FRÉDÉRIC BASTIAT - Recht auf Arbeit, Recht auf Gewinn

in #deutsch5 years ago

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Frédéric Bastiat wurde am 30. Juni 1801 geboren und starb am 24. Dezember 1850 an Tuberkulose. Seine schriftstellerische Tätigkeit begann im Jahr 1834.

Da wäre mir doch fast etwas Schönes durch die Lappen gegangen. Habe es gerade erst bemerkt und will euch Dieses nicht vorenthalten

Aus Bastiat’s Schriften

Hier:

Recht auf Arbeit, Recht auf Gewinn

“Brüder, leistet euren Beitrag, um mir Arbeit zu eurem Preis zu verschaffen.” Das ist das Recht auf Arbeit, der elementare Sozialismus oder der ersten Grades. “Brüder, leistet euren Beitrag, um mir Arbeit zu meinem Preis zu verschaffen.” Das ist das Recht auf Gewinn, der verfeinerte Sozialismus oder der zweiten Grades.
Der eine wie der andere leben durch diejenigen ihrer Wirkungen, die man sieht. Sie sterben durch diejenigen ihrer Wirkungen, die man nicht sieht.
Was man sieht, ist die Arbeit und der Gewinn, die von dem sozialen Beitrag geschaffen werden. Was man nicht sieht, sind die Arbeiten, zu denen dieser selbe Beitrag Anlass geben würde, wenn man ihn den Steuerzahlern ließe.
1848 zeigte sich das Recht auf Arbeit einen Augenblick lang von zwei Seiten. Das reichte, um es in der öffentlichen Meinung zu vernichten.

Die eine Seite nannte sich: nationale Werkstatt. Die andere: fünfundvierzig Centimes.
Millionen flossen jeden Tag von der Rue de Rivoli in die nationalen Werkstätten. Das ist die schöne Seite der Medaille.
Aber hier ist die Rückseite. Damit Millionen dort herauskommen, müssen sie dort hineingekommen sein.
Deshalb wenden sich die Organisatoren des Rechts auf Arbeit an die Steuerzahler.
Nun, die Bauern sagten: Ich muss 45 Centimes zahlen. Also verzichte ich auf ein Kleidungsstück, kalke mein Feld nicht und repariere mein Haus nicht.
Und die Arbeiter auf dem Lande sagten: Da unser Bürger auf ein Kleidungsstück verzichtet, gibt es weniger Arbeit für den Schneider; da er sein Feld nicht kalkt, gibt es weniger Arbeit für den Erdarbeiter; da er sein Haus nicht repariert, gibt es weniger Arbeit für den Zimmermann und den Maurer.

Es wäre also bewiesen, dass man einen Sack Getreide nicht zweimal mahlen kann, und dass die von der Regierung bezahlte Arbeit auf Kosten der Arbeit geht, die vom Steuerzahler selbst in Auftrag gegeben wird. Das war der Tod des Rechts auf Arbeit, das sich als eine Chimäre offenbarte und als eine Ungerechtigkeit.
Indessen, das Recht auf Gewinn, das nur die Übertreibung des Rechts auf Arbeit ist, lebt immer noch und fühlt sich ausgezeichnet.
Hat die Rolle, die der Protektionist die Gesellschaft spielen lässt, nicht etwas Peinliches? Er sagt ihr:
Du musst mir Arbeit geben, und mehr noch, lukrative Arbeit. Ich habe dummerweise eine Industrie gewählt, die mir zehn Prozent Verlust beschert. Wenn du einen Beitrag von zwanzig Franc von meinen Landesbrüdern erhebst und mir zukommen lässt, wird sich mein Verlust in Gewinn verwandeln. Nun, der Gewinn ist ein Recht. Du schuldest ihn mir.

Die Gesellschaft, die diesen Sophisten anhört, die Zölle erhebt, um ihn zufriedenzustellen, die nicht wahrnimmt, dass der von einer Industrie erlittene Verlust nicht weniger ein Verlust ist, wenn man andere zwingt ihn zu bezahlen, diese Gesellschaft, sage ich, verdient die Bürde, die man ihr auferlegt.
So sieht man bei den zahlreichen Themen, die ich durchlaufen habe: Die politische Ökonomie nicht zu kennen heißt, sich von der unmittelbaren Wirkung eines Phänomens blenden zu lassen; sie kennen heißt, in Gedanken und in der Vorsorge die Gesamtheit der Wirkungen in Betracht zu ziehen.3

Ich könnte hier einen Haufen anderer Fragen derselben Probe unterwerfen. Aber ich schrecke vor der Monotonie eines immer gleichen Arguments zurück und schließe damit, was Chateaubriand über die Geschichte sagt, auf die politische Ökonomie anzuwenden. Er sagt:
Es gibt zwei Wirkungen in der Geschichte: eine unmittelbare, die ihrer Zeit bekannt ist, eine weitreichende, die man zunächst nicht erkennt. Diese Wirkungen laufen oft einander zuwider; die eine kommt aus unserer kurzfristigen Erkenntnis, die anderen aus ewiger Erkenntnis. Das Ereignis der Vorsehung verwirklicht sich nach dem menschlichen Ereignis. Gott erhebt sich hinter den Menschen. Verleugnen Sie, soviel sie wollen, den obersten Ratschluss, verleugnen Sie sein Eingreifen, diskutieren Sie über die Wortwahl, nennen Sie Sachzwang oder Vernunft, was das Volk Vorsehung nennt; aber sehen Sie auf das Ende einer abgeschlossenen Tat, und sie werden sehen, dass sie immer das Gegenteil dessen erzeugt hat, was man von ihr erwartete, wenn sie nicht von Anfang an auf Moral und Gerechtigkeit gegründet war. (nach Chateaubriand, Mémoires d'outre-tombe [Erinnerungen aus dem Jenseits])

1 Der Kriegsminister hat kürzlich bestätigt, dass jedes Individuum, das nach Algerien transportiert wurde, den Staat 8 000 Franc gekostet hat. Nun ist es sicher, dass die Unglücklichen, um die es sich handelt, in Frankreich sehr gut von einem Kapital von 4 000 Franc gelebt hätten. Ich frage, inwiefern man die französische Bevölkerung entlastet, wenn man ihr einen Mann und die Existenzmittel von zwei Männern nimmt? (der Autor)

2 Molière, Die Schule der Ehemänner: Der weise und liberale Arist führt am Ende die viel jüngere Braut heim. (die Übersetzer)

3 Wenn alle Folgen einer Handlung auf ihren Urheber zurückfielen, ginge unsere Erziehung rasch. Aber es ist nicht so. Manchmal sind die guten sichtbaren Folgen für uns, und die schlechten unsichtbaren Folgen für jemand anderen, was sie uns noch unsichtbarer macht. Man muss also warten, bis die Reaktion von denen kommt, die die schlechten Folgen der Handlung zu tragen haben. Das dauert manchmal sehr lange, und das verlängert die Herrschaft des Irrtums. Ein Mensch macht etwas, was gute Folgen in der Größe 10 zu seinem Vorteil produziert, und schlechte Folgen in der Größe 15, die auf dreißig seinesgleichen verteilt werden, so dass auf jeden nur 1/2 fällt. Im Ganzen gibt es einen Verlust und die Reaktion muss notwendig kommen. Man versteht jedoch, dass sie umso mehr auf sich warten lässt, je mehr das Übel auf die Masse verteilt ist und das Gute auf einen Punkt konzentriert. (unveröffentlichte Bemerkung des Autors)

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