Wird das EU-Mercosur Freihandelsabkommen tatsächlich von den Parlamenten ratefiziert?

Die Gewerkschaftskoordination namens Cono Sur hat das eben erst unterzeichnete Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern als Todesurteil für die eigene Industrie bezeichnet. Cono Sur setzt sich aus insgesamt zwanzig Gewerkschaften folgender Länder zusammen: Argentinien, Brasilien, Chile, Bolivien, Paraguay und Uruguay. Auf dem G20-GIPFEL in Osaka, haben die Vertreter der EU und die Präsidenten von Argentinien und Brasilien, nach mehr als zwanzig Jahren Verhandlungsdauer, den Abschluss des Freihandelsabkommens verkündet, welches Auswirkungen für etwa 780 Millionen Menschen hat. Die EU wird von den Mercosur-Ländern hauptsächlich Getränke, Nahrungsmittel und Tabak zugeschickt bekommen. Im Gegensatz dazu erhalten die Mercosur-Länder vor allem Maschinen, Transportausrüstungen, Chemikalien und pharmazeutische Produkte.

Cono Sur befürchtet, dass es durch das mit der EU abgeschlossene Freihandels-abkommen, in den Mercosur-Länder zu katastrophalen, Auswirkungen kommt. Besonders würden die „strategischen Produktionszweige", die "hochwertige Beschäftigung", der Technologie-Sektor, Meeres- und Flusssysteme, der öffentliche Dienst, staatliche Einkäufe, die medizinischen Labore, die Automobil-industrie und die regionale Wirtschaft darunter leiden. Das Abkommen führe zu einer Zementierung der ungleichen Entwicklung. Mercosur exportiert seine Agrarprodukte und die EU liefert die Produkte seiner wertschöpfenden Industrie nach Lateinamerika.

Was vermelden im Gegensatz zu den Gewerkschaften die Unterzeichner des EU-Mercosur-Abkommens?

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach von einem "historischen Moment" und "großartigen Nachrichten" für Firmen, Arbeitnehmer und die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Der brasilianische Präsident Bolsonaro verlautbarte auf Twitter: „Dies wird eines der wichtigsten Handelsabkommen aller Zeiten sein und unserer Wirtschaft enorme Vorteile bringen"

Die meistgelesene Tageszeitung Argentiniens „Clarin“ hat eine enorme Anzahl von Bestimmungen des ausverhandelten Vertrages veröffentlicht. Aufgelistet werden u.a. Einzelheiten über den Abbau von Zöllen, Markenschutz, zum Schutz von geistigem Eigentum, Verfahren im Onlinehandel, Standards bei der Lebensmittelsicherheit, technische Vorschriften und Normen, die beiderseitige Verpflichtung auf Vorgaben der Internationalen Arbeitsorganisation und welche Mechanismen zu einer Streitbeilegung führen sollen. Beim Thema Umweltschutz wurde beidseitig unterschrieben, dass man auf die Umsetzung des Pariser Abkommen achten werde und alles unternommen wird, um die Entwaldung zu stoppen. Ob Herr Bolsonaro diesen Teil des Abkommens auch gelesen hat und wenn ja, ob er sich daran halten wird wage ich zu bezweifeln. Auf alle Fälle scheint es für die Nicht-Einhaltung keine Strafen zu geben...

Ein wichtiger Vertragspunkt, vor allem aus Sicht der Südamerikaner war es, dass die europäische Hightech-Industrie zwar Zugang zu seltenen Erden bekommt, dies aber mit strengen Auflagen und einer dementsprechenden Preisgestaltung der Mercosur-Länder verknüpft ist.

Für die Unterzeichner des Freihandelsabkommens, handelt es sich um das größte Abkommen der Welt. Fakt ist, dass es für die Umsetzung noch der Ratefizierung der Parlamente aller beteiligter Länder. Wie schwierig das werden könnte zeigt das Beispiel Frankreich, wo es bereits jetzt großen Unmut über den „Verhandlungserfolg“ gibt. Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye hat in einem Interview erklärt, dass es noch gewisser Garantien für den Schutz des Regenwaldes und für französische Rinderzüchter bedarf. Im Klartext: "Frankreich ist derzeit nicht bereit, das Abkommen zu ratifizieren.“

Die Rinderzüchter verlangen beispielsweise einen Importstopp aus Südamerika, wenn sich die Importe negativ auf die Branche auswirken... Bezüglich der Umweltschutzbestimmungen welche die EU mit den Mercosur-Ländern vereinbart hat, verkündete Macron bereits wiederholt: „Falls Brasilien aus dem Klimaschutz-abkommen austritt, dann wird Frankreich die Vereinbarung nicht ratefizieren.“

Die europäische Landwirtschaft wird bereits jetzt durch enorme Subventionen am Leben gehalten. Sollte es durch das Mercosur-Abkommen zusätzliche Schwierigkeiten für die europäische Agrarindustrie geben, so liegt bereits jetzt eine Milliarde Euro für eine rasche Soforthilfe bereit...

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