geben kann, ihn gegen die physische Realität beschützen kann, ihm die Notwendigkeit praktischer Handlungen ersparen kann und seine mystischen Verordnungen gegenüber jedem durchsetzen kann, der sich entscheidet, seine Autorität infrage zustellen. Beide sind sie unvollständige Teile des Menschen, die Vervollständigung in dem jeweils anderen suchen: ein Mensch des Muskels und ein Mensch des Gefühls, die versuchen ohne Verstand zu existieren. (Rand 1961, 10)

Attila herrscht mittels der Furcht, indem er die Menschen unter der ständigen Bedrohung der Zerstörung hält – der Schamane herrscht mittels der Schuld, indem er die Menschen von ihrer angeborenen Verkommenheit, Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit überzeugt hält. [...] Attila ist ein Extrovertierter, ärgerlich über jede Beschäftigung mit dem Bewußtsein – der Schamane ist ein Introvertierter, ärgerlich über jede Beschäftigung mit der physischen Existenz. Attila bekennt seine Verachtung für Werte, Ideale, Prinzipien, Theorien, Abstraktionen – der Schamane bekennt seine Verachtung für materiellen Besitz, für Wohlstand, für den Körper des Menschen, für diese Erde. Attila betrachtet den Schamanen als unpraktisch – der Schamane betrachtet Attila als unmoralisch. Aber insgeheim glaubt jeder von ihnen, daß der andere die mysteriöse Fähigkeit besitzt, die ihm fehlt, daß der andere der wahre Herr über die Realität ist, der wahre Vertreter der Macht, um mit der Existenz umzugehen. In Begriffen der chronischen Angst, nicht des Gedankens, ist es der Schamane, der glaubt, daß brutale Gewalt die Welt regiert – und es ist Attila, der an das Übernatürliche glaubt; sein Name dafür ist „Schicksal“ oder „Glück“. (Rand 1961, 11)

Ein Produzent ist jeder Mensch, der arbeitet und weiß, was er tut. Er mag nur zu einem Teil seiner Zeit auf dem gänzlich menschlichen, konzeptionellen Level des Bewußtseins funktionieren, aber in diesem Ausmaß ist er der Atlas, der die Existenz der Menschheit trägt. (Rand 1961, 11)

Der Produzent ist bisher der vergessene Mensch der Geschichte gewesen. Mit den Ausnahmen einiger weniger kurzer Perioden ist der Produzent nicht der Führer oder Gestalter der Bedingungen der menschlichen Gesellschaften gewesen, obgleich der Grad seines Einflusses und seiner Freiheit der Grad der Wohlfahrt und des Fortschritts der Gesellschaft gewesen ist. Die meisten Gesellschaften werden durch Attila und den Schamanen beherrscht. Der Grund ist nicht irgendeine angeborene Tendenz zum Bösen in der menschlichen Natur, sondern die Tatsache, daß die Vernunft eine willentliche Fähigkeit ist, die zu entdecken, anzuwenden und zu erhalten sich der Mensch entscheiden muß. Irrationalität ist ein Zustand des Mangels, der Zustand eines noch nicht erreichten menschlichen Potentials. (Rand 1961, 12)

Der Ton des ersten menschlichen Schrittes in der Geschichtsschreibung, das Vorspiel zum Auftritt des Produzenten auf der historischen Bühne, war die Geburt der Philosophie im alten Griechenland. [...] Aristoteles Philosophie war die Unabhängigkeitserklärung des Verstandes. Aristoteles, der Vater der Logik, sollte als der erste Intellektuelle der Welt gelten, im reinsten und edelsten Sinn des Wortes. [...] Wenn wir die Tatsache bedenken, daß bis zum heutigen Tag alles, was uns zu Zivilisierten macht, jeder rationale Wert, den wir besitzen – einschließlich der Geburt der Wissenschaft, der industriellen Revolution, der Schaffung der Vereinigten Staaten, selbst der Struktur unserer Sprache – das Resultat von Aristoteles Einfluß ist, von dem Grad, zu dem die Menschen implizit oder explizit seine epistemologischen Prinzipien akzeptiert haben, müßten wir sagen: Niemals haben so viele einem Mann soviel geschuldet. (Rand 1961, 12)

Das Vorspiel zur Renaissance war die Rückkehr von Aristoteles über Thomas von Aquin. (Rand 1961, 13)

Die industrielle Revolution vollendete die Aufgabe der Renaissance: sie blies Attila vom Thron. Zum ersten Mal in der Geschichte gewannen die Menschen Kontrolle über die physikalische Natur und verwarfen die Kontrolle von Menschen über Menschen – das heißt: Menschen entdeckten die Wissenschaft und die politische Freiheit. (Rand 1961, 13)

Die erste Gesellschaft in der Geschichte, dessen Führer weder Attilas noch Schamanen waren, eine Gesellschaft geführt, bestimmt und geschaffen von Produzenten, waren die Vereinigten Staaten von Amerika. [...] Die Gründerväter waren weder passive, den Tod verehrende Mystiker, noch geistlose, Macht suchende Plünderer; als eine politische Gruppe waren sie ein in der Geschichte bisher einmaliges Phänomen: Sie waren Denker, die gleichzeitig auch Männer der Tat waren. (Rand 1961, 13)

Kapitalismus fegte die Sklaverei in der Sache wie im Geiste hinweg. Er ersetzte Attila und den Schamanen, den Plünderer des Wohlstandes und den Lieferanten von Offenbarungen, durch zwei neue Typen von Menschen: den Produzenten des Wohlstands und den Lieferanten von Wissen – den Geschäftsmann und den Intellektuellen. [...] Kapitalismus verlangt das Beste von jedem Menschen – seine Rationalität – und belohnt ihn entsprechend. [...] Sein Erfolg hängt alleine vom objektiven Wert seiner Arbeit ab und von der Rationalität derjenigen, die diesen Wert erkennen. [...] wenn kein Mensch physische Gewalt gebrauchen darf, um die Zustimmung eines anderen zu erpressen, ist es das beste Produkt und das beste Urteil, das in jedem Feld der menschlichen Unternehmung gewinnt und den Standard des Lebens und Denkens hebt – immer höher. (Rand 1961, 14)

Es ist im Hinblick auf diese fundamentale Arbeitsteilung und Verantwortung, daß der Intellektuelle seine Pflicht nicht getan hat. Sein Zwillingsbruder, der Geschäftsmann, hat Großartiges geleistet und den Menschen einen beispiellosen materiellen Wohlstand gebracht. Aber der Intellektuelle hat ihn verkauft, hat ihre gemeinsame Quelle betrogen, hat in seinem eigenen Beruf versagt und die Menschen in den spirituellen Bankrott geführt. Der Geschäftsmann hat den Lebensstandard der Menschen angehoben – aber der Intellektuelle ließ den Standard des menschlichen Denkens auf das Niveau eines ohnmächtigen Wilden zurückfallen. (Rand 1961, 15)

Es wurde oft bemerkt, daß die Menschheit einen enormen materiellen Fortschritt erreicht habe, aber auf dem Niveau eines Primitiven im Geiste geblieben sei. (Die Lösung, die gewöhnlich angeboten wird, ist die Aufgabe des materiellen Fortschritts.) Die Ursache dieser Diskrepanz wird ignoriert oder ihr wird ausgewichen. Die Ursache kann an dieser Weichenstellung nach der Renaissance gefunden werden, wo die physische Existenz des Menschen und seine Philosophie auseinanderbrachen und in unterschiedliche Richtungen gingen. (Rand 1961, 15)

Nach der Renaissance begann die Philosophie – befreit von ihren Beschränkungen als Magd der Theologie – nach einer neuen Dienstbarkeit suchen, wie ein verängstigter, gebrochener Sklave, der vor der Verantwortung der Freiheit zurückschreckt. Descartes gab die Richtung des Rückzugs vor, indem er den Schamanen in die Philosophie zurückbrachte. Während er ein philosophisches System versprach, das so rational, darstellbar und wissenschaftlich wie die Mathematik sein sollte, begann er mit der grundlegenden epistemologischen Prämisse eines jeden Schamanen (eine Prämisse, die er ausdrücklich mit Augustinus teilte): „dem Vorrang des Bewußtseins“, dem Glauben, daß die Existenz einer externen Welt nicht selbstevident sei, sondern erst durch Ableitung von Bewußtseinsinhalten bewiesen werden müsse […] – d.h. alle Bewußtseinsinhalte waren unterschiedslos als primär und absolut anzusehen, und die Realität mußte mit ihnen in Übereinstimmung gebracht werden. Was folgte, war das grotesk-tragische Spektakel von Philosophen, die sich bemühten, die Existenz einer externen Welt zu beweisen, indem sie mit dem blindem, nach innen gerichteten Blick des Schamanen auf die Zufälligkeiten ihrer Konzepte – dann ihrer Wahrnehmungen – und dann ihrer Sinnesreize starrten. [...] Während der mittelalterliche Schamane den Menschen lediglich verordnete, die Gültigkeit ihres Verstandes in Zweifel zu ziehen, bestand die Rebellion der Philosophen dagegen im Bezweifeln, daß der Mensch überhaupt bei Bewußtsein sei und ob irgendetwas existiere, dessen er sich bewußt sein sollte. (Rand 1961, 15f)

Als Hume erklärte, daß er Objekte sich bewegen sehe, aber niemals so etwas wie „Kausalität“ – war es die Stimme Attilas, die die Menschen hörten. Es war Attilas Seele, die sprach, als Hume erklärte, daß er einen Fluß von flüchtigen Zuständen in seinem Schädel erfahre, wie Sinneswahrnehmungen, Gefühle oder Erinnerungen, aber daß es ihm nicht gelungen sei, die Erfahrung von so etwas wie Bewußtsein oder Selbst zu machen. Als Hume erklärte, daß die anscheinende Existenz eines Objektes nicht garantierte, daß sie nicht im nächsten Moment verschwinde, und daß der Sonnenaufgang von heute nicht beweisen würde, daß die Sonne auch morgen aufgehe; wenn er erklärte, daß die philosophische Spekulation ein Spiel sei, wie Schach oder die Jagd, von keiner wie auch immer gearteten Signifikanz für den praktischen Lauf der menschlichen Existenz, da die Vernunft beweise, daß die Existenz undurchschaubar sei und nur der Ignorant sich die Illusion des Wissens erhalte – all dies begleitet von einer heftigen Opposition gegenüber dem Mystizismus des Schamanen und mit Beteuerungen der Loyalität zu Vernunft und Wissenschaft – war, was die Menschen hörten, ein Manifest einer philosophischen Bewegung, die nur als Attila-ismus bezeichnet werden kann. Wenn es für ein Tier möglich wäre den Inhalt seines Bewußtseins zu beschreiben, würde das Resultat eine Niederschrift von Humes Philosophie sein. (Rand 1961, 16)

Der Mann, der diesen Zustand formalisierte und das Tor der Philosophie für die Vernunft verschloß, war Immanuel Kant. [...] Er unterwarf die Philosophie Attila, aber bewahrte für den Schamanen den Bereich der Moral. (Rand 1961, 17)

Was Kants Version von Moral betrifft, so war sie passend für die Art von Zombies, die ein solches Universum bewohnen würden: Sie besteht aus der totalen, erbärmlichen Selbstlosigkeit. Eine Handlung ist nur moralisch, sagt Kant, wenn jemand kein Verlangen hat sie auszuführen, aber sie aus einem Sinn für die Pflicht heraus ausführt, und davon keinerlei Nutzen ableiten kann, weder materiell noch spirituell; ein Nutzen zerstört den moralischen Wert einer Handlung. (Daher kann jemand, der kein kein Verlangen hat, böse zu sein, nicht gut sein; nur wenn er es hat, kann er es.) Diejenigen die irgendeinen Teil von Kants Philosophie akzeptieren – metaphysisch, epistemologisch oder moralisch – verdienen es nicht besser. (Rand 1961, 18)

Während Unternehmer zu den spektakulärsten Errungenschaften der Kreativität und des selbstvertrauenden, ehrgeizigen Mutes emporstiegen und das ursprüngliche Dogma der Armut und des Elends des Menschen auf Erden in Frage stellten, die Handelsrouten der Welt aufbrachen, die produktive Energie des Menschen freisetzten und die befreiende Kraft der Maschinen in ihren Dienst stellten (gegen den verächtlichen Widerstand von faulenzenden, ehemals feudalen Aristokraten und die zerstörerische Gewalt von denjenigen, die am meisten davon profitieren sollten: den Arbeitern, bot die Philosophie als Anleitung für den Rest der Gesellschaft nur den reinen Attila-ismus von Marx, der behauptete, daß der Verstand nicht existiere, alles Materie sei und daß Materie sich selbst entwickele durch den dialektischen Prozeß seiner eigenen „Superlogik“ von Widersprüchen, und daß das, was heute wahr ist, es morgen nicht mehr sein werde, daß die materiellen Produktionsmittel den „ideologischen Überbau“ der Menschen bestimmen (d.h.: Maschinen schaffen das menschliche Denken, nicht anders herum), daß Muskelarbeit die Quelle des Wohlstands sei, daß physische Kraft, das einzige praktische Mittel der Existenz sei, und daß die Beschlagnahmung der allmächtigen Maschinen die Allmacht der Herrschaft der bloßen Gewalt übertragen werde. (Rand 1961, 19)

Dem Wissenschaftler war eine etwas unterschiedliche Version der Philosophie angeboten worden. Als eine Verteidigung gegen das Schamanentum Hegels, der universelle Allwissenheit behauptet hatte, war den Wissenschaftlern die Kombination von neomystischem Schamanentum und Attila-ismus der Logischen Positivisten geboten worden. Sie versicherten ihnen, daß solche Konzepte wie Metaphysik oder Existenz oder Realität oder Materie oder Verstand bedeutungslos seien – lasse man die Mystiker sich darum kümmern, ob sie existierten oder nicht, ein Wissenschaftler müsse es nicht wissen; die Aufgabe der theoretischen Wissenschaft sei die Manipulation von Symbolen, und Wissenschaftler seien die besondere Elite, deren Symbole die magische Kraft haben, daß sich die Realität ihrem Willen füge („Materie ist das, was in mathematische Gleichungen paßt“). Wissen, sagen sie, bestehe nicht aus Tatsachen, sondern aus Worten, Worte ohne Bezug zu Objekten, Worte einer willkürlichen sozialen Konvention als einem nicht reduzierbaren Primären; daher sei Wissen bloß eine Sache der Sprachmanipulation. (Rand 1961, 19)

Sie waren nicht willens die Lehre zu bezweifeln, daß der Mensch ein Opfertier sei, daß er kein Recht habe, für sich selbst zu existieren, daß der Dienst für andere die einzige Rechtfertigung seiner Existenz sei, und daß Selbstaufopferung seine höchste moralische Pflicht, Tugend und Wert sei. Unter all ihren Masken, Variationen und Adaptionen kam diese Doktrin – am besten als Moral des Altruismus bezeichnet – von prähistorischen Sümpfen unverändert nach New York. In Gesellschafen von Wilden praktizierten die Menschen rituelle Menschenopfer, indem sie individuelle Menschen für das, was sie als ihr Kollektiv- oder Stammesgut betrachteten, auf den Opferälteren opferten. Heute tun sie es immer noch, nur der Todeskampf ist langsamer und die Schlächterei größer – aber die Lehre, die dies fordert und gutheißt, ist dieselbe Lehre des moralischen Kannibalismus. Die Philosophen erhielten sie, indem sie das Thema der Moral den Mystikern überließen – oder indem sie es dem Bereich der subjektiven Gefühle zuschrieben, d.h.: den Mystikern – oder indem sie heftig zurückwiesen, daß die Vernunft fähig sei, mit moralischen Werten umzugehen und alle Werturteile als „unwissenschaftlich“ brandmarkten. (Rand 1961, 20)

Comte war derjenige, der den Begriff Altruismus prägte. (Rand 1961, 20)

Nietzsches Rebellion gegen den Altruismus bestand darin, das Opfer von einem selbst für die anderen durch das Opfer der anderen für einen selbst zu stellen. [...] Deshalb bestand Nietzsches Ablehnung des Schamanen darin, Attila zum moralischen Ideal zu erheben – d.h.: eine doppelte Unterwerfung der Moral vor dem Schamanen. (Rand 1961, 20)

Und wenn Karl Marx, der konsistenteste Übersetzer der altruistischen Moral in praktische Handlung und politische Theorie, eine Gesellschaft verteidigte, wo jeder allen geopfert würde, beginnend mit der sofortigen Opferung der Fähigen, der Intelligenten, der Erfolgreichen und Wohlhabenden – welcher Opposition er auch begegnete, niemand opponierte gegen ihn auf moralischem Grund. Vornehmlich war ihm der Status eines noblen, aber unpraktischen Idealisten gewährt worden. (Rand 1961, 21)

Die Intellektuellen, oder ihre überwiegende Mehrheit, blieben Jahrhunderte hinter ihrer Zeit zurück: Immer noch die Gunst eines noblen Protektors suchend, klagten einige von ihnen über die „Vulgarität“ der kommerziellen Beschäftigungen, diejenigen verhöhnend, deren Wohlstand „neu“ war, und gleichzeitig warfen sie diesen neuen Wohlstandschaffenden all die Armut vor, die sie von den Jahrhunderten geerbt hatten, die von den Besitzern des noblen „nicht-kommerziellen“ Wohlstands beherrscht wurden. Andere denunzierten Maschinen als „unmenschlich“, und Fabriken als eine Schande für die Schönheit der Landschaft (wo vormals die Galgen an den Straßenkreuzungen standen). Noch andere riefen zu einer Bewegung „zurück zur Natur“ auf, zu den Handwerken, zum Mittelalter. Und andere attackierten die Wissenschaftler für ihre Forschungen in verbotenen „Mysterien“ und für ihr Einmischen in Gottes Schöpfung. Das Opfer der infamsten Ungerechtigkeit der Intellektuellen war der Unternehmer. Nachdem sie die Prämissen, die moralischen Werte und die Position der Schamanen akzeptiert hatten, waren die Intellektuellen nicht willens, zwischen einem Unternehmer und Attila zu unterscheiden, zwischen dem Produzenten von Wohlstand und dem Plünderer. Wie der Schamane verachteten und fürchteten sie den Bereich der materiellen Realität, da sie sich unbewußt nicht geeignet fühlten, damit umzugehen. Wie bei den Schamanen war Attila auch ihr insgeheimes Bild (nahezu ihr gefürchtetes und beneidetes Ideal) eines praktischen, erfolgreichen Mannes, eines wahren Meisters der Realität; wie die Schamanen glaubten sie, daß Gewalt, Betrug, Lügen, Plündern, Enteignung, Versklavung und Mord praktisch wären. So suchten sie nicht nach der Quelle des Wohlstandes und fragten niemals, was ihn möglich machte (sie waren gelehrt worden, daß Kausalität eine Illusion und nur der unmittelbare Moment real sei). Sie nahmen es als ihr Axiom an, als eine nicht reduzierbares Prämisse, daß Wohlstand nur durch Gewalt erworben werden könne – daß ein Vermögen als solches der Beweis von Plünderei sei, ohne daß weitere Unterscheidungen oder Nachforschungen nötig seien. (Rand 1961, 22)

Wenn die Intellektuellen gegen den „Kommerz“ der kapitalistischen Gesellschaft rebellierten, dann rebellierten sie insbesondere gegen den offenen Markt der Ideen, wo bloße Gefühle nicht akzeptiert wurden und man erwartete, daß Ideen ihre Tauglichkeit demonstrierten, wo die Risiken groß und Ungerechtigkeiten möglich waren und wo kein Beschützer existierte, außer die objektive Realität. Geradeso wie Attila seit der Renaissance nach seinem eigenen Schamanen suchte, so suchten die Intellektuellen seit der industriellen Revolution nach ihrem eigenen Attila. Die altruistische Moral brachte sie zusammen und gab ihnen die Waffe, die sie brauchten. Das Feld, wo sie einander fanden, war der Sozialismus. Es waren weder die Unternehmer, noch die Industriellen, noch die Arbeiter, noch die Gewerkschaften oder die Überbleibsel der feudalen Aristokratie, die die Revolte gegen die Freiheit begannen und die Rückkehr des absoluten Staates forderten: es waren die Intellektuellen. Es waren die angeblichen Wächter über die Vernunft, die die Menschheit zurück zur Herrschaft der brutalen Gewalt führten. Im 19. Jahrhundert in den intellektuellen Salons, Straßencafés, Bierkellerkneipen und Seminarräumen gewachsen und genährt, vereinte die industrielle Konterrevolution Schamanen und Attilaisten. (Rand 1961, 24)

Wolkenkratzer kann man nicht auf Parolen und Graffitislogans errichten, noch auf Propaganda, Gebeten oder Sprachspielen. Die neue Wildnis, die es urbar zu machen gilt, ist die Philosophie – nun umschlingen und verschlingen die Ranken prähistorischer Lehren deren verlassene Ruinen. Eine Kultur kann nur auf neuen philosophischen Fundamenten stehen. Der gegenwärtige Zustand der Welt ist kein Beweis für die Ohnmacht der Philosophie, sondern ein Beweis für ihre Macht. Es ist Philosophie, die Menschen in diesen Zustand gebracht hat – und nur Philosophie kann sie wieder hinausführen. (Rand 1961, 28)

Der Neue Intellektuelle wird ein Mensch sein, der seinem Titel im engsten Wortsinn gerecht wird: Ein Mensch, der durch seinen Intellekt geleitet wird – kein Zombie, der sich von Gefühlen, Instinkten, Trieben, Wünschen, Launen und Offenbarungen führen lässt. Er bringt die Herrschaft Attilas und des Schamanen an ihr Ende und gibt dabei die Prämisse auf, die sie möglich gemacht hatte: die Leib-Seele-Dichotomie. Er wird die damit einhergehenden irrationalen Konflikte und Widersprüche aufgeben: Verstand versus Herz, Denken versus Handeln, Realität versus Wunschvorstellung, das Praktische versus das Moralische. Er wird ein ganzheitlicher Mensch sein, d.h. ein Denker, der ein Mensch der Tat ist. Er wird wissen, dass Ideen, die vom Handeln losgelöst sind, Betrug sind, und dass Handlungen, die von Ideen losgelöst ist, Selbstmord. […] Er wird wissen, dass die Menschen Philosophie dafür brauchen, um auf der Erde zu leben. Der Neue Intellektuelle wird eine Wiedervereinigung der Zwillinge sein, die niemals getrennt hätten werden sollen: des Intellektuellen und des Unternehmers.
[...] Anstelle eines unfreiwilligen Schamanen und eines widerwilligen Attilas wird die Wiedervereinigung zwei neue Typen hervorbringen: den praktischen Denker und den philosophischen Unternehmer. (Rand 1961, 29)

Vom Leben unbesiegt

Nun, sieh mich an! Sieh mich genau an! Ich wurde geboren, und ich wußte, ich lebte, und ich wußte, was ich wollte. Was, glaubst du, lebt in mir? Warum, glaubst du, lebe ich? Weil ich einen Magen habe und esse und verdaue? Weil ich atme und arbeite, um etwas zum Essen zu haben? Oder weil ich weiß, was ich will und etwas in mir ist, das weiß, warum es das will – das Leben selber. Und wer in dieser verdammten, grenzenlosen Welt kann mir sagen, warum ich für etwas anderes leben sollte als für das, was ich will? Wer kann sagen, daraus spräche nicht menschliche Vernunft? Nicht einer, nicht einmal du! Aber ihr habt versucht, uns zu sagen, was wir wollen sollten. Ihr kamt als eine feierliche Armee, um den Menschen ein neues Leben zu bringen. Ihr risset ihnen das zuckende Leben heraus, von dem ihr nichts wußtet, und sagte ihnen, was es zu sein hätte. Ihr kamt und verbat den Lebenden, zu leben. (Rand 1956, 499f)

Hymne

Ich weiß nicht, ob diese Erde, auf der ich stehe, der Mittelpunkt des Universums ist oder nur ein in der Unendlichkeit verlorenes Staubkorn. Ich weiß es nicht, und es kümmert mich nicht. Denn ich weiß, welches Glück mir auf der Erde möglich ist. Und mein Glück braucht kein höheres Ziel, um es zu rechtfertigen. Mein Glück ist kein Mittel zu irgendeinem Zweck. Es ist Selbstzweck. Es ist sein eigenes Ziel. Es ist seine eigene Bestimmung. Auch bin ich nicht das Mittel zu irgendwelchen Zwecken, die andere erreichen wollen. Ich bin kein Werkzeug zu ihrem Nutzen. Ich bin kein Diener ihrer Bedürfnisse. Ich bin kein Verband für ihre Wunden. Ich bin kein Opfer auf ihren Altären. Ich schulde meinen Brüdern nichts, und sie schulden mir nichts. Ich verlange nicht, dass irgendjemand für mich lebt, und ich selbst lebe nicht für andere. [...] Ich bin meinen Brüdern weder Feind noch Freund, sondern jedem das, was er von mir verdient. Und um meine Liebe zu erlangen, müssen meine Brüder mehr tun, als geboren zu sein. Ich gewähre meine Liebe weder grundlos noch an jemand, der mir zufällig begegnet und sie vielleicht in Anspruch nehmen möchte. Ich ehre andere mit meiner Liebe. Aber sie müssen sich die Ehre verdienen. Ich habe Freunde, aber weder Sklaven noch Herren. Und ich suche mir meine Freunde aus. Und ich liebe und achte sie. Aber ich erteile ihnen keine Befehle und nehme keine Befehle von ihnen entgegen. Und wir reichen uns die Hände, wenn wir wollen, oder gehen allein, wenn uns das lieber ist. Denn im Tempel seines Geistes ist jeder Mensch allein. Lasst jeden Menschen seinen Tempel unberührt und rein halten. [...] Denn das Wort „Wir“ darf nur freiwillig ausgesprochen werden und nie mit Nachdruck. Dieses Wort darf in der Seele eines Menschen niemals an erster Stelle stehen, sonst wird es ein Monster, die Wurzel alles Bösen auf Erden, die Wurzel der von Menschen durch Menschen erlittenen Qual und einer unsagbaren Lüge. Das Wort „Wir“ ist wie eine dicke, über die Menschen geschüttete Schicht Mörtel, die zu Stein wird und alles unter sich zerquetscht. Und Weiß und Schwarz verschwinden darin und alles wird grau. „Wir“ ist das Wort, mit dem die Schlechten die Tugend der Guten stehlen, mit dem die Schwachen die Kraft der Starken stehlen, mit dem die Dummen das Wissen der Klugen stehlen. (Rand 2002, 99ff)

Der ewige Quell

Das war es, was ich an Menschen lange nicht begriff. Sie haben gar kein Selbst. Sie leben in anderen. Sie leben aus zweiter Hand. [...] Was war sein Lehensziel? Größe ... in anderer Leute Augen. Ruhm, Bewundert-, Beneidetwerden – all das, was von anderen ausgeht. Andere flößten ihm Anschauungen ein, an denen er nicht festzuhalten vermochte, doch er war es zufrieden, daß andere meinten, er hielte daran fest. Immer waren andere seine bewegende Kraft und seine vornehmlichste Sorge. Er wollte gar nicht groß sein, er wollte nur für groß gehalten werden. Er wollte nicht bauen, er wollte als Baumeister bewundert werden. [...] Ist das nicht die Wurzel jeder verwerflichen Handlung? Nicht die Selbstsucht, sondern im Gegenteil die Abwesenheit eines Selbst. Sieh sie dir doch an! Sieh dir den Mann an, der lügt und betrügt, aber auf eine bürgerlich anständige Außenseite hält. Er weiß, daß er unredlich ist, doch andere halten ihn für rechtschaffen, und so bezieht er seine Selbstachtung aus zweiter Hand. (Rand 1946, 817)

Eben das ist das Verderbliche an den Mitläufern. Um Tatsachen, Gedanken, Werke scheren sie sich nicht. Sie scheren sich nur um die Leute. Sie fragen nicht: „Ist das und das wahr? Sondern: „Ist das, was andere Leute denken, wahr? Sie legen keinen Wert darauf, zu urteilen, sondern nur darauf, zu wiederholen. Nicht auf das Tun, sondern auf den Anschein des Tuns. Nicht auf Schöpfung, sondern auf Bekanntschaften. [...] Das ist die Leere, die ich an den Menschen nie begriffen habe. Das, was mir immer die Rede verschlägt, wenn ich vor einem Ausschuß stehe. Menschen ohne Ich. Meinung ohne Denkprozeß. Bewegung ohne Bremse oder Motor. Macht ohne Verantwortung. Der Mitläufer handelt, doch die Quelle seiner Handlungen liegt da und dort in diesem oder jenem lebenden Mitmenschen. Überall und nirgends ... Du kannst ihm nicht mit Vernunftgründen kommen. Der Vernunft ist er nicht zugänglich. (Rand 1946, 818f)

So haben denn die Menschen, nachdem man ihnen Jahrhunderte lang eingebleut hat, Altruismus sei das höchste aller Ideale, die Lehre auf die einzige Art und Weise angenommen, in der sie angenommen werden konnte. Indem sie ihre Selbstachtung in andern suchen. Durch ein Leben aus zweiter Hand. Und das hat jedem Grauen und Schrecken Tür und Tor aufgetan. [...] Schau dir jeden Einzelnen um uns herum an. Du hast dich gewundert, weshalb sie eigentlich leiden, wieso sie immer Glück suchen und nie finden. Wenn jeder Mensch einmal stillhalten und sich überlegen wollte, ob er jemals einen wahrhaft persönlichen Wunsch gehabt hat, so würde er die Antwort finden. Dann würde er merken, daß all seine Wünsche, seine Mühen, seine Träume, seine Bestrebungen von andern Menschen ausgehen. Er ringt nicht einmal wirklich um materiellen Reichtum, sondern um das Gaukelbild des Mitläufers: Ansehen. Um den Stempel der Gutheißung, doch nicht seiner eignen. An diesem Ringen kann er keine Freude finden, wie er keinen Jubel empfinden kann über den Erfolg. Zu nichts, nicht bei einer einzigen Sache vermag er zu sagen: „Das ist das, was ich gewollt habe, weil ich es gewollt habe; nicht weil ich wollte, daß meine Nachbarn den Mund aufsperren.“ Und dann wundert er sich, daß er unglücklich ist. Jede Form echten Glücks ist privat; unsere größten Momente sind rein persönlichen, selbstischen Motiven entsprungen; es darf nicht an sie gerührt werden. Was uns heilig und kostbar ist, das entziehen wir der Teilung mit aller Welt. Aber wir haben gelernt, wir müßten alles, was in uns ist, auf den Markt werfen, damit jeder X-beliebige es mit seinen Pfoten berühren kann. Wir müßten unsere Freude in Volksversammlungen suchen. Wir haben nicht einmal ein Wort für die Eigenschaft, auf die ich ziele ... für das Selbstgenügen des Menschengeistes. Es Selbstsucht oder Egoismus zu nennen das geht nicht an, denn diese Worte sind verdreht, ihr Sinn ins Gegenteil verkehrt worden. [...] Von den Leuten, die mir lieb waren, habe ich immer eine bestimmt Eigenschaft verlangt. [...] Ein sich selbst genügendes Ich. Auf nichts sonst kommt es an. (Rand 1946, 820f)

Vor Jahrtausenden gelang es zum ersten Mal einem Menschen, Feuer zu erzeugen. Vermutlich wurde er von seinen Brüdern auf dem Scheiterhaufen verbrannt, den anzuzünden er sie gelehrt hatte. Er wurde als Missetäter betrachtet, der mit einem von der Menschheit gefürchteten Dämon im Bunde stand. Aber in der Folge hatten die Menschen Feuer, um sich zu wärmen, um ihre Nahrung zu kochen, um ihre Höhlen zu erleuchten. Er hatte ihnen ein Geschenk hinterlassen, das bisher nicht in ihrer Vorstellung gelebt hatte, und hatte damit die Finsternis von der Erde genommen. Viele Jahrhunderte später erfand ein Mensch das Rad. Vermutlich wurde er auf der runden Scheibe, die er seine Brüder zu hauen gelehrt hatte, gerädert. Er wurde als Missetäter betrachtet, der sich auf verbotenes Gebiet gewagt hatte. Aber in der Folge vermochten die Menschen zu allen Horizonten hinzuwandern. Er hatte ihnen ein Geschenk hinterlassen, das bisher nicht in ihrer Vorstellung gelebt hatte, und hatte damit die Wege der Welt aufgetan. Dieser Mensch, der unbändige und erste, er steht da in jedem Einleitungsabschnitt einer jeden Sage, die die Menschheit von ihrem Anbeginn im Gedächtnis bewahrt hat.

Prometheus wurde an den Felsen geschmiedet und von Geiern zerfleischt, weil er den Göttern das Feuer gestohlen hatte. Adam wurde zum Leiden verdammt, weil er von der Frucht des Baumes der Erkenntnis gegessen hatte. In welcher Mythe und Legende auch immer, in den verschatteten Winkeln ihrer Erinnerung ist sich die Menschheit bewußt, daß ihr Ruhm und ihre Größe begann mit dem einen, und daß dieser eine hat büßen müssen für seinen Mut. In allen Jahrhunderten hat es Menschen gegeben, die die ersten Schritte auf neuen Wegen taten und keine andere Waffe besaßen als ihre Vision. Ihre Ziele waren mannigfaltig, doch dies hatten sie alle miteinander gemein: daß ihr Schritt der erste war, ihre Straße eine neue, ihre Vision eine von keinem andern entlehnte und daß, was sie dagegen empfingen, – Haß war. Die großen Schöpfer, die Denker, die Künstler, die Forscher, die Erfinder, – immer standen sie allein gegen die Menschen Ihrer Zeit. Jeder große Gedanke traf auf Widerstand. Jede große Erfindung wurde an den Pranger gestellt. Der erste Motor wurde als Irrsinn betrachtet, das Flugzeug als eine Unmöglichkeit. Der mechanische Webstuhl wurde als eine Lästerung verschrieen; die Anästhesie als eine Versündigung. Doch die Männer mit der von niemandem erborgten Vision gingen vorwärts. Sie stritten, sie litten, sie büßten. Doch sie siegten. Kein schöpferischer Mensch war je von dem Wunsch beseelt, seinen Brüdern zu dienen; denn seine Brüder verwarfen das Geschenk, das er ihnen bot, weil das Geschenk die träge Gewohnheit ihres Alltagslehens aufstörte. Wahrheit, seine eigene Wahrheit, dies war seine Triebfeder, nichts anderes. Seine eigene Wahrheit, sein eigenes Werk auf seine eigene Weise zu vollenden.
Eine Symphonie, ein Buch, eine Maschine, ein philosophisches System, ein Flugzeug oder ein Bauwerk, – das war sein Ziel und war sein Lebensinhalt. Nicht die, die das, was er geschaffen hatte, hörten, lasen, betrieben, glaubten, steuerten oder bewohnten. Die Schöpfung, nicht ihre Nutznießer. Die Schöpfung, nicht die Vorteile, die andere daraus zogen. Die Schöpfung, die seiner Wahrheit Gestalt verlieh. Über allem und gegen alle hielt er fest an seiner Wahrheit. Seine Vision, seine Kraft, sein Mut, sie kamen ihm aus dem eigenen Geist. Eines Menschen Geist aber, das ist sein Selbst. Jene Wesenheit, die man das Bewußtsein nennt. Denken, Fühlen, Urteilen, Handeln sind Funktionen des Ich. Die schöpferischen Menschen waren nie selbstlos. Das ganze Geheimnis ihrer Kraft liegt darin beschlossen, daß sie sich selbst genügte, sich selbst begründete, sich selbst erzeugte. Ein Urgrund, eine Kraftquelle, eine Lebensgewalt, ein Primum Movens. Niemandem und nichts diente der schaffende Mensch. Er hatte für sich, um seiner selbst willen gelebt. Und nur weil er allein für sich, um seiner selbst willen lebte, vermochte er Leistungen zu vollbringen, die den Ruhm der Menschheit ausmachen. Das ist das Charakteristikum der großen Leistung. Der Mensch vermag sich zu erhalten, am Leben zu erhalten nur mittels seines Geistes. Waffenlos kommt er zur Welt. Seine einzige Waffe ist sein Gehirn.

Die Tiere verschaffen sich ihre Nahrung durch Gewalt. Der Mensch hat keine Klauen, keine Fänge, keine Hörner, keine große Muskelkraft. Er muß seine Nahrung durch Anbau oder Jagd gewinnen. Zum Anbauen bedarf es eines Denkprozesses. Zum Jagen bedarf er der Waffen, und um Waffen herzustellen, bedarf es wiederum eines Denkprozesses. Von dieser einfachsten Bedürfniserfüllung bis zur sublimsten religiösen Abstraktion, vom Rad bis zum Wolkenkratzer, ist alles, was wir sind, und alles, was wir haben, Erzeugnis des einzigen unterscheidenden Merkmals des Menschen, seines einzigen echten Attributs: des denkenden Verstandes. Doch der Verstand ist ein Attribut des Individuums. Es gibt kein Kollektivhirn. Es gibt kein Kollektivdenken. Eine Verständigung zwischen einer Gruppe von Menschen ist lediglich ein Ausgleich oder ein aus einer Vielzahl von individuellen Gedanken gezogener Durchschnitt. Eine sekundäre, eine Folgeerscheinung. Die primäre Handlung – der Denkprozeß – muß von jedem Einzelmenschen allein vorgenommen werden. (Rand 1946, 919ff)

Doch die Wahl ist nicht zwischen Selbstaufopferung und Beherrschung. Sondern zwischen Unabhängigkeit und Abhängigkeit. Zwischen der Gesetzestafel des Schöpfers und der Gesetzestafel des Mitläufers. Das ist die grundlegende Frage, um die es geht. Sie beruht auf der Alternative zwischen Leben und Tod. Das Gesetzbuch des schöpferischen Menschen ist aufgebaut auf den Notwendigkeiten des denkenden Verstandes, der dem Menschen erlaubt, sich zu erhalten. Das Gesetzbuch des Mitläufers ist aufgebaut auf den Notwendigkeiten eines Verstands, der unfähig ist, seine Erhaltung zu gewährleisten. Alles, was aus dem unabhängigen Ich des Menschen hervorgeht, ist gut. Alles, was aus der Abhängigkeit von Menschen hervorgeht, ist schlecht. Der Egoist im unbedingten Sinn ist nicht der Mensch, der andere Menschen opfert, sondern er ist der Mensch, der über der Notwendigkeit steht, andere Menschen zu irgendeinen Zweck brauchen zu müssen. Er wirkt nicht erst durch sie. Er ist von vorneherein nicht auf sie angewiesen. Nicht hinsichtlich seines Ziels, noch hinsichtlich seinesAntriebs, weder für sein Denken noch für sein Wünschen noch für die Quelle seiner Kraft. Er ist nicht da für andere Menschen; aber er verlangt auch nicht von anderen Menschen, daß sie für ihn da seien. Das ist die einzig mögliche Form der Bruderschaft und der gegenseitigen Achtung zwischen Menschen. Die Grade der Fähigkeiten sind verschieden, doch das Grundprinzip bleibt immer das gleiche: der Grad der Unabhängigkeit, der Initiative und der persönlichen Liebe eines Menschen zu seiner Arbeit bestimmt seine Begabung als Arbeiter und seinen Wert als Mensch. Unabhängigkeit ist der einzige Gradmesser menschlicher Tugend und menschlichen Werts. Das, was ein Mensch ist und was er aus sich macht; nicht was er hat oder für andere Menschen tut. Es gibt keinen Ersatz für persönliche Würde. (Rand 1946, 924)

In allen echten Beziehungen von Menschen untereinander gibt es kein Opfer, das der eine Mensch dem andern bringt. Ein Architekt braucht Auftraggeber, doch er ordnet seine Arbeit nicht ihren Wünschen unter. Sie brauchen ihn, aber sie lassen sich kein Haus bauen, bloß um ihm einen Auftrag zu verschaffen. Die Menschen tauschen ihre Arbeit in freiem, gegenseitigem Einverständnis zu gegenseitigem Vorteil aus, wenn ihre persönlichen Interessen miteinander im Einklang sind und sie beide den Austausch wünschen. (Rand 1946, 924)

Kein Werk kommt jemals durch eine Vielzahl zustande, durch Mehrheitsbeschluß. Jede schöpferische Arbeit wird geleistet unter der Führung eines einzelmenschlichen Denkens. (Rand 1946, 925)

Das erste und oberste Recht auf Erden ist das Recht auf das Ich. Die erste und oberste Pflicht des Menschen ist die Pflicht gegen sich selbst. Sein Sittengesetz lautet, niemals sein vornehmlichstes Ziel in andern Menschen zu suchen. Seine sittliche Verpflichtung lautet zu tun, was ihm sein Wunsch eingibt, vorausgesetzt, daß dieser Wunsch nicht in erster Linie von andern Menschen abhängt. (Rand 1946, 925)

Ein Mensch denkt allein und arbeitet allein. Doch rauben, ausbeuten, herrschen, – das vermag ein Mensch nicht allein. Raub, Ausbeutung, Herrschaft, – das alles setzt Opfer voraus. Das bringt Abhängigkeit mit sich. Das ist das Gebiet des Mitläufers. Beherrscher von Menschen sind keine Egoisten. Denn sie schaffen nichts. Sie bestehen durch, sie sind angewiesen auf die Persönlichkeit anderer Menschen. Ihr Ziel liegt in ihren Untertanen beschlossen, ihr Tun ist auf Knechtung gerichtet. Sie sind so abhängig wie der Bettler, der Sozialarbeiter und der Bandit. Die Form der Abhängigkeit ist gleichgültig. (Rand 1946, 925)

Das „Allgemeinwohl“ eines Kollektivs – heiße es nun Rasse, Klasse oder Staat – war noch immer der Anspruch und die Rechtfertigung jeglicher Tyrrannei, die über Menschen aufgerichtet wurde. Alle großen Greuel der Geschichte wurden begangen im Namen eines altruistischen Motivs. Hat eine einzige Handlung der Selbstsucht jemals ein Blutbad im Gefolge gehabt gleich den Metzeleien, wie sie fort und fort von den Jüngern des Altruismus veranlaßt wurden und werden? Die grauenhaftesten Schlächter waren immer die, die aus aufrichtigster Überzeugung handelten. Sie glaubten an die vollkommene Gesellschaft, die durch Guillotine und Erschießungs-Pelotons erlangt werden könne und müsse. [...] Ein Menschenfreund tritt auf mit Erklärungen von Liebe für die Menschheit, und es endet in einem Meer von Blut. Das geht so weiter und wird immer weiter gehen, solange Menschen glauben, jede Handlung sei gut, solange sie selbstlos ist. Das gestattet dem Altruisten, zu handeln und zwingt seine Opfer, es zu dulden. [...] Die einzige Guttat, die Menschen einander tun können, und die einzige Vorschrift für ihre angemessene Beziehung untereinander heißt: Hände weg! (Rand 1946, 926)

Wer ist John Galt?

Der Mensch besitzt kein automatisches Verhaltensrepertoire, um zu überleben. Was ihn grundlegend von allen anderen Lebewesen unterscheidet, ist die Notwendigkeit, sich angesichts von Alternativen frei zu entscheiden und willentlich zu handeln. Er besitzt kein automatisches Wissen um das, was gut oder böse für ihn ist, von welchen Werten sein Leben abhängt, welche Handlungen es erfordert. [...] Ein Instinkt der Selbsterhaltung ist genau das, was der Mensch nicht besitzt. Ein „Instinkt“ ist eine niemals irrende automatische Form des Wissens. Ein Wunsch ist kein Instinkt. Der Wunsch zu leben gibt euch nicht das Wissen, das ihr zum Leben braucht. (Rand 1985, 1087)

Ein Lebewesen, das die Mittel, die es zum Überleben braucht, als böse betrachtet, wird nicht überleben. Eine Pflanze, die sich bemüht, ihre Wurzeln zu zerstören, ein Vogel, der versucht seine Flügel zu zerbrechen, werden das Leben, dem sie sich verweigern, nicht lange behalten. Doch die Geschichte der Menschheit war ein Kampf, den menschlichen Verstand zu leugnen und zu zerstören. Man hat den Menschen ein vernünftiges Wesen genannt, doch Vernunft verlangt Entscheidungen. Seine Natur stellt den Menschen vor die Alternative: vernünftiges Wesen oder selbstmörderische Kreatur. Er muß entscheiden, ob er Mensch sein will; er muß entscheiden, ob er sein Leben für einen Wert halten will; er muß entscheiden, ob er lernen will, es zu erhalten; er muß entscheiden, ob er die Werte, die es erfordert, entdecken und seine Tugenden üben will. Ein Wertekanon, für den man sich entscheidet, ist ein Moralkodex. [...] Es gibt eine Moral der Vernunft, eine Moral, die der Natur des Menschen entspricht, und ihr Wertmaßstab ist sein Leben. Alles, was das Leben eines vernünftigen Wesens fördert, ist das Gute, alles, was es zerstört, ist das Böse. Das Leben, das die Natur des Menschen fordert, ist nicht das Leben einer Kreatur ohne Verstand, eines plündernden Räubers oder eines schmarotzenden Mystikers, sondern das Leben eines denkenden Wesens; nicht ein Leben durch Gewalt und Betrug, sondern ein Leben durch Leistung. (Rand 1985, 1087f)

Glück ist der Zustand des erfolgreichen Lebens, Schmerz ist ein Agent des Todes. Glück ist jener Zustand des Bewußtseins, der aus der Verwirklichung der eigenen Werte entsteht. [...] Durch die Gnade der Wirklichkeit und durch die Natur des Lebens ist der Mensch, jeder Mensch, ein Zweck in sich selbst, er existiert um seiner selbst willen, und die Verwirklichung seines eigenen Glücks ist sein höchstes moralisches Ziel. (Rand 1985, 1088)

Hört nicht auf die Parasiten an den öffentlichen Schulen, die von den Profiten der Verstandesleistungen anderer leben und behaupten, daß der Mensch keine Moral braucht und keine Werte und keine Verhaltensregeln. Sie geben sich als Wissenschaftler aus und behaupten, daß der Mensch nur ein Tier ist, schließen ihn aber nicht ein in das Gesetz des Daseins, das sie für die niedersten Insekten gelten lassen. Sie erkennen an, daß jedes Lebewesen Gesetzen unterliegt, die seiner Natur entsprechen und von denen sein Überleben abhängt. Sie behaupten nicht, daß ein Fisch außerhalb des Wassers oder ein Hund ohne seinen Geruchssinn leben kann. Aber sie behaupten, daß der Mensch, das komplexeste aller Lebewesen, unter beliebigen Bedingungen überleben kann; daß er unbeschränkt anpassungsfähig und von seiner Natur in nichts festgelegt ist; und daß es keinen Grund gibt, weshalb er nicht leben können soll, wenn die Mittel, die er zum Überleben braucht, zerstört werden und wenn sein Verstand erstickt und den Befehlen unterworfen wird, die sie ihm dann erteilen. Hört nicht auf die vom Haß vergifteten Mystiker, die sich als Freunde der Menschheit ausgeben und predigen, daß die höchste Tugend, die der Mensch üben kann, der Glaube an die Bedeutungslosigkeit des eigenen Lebens ist. Sie sagen euch, der Zweck der Moral sei es, den Selbsterhaltungsinstinkt des Menschen zu unterdrücken. Ich aber sage euch, gerade zum Zweck der Selbsterhaltung braucht der Mensch einen Moralkodex. Nur ein Mensch, der moralisch sein will, ist ein Mensch, der leben will. (Rand 1985, 1088f)

Zu existieren bedeutet, etwas zu sein, das sich vom Nichts der Nicht-Existenz unterscheidet, bedeutet, eine Entität von spezifischer Natur und mit spezifischen Attributen zu sein. Vor Jahrhunderten hat der Mann, der – trotz all seiner Irrtümer – der größte eurer Philosophen war, die Formel aufgestellt, die den Begriff des Seins und das Gesetz des Erkennens definiert: A gleich A. Ein Ding ist es selbst. Ihr habt die Bedeutung dieses Grundsatzes niemals begriffen. Ich bin gekommen, diesen Satz zu vervollständigen: Existenz ist Identität, Bewußtsein ist Erkennen. Was immer ihr betrachtet, sei es ein Gegenstand, eine Eigenschaft oder eine Handlung, das Gesetz der Identität bleibt das gleiche. Ein Blatt kann nicht gleichzeitig ein Stein sein, es kann nicht ganz rot und ganz grün zugleich sein, es kann nicht im selben Augenblick frieren und brennen. A gleich A. Oder, einfacher ausgedrückt: Ihr könnt euren Kuchen nicht gleichzeitig essen und ihn behalten. Wollt ihr wissen, was mit der Welt nicht in Ordnung ist? All die Katastrophen, die eure Welt zerstört haben, rühren von dem Versuch eurer Führer her, der Tatsache auszuweichen, daß A gleich A ist. All das geheime Böse, das ihr in euch zu entdecken fürchtet, und aller Schmerz, den ihr erduldet habt, rührt von eurem eigenen Versuch her, der Tatsache auszuweichen, daß A gleich A ist. Diejenigen, die euch lehrten, ihr auszuweichen, wollten euch vergessen machen, daß ein Mensch ein Mensch ist. Der Mensch kann nur überleben, wenn er Wissen erwirbt, und die Vernunft ist das Mittel dazu. Die Vernunft ist die Fähigkeit, die das Material, das die Sinne liefern, wahrnimmt, erkennt und kombiniert. Die Aufgabe der Sinne ist es, dem Menschen eine Anschauung der Welt zu geben, doch die Aufgabe des Erkennens obliegt seiner Vernunft. Seine Sinne sagen ihm nur, daß etwas ist, doch was es ist, muß er durch Gebrauch seines Verstands lernen. (Rand 1985, 1090f)

Das war in relativ kurzen Worten - relativ wörtlich gemeint - Ayn Rand. Es passt leider nicht mehr in diesen Beitrag, vor allem zu "wer ist John Galt" müsste noch mehr vorgestellt werden. Aber es gibt ja auch die Bücher, wie oben beschrieben.

Euer Zeitgedanken

Sort:  

Bei den Amis fängt es ja meistens mit Atlas Shrugged an.
Bei mir kam erst Roland Baader und dann Atlas Shrugged und als studierter Bautechniker natürlich The Fountainhead.
Ich bin immer noch der Meinung, dass nach der Lektüre beider Bücher nichts mehr ist wie es vorher war.
Anthem und We the Living sollte man auch gelesen haben.
Als Person hat sie mich immer abgeschreckt. Vor allem ihre Einstellung zur Abtreibung. Auch die Erzählungen von Murray Rothbard über ihre “Sekte” habe mein Bild von ihr etwas verändert.
Die Podcast von ihrem Erben Leonard Peikoff (abwechselnd mit Yaron Brook) höre ich auch regelmäßig.
Abschließend kann man in meinem Fall sagen, ich hab mit Ayn Rand angefangen und bin bei Stefan Blankertz gelandet.

Tja, wie heißt es doch so schön, "Es beginnt mit Ayn Rand:)".
Aber mein Weg lief eher wie bei @stehaller:), auch das "Abschreckende" in Ihrer Person, das er formuliert, teile ich, ein wenig abgemildert.
BGvB!

Ich mochte Ayn Rand nie, sie war mir unsympathisch. Ich mochte auch nie den Hype um sie herum. Aber ihre Darstellungen sind auf weiten Strecken nachvollziehbar, vor allem "For the New Intellectual“.
Ich versuche in meinen Beiträgen viele Denker vorzustellen, dA sind auch einige dabei die mir persönlich unsympathisch sind, aber dass soll die Aussagen nicht schmälern, die getroffen werden.

Klar die Inhalte zählen, ganz frei von persönlicher Sympathie bin ich aber nicht, da ich schon gern den Menschen hinter den Worten sehen mag.
Roland Baader z.B. war mir immer sympathisch, die Lektüre mir leicht gefallen, Ayn Rands gewaltiges Werk ist jedoch auch ohne persönliche Sympathie prägend, wenn ich auch nicht alles teile, Ihre Ablehnung von Kant z.B..
Dazu fällt mir auch gerade-als Kontrapunkt zu diesen Geistesgrößen- ein Interview mit der mir höchst unsympathischen Katja Kipping ein (Sarah Wagenknecht ist mit dagegen persönlich sympathisch).
https://steemit.com/deutsch/@grossefreiheittv/die-vereinigten-sozialistischen-staaten-von-europa-linken-chefin-katja-kipping-im-Interview

Unglaublich was die hier niveaulos zusammenschmarrt, und sie hat als überzeugte Sozialistin Mises noch nicht mal angelesen und auch nicht theoretisch durchdacht! Erschreckend.
Da setzte ich mich lieber mit den Thesen der viel klügeren roten Sarah auseinander:)
BGvB!

Lieber @balte hier im Nachtrag, hatte ich vergessen zu erwähnen, noch eine Anmerkung zu

Ihre Ablehnung von Kant z.B..

Sie lehnte Kant nicht ab, sondern Sie lehnte seine Inkonsequenz ab. Das kann ich auch verstehen, denn es gibt eine Diskrepanz in seinen Aussagen und eine logische Inkonsequenz, die viele nicht kennen.

In Bezug der „thematischen Reflexion“ wirft schon E. Husserl Kant vor - dem er zubilligte, die aus dem „dogmatischen Schlummer“ der „transzendentalen Naivität“ Erwachten geweckt zu haben, aus seinem neuen kritischen Ansatz nicht hinreichend die methodischen Konsequenzen gezogen zu haben. Er sei durch die berechtigte Skepsis Humes gegen den Psychologismus Lockes zu falschen Auffassungen bzgl. der Erforschung der weltbildenden Subjektivität gedrängt worden, so dass er seine eigene phänomenologisch zu nennende Intention in der transzendentalen Deduktion der ersten Auflage der „Kritik der reinen Vernunft“ in der zweiten Auflage wieder verließ. Die Folge war, dass der Weg hin zu seinen analytischen Ergebnissen dunkel blieb. „er verwehrt seinen Lesern, die Ergebnisse seines regressiven Verfahrens in anschauliche Begriffe umzusetzen. Seine transzendentalen Begriffe haben daher eine ganz eigentümliche Unklarheit, welche aus prinzipiellen Gründen nie in Klarheit umzusetzen ist.
Statt der „mythischen Konstruktionen“ Kants bedürfte es einer „systematische(n) Erschließung.

Deutlich wird das, wenn du dir die erste Auflage https://www.susannealbers.de/03philosophie-literatur-Kant1.html# vornimmst und mit der zweiten Auflage https://www.susannealbers.de/03philosophie-literatur-Kant2.html vergleichst.

Vor dem Hintergrund, dass die zweite Auflage die dominantere ist, ist dies nur sehr wenigen aufgefallen. Ich kannte zuerst auch nur die zweite Auflage, bis mich Dr. Dietrisch Eckardt darauf aufmerksam machte (sein Vorfahre war der so genannte „Meister Eckardt der sich auch mit dem damaligen Papst - in seiner Zeit - angelegt hatte. Er gab das Wort „Seelenfünklein“ heraus, was den Papst in seiner Autorität verletzte. Denn wer braucht noch den Papst, wenn doch das Göttliche „das Seelenfünklein“ in einem jedem einzelnen steckt)

Mein Kopf ist voll mit Baltengold:), muss Deine Worte erst sacken lassen!
BGvB!

...sein Vorfahre war der so genannte „Meister Eckardt...

Jetzt wird mir einiges klar...

Was war Dir den bis dato unklar?

Sagen wir es mal so, es ist sehr ungewöhnlich, dass sich jemand so stark und ohne Not mit der Obrigkeit anlegt (das gilt auch für deinen Fall) wie er.
Da befinden wir uns mindestens außerhalb 3 Standardabweichungen.
Vielleicht gibt es ja ein Widerstandsgen. Bei derartigen Vorfahren ist es halt dann besonders stark ausgeprägt.

Ob es so etwas wie ein Widerstandsgen gibt, liegt außerhalb meines Erkenntnisbereiches. Aber es gibt Widersprüche. Und vielleicht gibt es Individuen, die solche Widersprüche im Empfinden spüren, was sie zu näherem Hinsehen veranlasst. Wobei Widerspruch eine Form des Widerstandes ist. Oder es bedingt sich, wenn das Widersprüchliche nicht aufgelöst wird. Und wird zum Widerstand, wenn das Widersprüchliche als allgemeingültig erklärt wird, obwohl das in einer im einfachsten Sinne dualistischen Welt unmöglich ist.

Ich habe mir gerade das Video angesehen. Was soll man dazu noch sagen. Wenn Wortgewandtheit vor Wissen steht, wird es nun mal sozialistisch werden. Ich bin mir sicher, dass diese Dame noch nicht mal eine Aussage darüber machen kann, was Kapital ist. Man kritisiert den freien Markt, der nicht frei ist und stellt es so dar, als ob es keine Interventionen geben würde. Die Diskussion mit David Precht hätte ich gerne gehört, zwei Ahnungslose debattieren.
Da sitzen sich dann zwei gegenüber, die viel reden und nichts sagen. Precht Bücher habe ich auch schon durch, am Ende von einem Buch angekommen ist es als hätte man keines gelesen.

Man sehe sich den Lebenslauf der Dame an, nie gearbeitet, Kreissaal-Hörsaal-Plenarsaal, daraus besteht ihr Leben, und dann anderen das Leben vorschreiben.
Diese Art von "Politikarrieren" gehörte abgeschafft, egal aus welcher Partei.
https://de.wikipedia.org/wiki/Katja_Kipping

In der #freien-gesellschaft wird genau auf diesen Punkt abgestellt. Keine Berufspolitiker!!!!

Wir müßten wirklich weg von diesen Kreissaal-Hörsaal-Plenarsaal-Typen, mein Großvater meinte immer, das mind. 10 Jahre wirklich aktives Berufsleben Vorraussetzung für ein politisches Amt sein sollte.

Meine Großmutter meinte im Namen meines Großvaters, dass sobald Politik zum Broterwerb wird, es mit der Politik genau dann endet.

Gute Politik unterscheidet sich zur schlechten darin, dass gute Politik so gestaltet ist, dass sie sich entbehrlich macht. Ist wie bei einem guten Lehrer, der bestrebt sein sollte dass sein Schüler nach der Lehre den Lehrer entbehrlich macht.

David Precht ist als Ziehsohn der GEZ Sozialisten ist ja auch so eine Hausnummer - wäre ohne den Sozialismus sicherlich ein brotloser Geisteswissenschaftler geworden. Klassischer Vertreter der scheinintellektuellen Kaste der Moralisten.

Precht lese und höre ich mir nicht an, die Entscheidung stand schon früh...

Ich selbst habe von Precht einiges gelesen. Ist wie bei Marx, den muss man auch gelesen haben um die Widersprüche zu erkennen. So ist das bei Precht ebenfalls. Meine Erfahrung in Diskussionen zeigt sich darin, dass wenn man mit Wissen um Aussagesätzen ausgestattet ist und den Widerspruch aufzeigen kann, man jedem Rhetoriker überlegen ist. Das Problem von @grossefreiheittv im Interview war, dass er z.B. die Kipping nicht mit Widersprüchen aus deren eigenen Denken konfrontierte und mit Mises den Widerspruch belegte.
Das ist das schlimmste was den Sozialisten passieren kann, denn sie kennen meisten nicht mal ihre eigenen Gedankenväter. Sie wissen ja nicht einmal, dass das was sie heute Kapitalismus nennen und anprangern, die Form welche wir heute praktizieren, Gedankengut ihrer eigenen Denker aus dem Frühsozialismus ist.

Ich hätte die Dame mit Aussagen konfrontiert, die von Henri Saint- Simon (ohne den Namen zu nennen) stammen und in Bezug zu heute genommen. Da wäre die Dame angesprungen und hätte sich bestätigt gefühlt und dies mit Kapitalismus in Verbindung gebracht.
Danach hätte ich ihr gezeigt, aus welchem Gedankengut das stammt.

Diesen Test habe ich mit vielen Parteimitgliedern des sozialistischen Sektors schon praktiziert. Die Beschämung war danach immer groß und die Diskussion fast immer beendet. Da half nicht einmal mehr Rhetorik um aus der Nummer zu kommen.

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