04. März bis 10. März 2019 - Wochenrückblick in eigener Sache

in #wochenrueckblick5 years ago

Der BRenNgLAS-Wochenrückblick!

Sonntagmorgen, vor der Tür tut sich noch überhaupt nichts (sieht man einmal von den streunenden Katzen ab, die wohl gerade von der Nachtschicht zurück an den Futternapf streben) und ich sitze in meinem Büro vor dem Rechner, genieße den türkischen Mokka, gleichzeitig in den Erinnerungen kramend nach Ereignissen, die die vergangenen paar Tage mit geprägt haben.

Der Zufall wollte es scheinbar, dass @kadna (eine treue Leserin des BRenNgLAS) in ihrer im 14tägigen Rhythmus erscheinenden Postille #fotogedanken ein Bild publizierte, das unter anderem einen Mann zeigt, der in meiner Redaktion kein ganz Unbekannter ist. Ein guter Grund für mich, dieser Type etwas mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Außer diesem Beitrag haben sich natürlich auch noch andere Ereignisse in den Vordergrund geschoben, die ich nicht unberücksichtigt lassen möchte. Aber macht euch selbst ein Bild von dem, was euch erwartet.

Inhaltsverzeichnis:

  • Der Einstieg in diese Ausgabe ist Harry Dorfmeister vorbehalten, der nicht nur uns, sondern auch gleich unserer politischen Elite eindrucksvoll beweist, wie sinnvoll doch eine durchdachte Gesetzgebung sein kann.
  • Das von mir zum Buch der Woche gekürte Werk kommt meiner Ansicht nach eigentlich mit einem irreführenden Titel daher - aber ihr werdet ja selbst sehen …
  • Der Plattenteller wird heute mit zwei Scheiben belegt, die sich lediglich in ihrer Erscheinungsform gleichen. Was jedoch zwischen den Rillen herausgekitzelt wird offenbart zwei vollkommen verschiedene Musikwelten.
  • Was sonst noch so geschah wirft einen genauen Blick auf die alltägliche “Kriminalität”, vor der scheinbar auch ich hier auf dem hügligen Land nicht verschont bleibe.
  • Nach einem kleinen Frontalangriff auf meine Person in der letzten Woche scheint es mir wichtiger denn je an einen fairen Umgang miteinander zu appellieren
  • Der Katalog mit den älteren Ausgaben und sonstigen Veröffentlichungen findet ihr im Werbeblock
  • Als kleine Hilfestellung für das Versenden von Leserbriefen dient das Impressum, mit dem die heutige Ausgabe abschließt.

Viel Vergnügen und gute Unterhaltung!

Der Immobilien-Tycoon



Wie soll ich Harry Dorfmeister beschreiben? Ein nicht ganz so einfaches Unterfangen, wie man vielleicht glauben sollte, denn würde ich mich der Definition seiner Dauerfreundin Jutta Schmalhans bedienen, stünden mir ausnahmslos Adjektive der Superlative bei der Komparation zur Verfügung. Angeführt von geil bis hin zu affenrattenscharf kommt bei ihrer Auflistung alles zum Einsatz - jedoch (wie bereits erwähnt) immer im Superlativ, da ihr Harry nun einmal unbestritten die genialste Sau ist, die die aufgezeichnete Vergangenheit je ausgespuckt hat. Doch Herrn Dorfmeister lediglich mit dem Blick durch die rosarote Brille im heimischen Schweinestall zu beobachten, würde meinem Versuch der Charakterisierung nicht gerecht werden.

Als wir uns vor Jahren anlässlich einer Scheidungsfeier eines gemeinsamen Bekannten kennenlernten, hatte ich nach zirka fünf Minuten den Eindruck, Harry sein ein arrogantes Arschloch. Eine voreilige Einschätzung, wie ich im Laufe des Abends erkennen musste und daher auch schleunigst korrigierte. Harry entpuppte sich nämlich als umgängliches, selbstherrliches Vollarschloch, was ihn übrigens ganz sympathisch rüberkommen lässt. Außerdem sollte nicht unerwähnt bleiben (nur ganz nebenbei erwähnt), dass dieser vermeintliche Kotzbrocken sich nicht zu fein dafür ist, mitten in einem Dialog mit mir Frau Schmalhans an den Busen zu greifen und mir dabei glaubhaft zu versichern, dass er in die Dinger viel Geld investiert hat. Warum ich seither beim Anblick auf einen gut ausgeprägten weiblichen Vorbau immer an ein Sparschwein denken muss, dafür habe ich auch keine plausible Erklärung parat.

Über sein aufgehäufeltes Geld und was man damit alles kaufen kann, darüber spricht Harry Dorfmeister besonders oft, lange, dazu auch noch liebend gerne und unterscheidet sich damit zweifelsohne von den Brüdern Karl und Theo Albrecht, die sich lieber in einen Sarg legten, als mit Geldscheinen Frischluft zu wedeln oder ihren Frauen Silikon-Geschenke in Aussicht zu stellen. Nein, das ist offenkundig nicht Harry’s Welt. Er bleibt unbeirrt seinem Motto treu, was man sich hart erarbeitet hat, mit dem soll auch geprotzt werden.
Er brachte es einmal mit diesem Satz auf den Punkt: Wenn du mit einem 911er Porsche alle Weiber auf der linken Rheinseite aufreißen kannst, versuchst du es ja auch nicht mit einem 3er Golf in Duisburg auf die Pirsch zu gehen. Seit dieser Offenbarung trage ich ein weiteres Problem mit mir zum Friseur. Meine ständige und intensive Suche nach tollen Frauen und all das Unbeschreibliche, was man mit ihnen erleben kann, kann demzufolge nur rechtsrheinisch zum Erfolg führen und rückt automatisch Leverkusen näher an mein verkorkstes Leben, da jedoch hier kein Thema sein sollte.

Mein Augenmerk haftet voll und ganz auf Harry Dorfmeister (ab und an auch auf den Silikonwunder der Jutta Schmalhans) und seinem Weg zum Immobilien-Tycoon und dem damit verknüpften Reichtum. Interessant hierbei erscheint mir nicht nur die Methode, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der dieser Selfmademan aus dem Tretboot ins hochmoderne, mega teure Schnellboot wechselte. Nicht ganz unschuldig an diesem sozialen Aufstieg der Extraklasse scheint mir der reichlich misslungene Versuch der SPD in der Wählergunst von 11 % auf 13 % zu klettern, indem sie sich Sorgen um die Mieter in Deutschland zu machen begannen.

Um eines gleich klarzustellen, wenn die Sozis sich beginnen um das Mietervolk Sorgen zu machen, dann tun sie das mit Inbrunst, ausdauernd und mit viel flachem Mediengebrüll. Rauskommen tut dabei nichts. Sieht man mal davon ab, dass das paragraphisch verunstaltete Resultat der besorgten Sozialdemokraten Harry im Eiltempo zum wohlhabenden, umgänglichen Vollarschloch machte.
Anstatt nämlich bei den deutschen Autobauern kurz und schmerzlos die Handbremse zu ziehen, entschied man sich in Berlin gegen die Hand- und für die Mietbremse. Ein tolles Ding, dieses Gesetzt, für all die, die Feinheiten zwischen den Zeilen zu deuten wissen.

Wenn jemand Gesetzeslücken ausfindig machen kann, dann ist das unbestritten Harry Dorfmeister, der bei der Vorstellung der Mietpreisreglung in einem Bauwagen nahe Bottrop saß und einen außerordentlich guten Blick auf die Hütten hatte, die ihm in den letzten Jahren eine intensive (ja vielleicht sogar innige) Bekanntschaft mit einem Anwalt für Insolvenzrecht einbrachte, weil sein wenig ausgegorenes Vorhaben, die Ruhrpott-Perle zum internationalen Treffpunkt für Wohnwagen-Junkies und Camping-Fetischisten aufzubauen, im finanziellen Desaster endete. Doch sollte mit der Mietbremse die Talfahrt gestoppt werden.

Die seit Jahren andauernde Diskussion in seiner Heimatstadt um den am Flussufer florierenden Straßenstrich brachte Harry die zündende Idee. Zwei Tage später lag dem Bürgermeister ein Bauvorhaben auf dem Schreibtisch, dessen Umsetzung der Stadt nicht nur Steuereinnahmen, sondern eine Umstrukturierung am Flussufer versprach. Der städtische Bebauungsplan wurde im Eilverfahren geändert und keine vier Wochen später setzte sich eine Wohnwagen-Karawane von Bottrop in Richtung Flussufer in Gang. Einhergehend mit der Umgestaltung der Rotlichtmeile gründete Herr Dorfmeister eine Maklerfirma, die sich auf das Vermieten von luxuriösen Wohnungen mit Flussblick spezialisierte. Als Geschäftsführerin agierte eine gewisse Jutta Schmalhans.

Erste mahnende Hinweise, die unten am Fluss verlangten Mieten überstiegen weit das für die Stadt übliche Mietniveau, wischte Harry mit dem Argument vom Tisch, es handele sich bei seinen Objekten um Neubauten, die ausdrücklich von dieser Gesetzesreglung ausgeschlossen sind.

Noch eine Besonderheit in Harrys neuer Wohnsiedlung gibt es hervorzuheben. Der Immobilien-Tycoon liebt nicht den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Harry Dorfmeister besteht auf bar Kralle und so klopft er jeden Monatsanfang an die wacklige Unterkunft, kassiert, hört sich den neuesten Tratsch an, hinterlässt eine handgeschriebene Quittung und schlendert, immer bestens gelaunt, der Flaniermeile entgegen, wo früher die mehr oder minder attraktive Damen Erlebnisse in Aussicht stellten, wie sie an der Fleischtheke bei EDEKA nicht zu ordern sind. Das tun die Mädels zwar heute immer noch, jedoch mit viel mehr Stil und unter dem Schutz von Harry Dorfmeister. Genau genommen bietet der geniale Raffzahn sogar doppelten Schutz (ähnlich der Allianz, die auch jemandem gleichzeitig eine Lebens- und eine Sterbeversicherung andrehen kann), da er die Meile der wagen Hoffnung mit gemusterten Sonnen-/Regenschirme (je nach Wetterlage) ausgestattet hat und dafür natürlich auch Standmiete verlangt - quasi im doppelten Sinn.

Ja, und heute ist es mal wieder soweit. Wir sehen Harry Dorfmeister, wie er sich mit seinem nagelneuen Schnellboot flussaufwärts seiner Siedlung nähert.

Es ist Zahltag für Harry Dorfmeister


Der Titel des heute vorgestellten Buches weist meiner Ansicht nach eine kleine Irritation auf,
da der Autor sich nicht um das Leben einer einzigen Frau kümmert (hineinversetzt), sondern
sich gleich um 10 Damen kümmert, von denen uns die eine oder andere bekannt vorkommen dürfte.

Der Autor:

Feridun Zaimoglu

Feridun Zaimoglu wurde am 4. Dezember 1964 in Bolu, Türkei geboren und ist in Berlin und München aufgewachsen und lebt seit 1985 in Kiel. Das Studium der Medizin und der Kunst begann er ohne es abzuschließen und arbeitet seither als freier Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist. So schreibt er u.a. für die Welt, die Frankfurter Rundschau, das Zeit-Magazin und FAZ. Viele seiner Romane haben den Weg ins Theater geschafft, die Drehbücher schreibt er meist mit seinem Co-Autoren Günter Senkel. Für mehr als ein Dutzend Veröffentlichung erhielt er ebenso viele Auszeichnungen, u.a. den Friedrich-Hebbel-Preis, den Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein und den Preis der Jury beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt.

Das Buch:

Die Geschichte der Frau

Zehn Geschichten und zehn Blickwinkel auf zehn Frauen. Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu erzählt aus der weiblichen Perspektive.
Was ging in Valerie Solanas vor, als sie 1968 auf Andy Warhol schoss? Warum ist es so schwer, die Ehefrau von Judas zu sein oder was denkt eine Migrantin im West- Berlin der 1960-er Jahre? Der Schriftsteller Ferdidun Zaimoglu rollt die Weltgeschichte auf und taucht dabei in das Leben seiner weiblichen Protagonistinnen ein. So wie Antigone sind Zaimoglus Figuren entweder mythologische, biblische oder sagenumwobene Figuren - wie etwa die Dichtermuse Lore Lay, die es satt hat, von allen Männern als seichtes Persönchen angesehen zu werden.
Insgesamt zehn Frauen erzählen ihre Sicht auf die Dinge, eröffnen wie die Frau Moses eine andere Perspektive auf Geschichten, die meistens nur aus einer männlicher Perspektive heraus verfasst und so im kollektiven Gedächtnis haften geblieben sind. Der mehrfach preisgekrönte Schriftsteller Feridun Zaimoglu schreibt der Sprache wegen. Er kann meisterhaft Worte ineinander setzen, auch in unorthodoxer Reihenfolge, die einen gewaltigen Erzählrhythmus entfachen. Dass er in seinem neuen Roman, der sich aus dicht gewobenen Erzählungen zu einem Ganzen fügt, aus weiblicher Perspektive schreibt, ist kein Fehlgriff.



Mit dem Namen Dominic Miller wird wohl kaum einer so richtig was anfangen können, dabei handelt es sich um einen der begehrtesten Studiomusikern überhaupt. Sting hat so gut wie kein Album auf den Markt gebracht, auf dem Dominic Miller nicht für die Gitarre zuständig war.
Es ist wohl auch eher den Arrangements dieses außergewöhnlichen Musikers zuzuschreiben, dass eine musikalische Null wie Phil Collins überhaupt Erfolg haben konnte.
Doch all diese Arbeiten lässt er mit Absinth vergessen. Kein Pop, kein wirklicher Jazz, sondern einfach nur richtig gute Kompositionen prägen dieses Album.
Kopfhörer überstülpen und nur noch genießen!

Dominic Miller - Absinthe



Bei Rogers handelt es sich um eine deutsche (Düsseldorf) Punk-Rock-Band, die sich eigentlich nur ungern in der Punk-Ecke wiederfinden möchte. Was die Gruppe tatsächlich von klassischen Punk-Bands unterscheidet ist die Musikalität und die vielleicht nicht ganz so radikalen Texte, was jedoch das soziale Engagement der Gruppe keineswegs schmälern soll.

Rogers - Mittelfinger für immer

Was mir sonst noch auffiel:

Bevor ich mich dem eigentlichen Geschehen, wie es sich diese Woche vor meiner Haustür zutrug, zuwende, bedarf es möglicherweise einiger Erklärungen, damit das Folgende besser eingeordnet werden kann.
Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass ich mich mit zwei Dingen definitiv überhaupt nicht auskenne, als da wären Computerspiele und Kryptowährungen. Dann gibt es da noch etwas, was mich zwar von Zeit zu Zeit interessiert - aber auch keinen Deut mehr. Die Rede ist von einem, genauer gesagt, von meinem Auto. Ich habe mich inzwischen damit abgefunden, so dein motorisiertes Blechteil mein Eigen nennen zu müssen, da ich auf einem Fleck wohne, wo sich Igel und Hase eine gute Nacht wünschen und der nächste Laden mit Haribo-Goldbären sich nicht näher als 7 Kilometer an die Redaktion herantraut. Außerdem weigert sich der Notarzt beharrlich meiner Bitte nachzukommen, falls er mal zufällig in die Nachbarschaft gerufen wird, mir (weil es in einem Rutsch gehen würde) ein paar Kleinigkeiten wie Zahnpasta oder Klopapier mitzubringen.

Das Ding auf vier Rädern, das augenblicklich vor der Haustür parkt, feierte kürzlich seinen 14 Geburtstag, bekam auch zu diesem Anlass (und weil der TÜV es so wollte) vier neue Reifen geschenkt und zeichnet sich dadurch aus, dass es nie geputzt wird (was jedoch einen hohen Wiedererkennungswert garantiert). Zu sagen haben wir uns nicht viel und so steht das Auto auch die meiste Zeit nur nutzlos rum und schaut sich selbst beim Wertverlust zu. Ab und an spendiere ich eine Tankfüllung und danach schauen wir uns gemeinsam ein paar Straßen und Ampeln in Zagreb oder Karlovac an. Nichts besonders Aufregendes aber was will man für ein paar Liter Benzin auch verlangen? Abgeschlossen wird das Teil nie, da ich fest davon überzeugt war (bin), wenn jemand unbedingt seinen Rüssel in den Innenraum strecken möchte, er mir nur vorher noch die Schlösser kaputtmachen würde - und wer freut sich schon über so eine Bescherung?

Was geschah nun diese Woche?
Es war so ungefähr 03:45 Uhr, ich lag wach im Bett und machte mir Gedanken darüber, ob ich bei meinem Europa-Abgeordneten eine einheitliche Handhabung in der Kommasetzung einfordern sollte, als plötzlich ganz in der Nähe des Redaktionsgebäudes ein Auto gestartet wurde. Alle europäischen Kommata fielen mit einem Schlag unters Bett und vor meinem inneren Auge öffnete sich der Katalog mit den Fragen, auf die ich nie eine Antwort finde.
Da es im Dorf nur 4 Autos und 6 Traktoren gibt, drängte sich die erste Frage regelrecht auf:
Wen treibt es um diese Uhrzeit wo hin? Doch gleich erreichte mich die Erkenntnis, wie sinnlos es ist, sich darüber das Hirn zu zerbrechen, da das besagte Startgeräusch ja quasi aus meinem Hof in das Schlafzimmer drang und dort parkt nachts immer nur ein ganz bestimmtes Auto.

Nachdem ich diese Tatsache einigermaßen verdaut und in meinem Kopfchaos einsortiert hatte, warf ich einen Blick auf Frage Nr.2. Wer ist bloß so bescheuert und klaut so ein Auto? Ich war noch nicht ganz fertig mit dem Lesen, drängte sich Nr.3 in den Vordergrund. Wenn dir jetzt wirklich jemand das Auto geklaut hat, wie kommst du dann an die Goldbären?
Ich war mir absolut sicher, dass zu diesem Zeitpunkt die ersten Vorboten hinterlistiger, nervender Panikattacken bereits auf meinem Kopfkissen den Startschuss erwarteten. Dem versuchte ich möglichst gelassen gegenzusteuern, indem ich mir den Lump vorzustellen versuchte, der mir so etwas anzutun wagt. Nur ein Volldepp kann auf so eine Idee kommen, wenn 200 Meter weiter ein auf Hochglanz polierter Audi A4 fahrbereit steht. Doch dann ging mir das Licht auf, das besser vor dem Haus geleuchtet hätte.

Dazu sei erklärt, dass unsere Dorfverwaltung bezüglich der Straßenbeleuchtung eine etwas kuriose Reglung getroffen hat. Einig war man sich darüber, zu einer Zeit, in der sowieso niemand irgendwohin fährt, braucht es auch kein Licht. Erst wenn der Dorfmetzger zur Arbeit fährt (und das ist meist so um 06:30 Uhr) werden die Lampen aktiviert. Da spielt es keine Rolle, dass um die Zeit der helllichte Tag bereits die Regie übernommen hat. Demnach kann es nur so gewesen sein, dass der elende Dieb nicht erkennen konnte, in welche üble Karre er sich da gesetzt hatte. Hauptsache das Ding stand offen, verfügt weder über eine funktionierende Alarmanlage, noch eine halbwegs wirksame Wegfahrsperre. Vielleicht hätte ich doch besser absperren sollen oder zumindest eine Notbeleuchtung im Innenraum installieren. Ein Blick in die Karre hinein hätte jeden seriösen Dieb das geplante Vorhaben abbrechen lassen.

Frage Nr.4 war nicht mehr zu umgehen: Wäre es nicht langsam an der Zeit aufzustehen und einfach nachzuschauen, was sich abgespielt hat? Endlich eine Frage, auf die ich auch die Antwort parat hatte. Bevor ich in die Klamotten sprang, wagte ich einen Blick aus dem Fenster. Doch war außer der Finsternis, die sich dort sichtlich wohl zu fühlen schien, nichts zu erkennen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Treppe an den Redaktionsräumen vorbei hinunter in den Hof zu stolpern und nach der Taschenlampe zu suchen, die ich (wie sollte es auch anders sein) natürlich nicht fand. Dafür aber fand mich Herr Klobber (mein Kater), der mein frühes Auftauchen sofort mit seinem Futternapf in Verbindung brachte. Dementsprechend auch das bettelnde Gejammer. In Augenblick konnte er mich jedoch nicht erweichen. Zu groß war meine Enttäuschung darüber, wie grandios Herr Klobber in seiner Rolle als Wachhund gescheitert war. So empfahl ich ihm sich mal ganz vorsichtig auf eine ausgedehnte Fastenzeit einzustellen.

Keine Taschenlampe, noch nicht einmal ein Streichholz, das die Leerstelle hätte erleuchten können. Vielleicht hatte der Dieb ja zumindest den Verbandskasten und das Warndreieck zurückgelassen. Aber plötzlich fand wieder das zu mir zurück, was sich so liebend gerne in meiner Nähe aufhält - die Genialität. Ein Griff an die Garderobenleiste und schon hatte ich den Zündschlüssel in der Hand. Wenn der Dieb es sich hinter der Kurve doch noch anders überlegt haben sollte oder die Innenbeleuchtung eingeschaltet hatte, könnte irgendwas passieren. Was genau das sein sollte, war mir zwar auch nicht klar, doch zumindest die Hoffnung hielt sich wacker.
Ich betätigte den Knopf der Fernbedienung.
Keine fünf Meter von mir entfernt blinkten vier gelbe Leuchten auf. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Der Schrott hatte doch tatsächlich überlebt, also um Haaresbreite eine Entführung entgangen! Aber wer zum Teufel ist dann so früh durch das Dorf gedüst?

Um die Zeit zu überbrücken bis ich den Metzger auf seinem Weg abpassen konntenn, um der Angelegenheit auf den Grund zu gehen, brühte ich mir den Kaffee auf. Doch vorher erfolgte die Entschuldigung bei Herrn Klobber in Form von Rindfleisch mit Huhn.

Aber, und das sollte nicht zu kurz kommen, es hätte ja durchaus anders ausgehen können. Zum Beispiel, dass sich das Verbrechen ins Dorf wagt. Zum Glück war ich jedoch bereits wach, denn was wäre passiert, wenn ich das Starten des Motors nicht gehört hätte? Ich will es mir überhaupt nicht vorstellen …

Bis demnächst,

der Chefredakteur

Design: @altobee

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Alte Ausgaben des Wochenrückblickes liegen hier: #wochenrueckblick
BRenNgLAS

Impressum:

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Hallo Wolfram,

tja, man muss nur Geschäftsideen haben wie der Herr Dorfmeister. Schon biste fein raus, vermutlich ohne die nötigen Gesetzeslücken selbst aufzuspüren. Solche Leute kennen immer jemanden, der jemanden kennt. Mir stellt sich nun die Frage, ob es grundsätzlich die Arschlöcher sind, die die besten Einfälle habe, oder ob ihre Einfälle sie zu solchen machen. Doch eigentlich ist es mir egal. Das bisschen Silikon, das ich ab und zu zum Kitten manch undichter Stellen im Alltag benötige, kann ich mir auch so leisten.

Schön, dass du mit Feridun Zaimoglu quasi wieder einen Nachbarn von mir vorstellst. Ist mir zwar etwas unangenehm, dass ich die von dir angeratenen Werke meist nicht gelesen habe, dennoch reicht mit die Genugtuung, dass wir Nordlichter augenscheinlich die besten Autoren unter uns wähnen dürfen.

Wie jetzt? Alte Karre? Kein 911er Porsche? Wo ist was falsch gelaufen?
Ein Glück, dass der Wagen immerhin schon über so einen Fernbedienungsschlüssel verfügt, sonst wärst du im Dunkeln vielleicht noch in deinen Brexit-Kanal auf dem Parkplatz gefallen. Ich bewundere, wie du bereits zu so früher Stunde in rasanter Geschwindigkeit deine Geistesblitze umsetzt... Doch bald der Porsche?! Zwinkersmiley
Bei Bedarf tausche ich gern Klobber gegen Yoda. Dann hast du deinen Wachhund. Die schlägt nachts jetzt nämlich alle halbe Stunde an, vermutlich, weil sie in ihrer Alterssenilität Gespenster sieht. Naja, lieber dem Verbrechen einmal zu viel auf der Spur, als einmal zu wenig... seufz

Liebe Grüße,
Christiane

Hallo Christiane,

vollkommen ungeachtet dessen, welchen Groll du gegen Harry Dorfmeister hegst (möglicherweise weil du noch immer auf das Silikon aus dem Baumarkt angewiesen bist), du solltest trotzdem diesen Kapital-Phönix den Respekt entgegenbringen, der ihm zusteht. Harry ist kein gewöhnliches Arschloch, wie es regelmäßig in Unterhosen anzutreffen ist. Der Mann ist ein umgängliches, selbstherrliches Vollarschloch. Solche Titel bekommst du nicht mit dem Kauf einer Rolle Klopapier, nein dafür musst du dir richtig den Arsch aufreißen!
Bei Jutta wurden, nur ganz nebenbei bemerkt, auch nur undichte Stellen aufsilikonisiert.

Was den Porsche 911 betrifft, den habe ich bereits vor Jahren Ferdinand Piëch zurück vor die Tür gespuckt, da ich in der Karre noch nicht einmal 2 Kasten Mineralwasser und 4 Säcke Humus unterbringen kann. Ein Auto ist erst ein Auto, wenn auch eine Schubkarre drin Platz hat.

Dass Herr Klobber nun wirklich nicht als Wachhund taugt, das weiß wohl auch das ganze Dorf. Aber soll ich der armen Sau jetzt in den Rücken fallen und ihm Yoda an die Seite stellen? Antidepressiva sind auch nicht umsonst zu haben.
Yoda sieht übrigens keine Gespenster. Ihr solltet vielleicht einfach die Tapete wechseln!

Ich lach' mich schräg
Wolfram

Was meinst du denn, was wir für Tapeten haben? Bewegliche Katzen-Gifs?!
Herr Klobber käme doch im Austausch her. Da hätte er ja nur noch Nuka an der Seite - die hat die Ruhe weg.

Das Lachen stellt keine Gefahr dar - bist ohnehin ein schräger Vogel... ;-)

LG, Chriddi

Braucht es da die Katzentapete? Auch die eierschalenfarbene Raufaser kann mit den Jahren wirr machen.
Die Nähe zu Nuka, das würde dem Klobber voll ins Programm passen. Zusammen auf Tour, dicke Arme bei den Weibern machen und im Ernstfall auf die Hilfe der Leibwächterin hoffen. Doch wie ich Nuka kenne, würde ich mich an des Katers Stelle darauf nicht verlassen.
Den schrägen Vogel, den nehme ich mir als Kompliment mit.

Liebe Grüße
Wolfram

Pass auf, dass die Komplimentenschublade nicht überquillt, dann findste am Ende nichts wieder und musst dich letztlich mit "locker und nett" begnügen 😂

Danke für deinen Wochenrückblick (und deine Teilnahme an den Fotogedanken natürlich, die ich ja bereits Dank Vorankündigung heiß ersehnt habe). Da mir langsam die Worte ausgehen, deinen so speziell-amüsanten-Wortspielschreibstil zu loben, zitiere ich einfach den viel geschätzten Autor W. 74 Leinenweber:

Aber plötzlich fand wieder das zu mir zurück, was sich so liebend gerne in meiner Nähe aufhält - die Genialität.

Wie schön! Damit es nicht als Eigenlob fehlinterpretiert wird, erkläre ich hiermit ausdrücklich, dass ich keine besseren Worte gefunden hätte. LG Kadna

Lass uns einfach die Herumtreiberin (auch Genialität genannt) so gut bei Laune halten, dass sie uns auch weiterhin abwechselnd zur Verfügung stehen kann und möchte.
Mit solchen Aussichten lässt sich der Einstieg in jeden neuen Tag viel besser bewerkstelligen.

Liebe Grüße
Wolfram

Geschwächt von einem langen Arbeitstag, nahm ich mir noch das Brennglas als Nachtlektüre, vorm Schlafen gehen vor.
Blöderweise bin ich nach dem lesen plötzlich putzmunter, heilfroh das mir bei der Party Gesellschaft die ich heute betreute, keine Typen vom Schlage Harry Dorfmeister über den Weg rannten, überrascht der ungewohnten Klänge ROGERS und höchst amüsiert über dein Abenteuer in der Dunkelheit, hatte ich doch vor Jahren auch ähnliches erlebt.
Nur mein Auto war weg, fand sich nach zwei Tagen aber wieder ganz von alleine ein.
Da mach ich auch mal ´ne Geschichte draus. 😎

Grüße und Dank, für deine gewohnte Spitzen Unterhaltung zum Sonntag.

Schüttel den Stress des Alltags ab und ran an den Griffel, da die Auto-Story nach Unterhaltung der feinen Art klingt.
Mein Auto, bei Tageslicht betrachtet, hätte der Dieb garantiert nach wenigen Stunden freiwillig zurückgebracht!

Bis die Tage
Wolfram

Mein Auto, bei Tageslicht betrachtet, hätte der Dieb garantiert nach wenigen Stunden freiwillig zurückgebracht!

Verdammt, damit hast du praktisch fast das Ende meiner geplanten Geschichte gespoilert, oder sagt man verraten? 😎

Einfach nur mit dem Schwamm drüber!
Oder - ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil.
Glaubt mir zwar keiner aber einen Versuch war es wert.

Lieber Chefredakteur, wieder eine gelungene Ausgabe des Brennglas. Klasse die Geschichte des Herrn Dorfmeister. Schönen Sonntag noch. Alexa

Hallo Alexa,

daraus folgere ich, dass ich für Unterhaltung gesorgt habe.
Unternehmen Wochenrückblick gelungen!

Grüße
Wolfram

Eigentlich wollte ich nur ganz kurz hier reinschauen, upvoten und dir einen Guten Morgen wünschen und einen Gruß an Seka schicken...

Jedoch war insbesondere deine nächtliche Auto-Nummer so erheiternd, dass sogar @foxglovestrat jetzt verspätet ins Büro gegangen ist :-) Wir haben uns festgelesen - voller Genuss!

Damit Genuss auch in Form von Gaumenfreude gesichert bleibt, sag ich hier erst mal over and out (bis heute Abend) und widme mich den Tomaten, Paprika, Chili etc. Die möchten pikiert werden :-)

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