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RE: Das Leben der Bauern im Mittelalter

in #de-stem6 years ago (edited)

lieber @vladimir-simovic - ergänzend und teils auch richtigstellend dazu:

der hufner (auch hüfner) wurde darum so genannt, weil er 1 hufe landes besaß. das war eine einheit, die eine festgelegte größe landes beschrieb. eine hufe sicherte die versorgung genau einer familie. diese art bauern, sogenannte vollbauern, waren sehr angesehen im dorf. höher jedoch stand der dorfschulze! er hatte mehrere hufen landes, also das größte gut. seine funktion ging in die eines kleinen bürgermeisters über. der schulze durfte streit schlichten, kleine delikte ahnden und richten. er war gegenüber der herrschaft von allen hand- und spanndiensten (bei dir frohnarbeit genannt) befreit. darüber hinaus und kaum bekannt: er war derjenige, bei dem die lehnsherren unterkunft und verpflegung bekamen, wenn sie sich im dorf aufhielten.

ursprünglich waren schulzen sogenannte lokatoren. ein landesherr erwählte einen bauern und entsandte ihn auf eine flur, auf dem der herr ein dorf zu gründen gewillt war. der lokator bekam die aufgabe, andere bauern hinzuzuziehen, die zur verfügung stehende landmasse aufzuteilen und zuzuweisen. ihm selbst wurde dafür im schnitt die etwa 3-4 fache hufenanzahl zugestanden. der schulze war so von beginn an der reichste bauer im dorf. es wundert darum nicht, das seine familie am besten gedieh und heute der name schulze zu den am häufigsten vorkommenden in deutschland gehört.

das die landesherren die altersversorgung sicherstellten, ist nicht korrekt, bzw. kann nur in ausnahmen so gehandhabt worden sein. richtig ist, das die familienangehörigen die alten zu versorgen hatten. ihnen war lebenslanges wohnrecht auf dem hof zugesichert, die versorgung mit lebensmitteln seitens der nachkommen und nicht selten ließen sie sich via erbrezeß vom hofnachfolger kleine grundstücke zuteilen, die sie als garten nutzten.

noch eine weitere anmerkung. leibeigener und höriger hatten beide schollenpflicht! nicht nur der hörige. das bedeutete für beide, das ein sohn den hof übernehmen musste. die übergabe wurde beim lehnsherren angefragt. ein formaler vorgang.

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Lieber @pawos,

vielen Dank für die Ergänzungen und Richtigstellungen. Werde so schnell wie möglich schauen, wie ich das im Artikel einbaue.

dein artikel ist gut, lieber Vlad! ich halte eine bearbeitung nicht zwingend für notwendig. es ist ein tolles thema, über das man sich gut via comments austauschen kann. innerhalb der hierarchie eines dorfes stand niemand über dem schulzen. auch die freibauern mussten seinen weisungen folgen. zum amt des schulzen zitiere ich einen auszug aus dem nicht öffentlich oder im internet zugänglichen aufsatz "Die Lehnschulzen" von Dr. J. Schulze, Berlin 1926:

Der Schulze oder Schultheiß, niederdeutsch Schulte, (d.h. der Mann, der das Recht heißt), hatte als vornehmliches Recht die Überwachung der Flurordnung und Leitung des Dorfgerichts, vor dem alle leichteren Vergehen der Dorfbewohner, mit Ausnahme des Pfarrers und Ritters, ihre Ahndung fanden. Er nahm gegenüber den Bauern eine stark bevorzugte Stellung ein. Sein Besitz (meist vier Hufen) war ganz oder zum Teil zinsfrei, während der Bauer für das ihm zu erblichem Eigentum überlassene Land einen jährlichen Zins zu zahlen hatte und zu bestimmten öffentlichen Dienstleistungen und Spann- und Handdiensten verpflichtet war. Außer diesem Schulzengut waren dem Schulzen in der Regel noch verschiedene Vorrechte, wie Fischereigerechtigkeiten, Schäfereirechte, das Anrecht auf den Mist der Hirtenställe, Abgaben vom Ausschank des Dorfkruges (Fatelkanne), Holzrechte, Weiderechte, Zollfreiheit und dergleichen vom Markgrafen verliehen. Eine erhebliche Einnahme besaß er auch in einem Anteil (1/3) an den Strafgeldern des Dorfgerichts, das er mit Unterstützung der Dorfschöffen abhielt.
Schulzengut und Schulzenamt waren nicht freies erbliches Eigentum des Inhabers, sondern ein Lehen des Landesherrn – daher die Bezeichnung Lehnschulze. Ein besonderes Treuverhältnis bestand zwischen dem Lehnsmann und seinem Herrn, das jedesmal sowohl bei dem Tode des Herrn, wie bei dem eines Lehnsinhabers erneuert werden mußte. Nach erfolgtem Treuschwur, der ursprünglich dem Landesherren persönlich, später von den Schulzen meist bei dem zuständigen Amte geleistet und durch Unterschreiben eines Eidesformulars bekräftigt wurde, empfing der Lehnsmann die erneute Belehnung mit seinem Amt und Gute für sich und seine männlichen Erben.

Die Schulzengüter waren Mannlehen, d.h. nur ein Sohn besaß den Anspruch auf weitere Belehnung, Töchter und deren Nachkommen blieben unberücksichtigt. In der Regel gingen die Schulzenlehen nach altem märkischen Brauch auf den jüngsten Sohn über, doch findet sich gelegentlich auch das Vorrecht des älteren Sohnes oder das Recht des Lehnsherrn unter den Söhnen zu wählen. Wurden bei der Belehnung mit Ritterlehen auch die männlichen Seitenlinien der früheren Besitzer (die gesamte Hand) als Anspruchsberechtigte einbegriffen, so war dies bei den Schulzenlehen nicht der Fall. Brudersöhne hatten keinen Erbanspruch mehr. Starb der Schulze ohne männliche Nachkommen, so fiel das Gut und das damit verknüpfte Amt an den Lehnsherrn zurück, der es alsdann nach seinem Belieben an einen anderen verleihen konnte. Den Töchtern blieb nur der bewegliche Besitz des Vaters. Stand die Erledigung eines solchen Schulzenlehens in Aussicht, so pflegten sich bald Interessenten beim Landesherrn um die Anwartschaft für den Todesfall des Inhabers zu bewerben.

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