Der Drachenlord und die Ereignisse der letzten Tage

in #deutsch6 years ago

https---i.ytimg.com-vi-vI28-C9YoME-maxresdefault.jpgÜber den Drachenlord (mit bürgerlichem Namen Rainer Winkler) wird derzeit, aufgrund der Vorkommnisse vom 20.08.2018 um Altschauerberg, einem kleinen Mittelfränkischen Dorf an der Aurach viel berichtet – ja, selbst in die Bildzeitung hat er es geschafft.

Kurz erklärt ist Rainer Winkler ein 29-jähriger Mann, der seit mehreren Jahren schon Videos rund um die Themen Lets-Play (das Spielen und Kommentieren von Spielen) und zum Metal macht. Dabei arbeitet er mehr und mehr auf der Steamingplattform YouNow und hat sich über die Jahre hin mehr und mehr Kritiker zugezogen, die ihn aus unterschiedlichsten Motiven heraus verachten oder lediglich necken. Laut eigenen Angaben hat er keinen Schulabschluss und war auch zu Beginn seiner Tätigkeit im Internet nach einiger Zeit in Leiharbeitsfirmen arbeitslos. Auf der einen Seite gäbe es da eine hassende Gruppe, die sich gegen ihn verschworen habe, weil er so „dick“ sei (Panorama), auf der anderen Seite wird er zum Monster hochstilisiert, das alle Welt durch seine schlimmen Äußerungen in seinen Videos animiere, sich gegen ihn aufzulehnen. Doch scheinen mir beide Ansichten sehr verkürzt, denn es gibt definitiv vergleichbare Personen, die vom Gegenteil überzeugen könnten. Somit könnten sich die derzeit in den Leitmedien befindlichen Darstellungen als zu verkürzt bezeichnen lassen – selbst für einen dreiminütigen Einspieler. Zum Einen ist er nicht die einzige beleibtere Person, die im Internet Videos macht, hier sei schon ein Streamer namens EXSL95 genannt. Dieser hat natürlich auch mit Anfeindungen zutun, kann sich allerdings im Gegensatz zum Herrn Winkler, indem er sein Übergewicht durchgehend humoristisch nutzt, dagegen gut wehren, während zweiterer wie auch sonst auf jede Form der Herabsetzung im Netz häufig mit Wutausbrüchen reagierte.

Winkler ist dabei recht selten in der Öffentlichkeit mit Menschen anzutreffen, während andere sich ihr soziales Umfeld gewahrt haben, sich sogar mit anderen Bekannten öffentlich treffen. Dabei muten seine häufigen Streamingsitzungen an, als wolle er gerne den Entertainer spielen, nur fällt seine Reaktion auf sein Publikum teilweise recht harsch aus und auf leichte Sticheleien reagiert der Lord dann oftmals mit Beleidigungen. Oft zum Vorwurf gemacht wird ihm, dass er einen Aufruf ins Internet gestellt hat, indem er seine „Hater“ dazu aufrief, sich mit ihm zu prügeln, anstatt sein Umfeld zu belästigen, nachdem seine Schwester mittels einer Computerstimme am Telefon bedroht wurde. Nein, kennt man das, was „das Internet“ „waffenfähigen Autismus“ nennt, sollte recht schnell klar sein, dass sich dort viele Menschen tummeln, die in der Lage sind, durch kleinste Details, die sich z.B. aufgrund eines Blickes aus dem Fenster ergeben, eine Adresse ausfindig zu machen. Auch ein Posterverkauf auf seinem Hof alleine ist kein Grund für etwaigen Vandalismus an seinem Grundstück und Angriffe auf seine Person. Auch zeigt sich, dass Übergriffe nicht unbedingt etwas mit seinem Wirken persönlich zutun haben müssen.

Aber nun zum groben chronologischen Ablauf, wie er sich mir ergab: Zunächst stellte Winkler Videos ins Netz, in denen er tanzte, headbangte und mit seinem mittelalterlichen Schwert posierte. Allerdings begann er dann einzelne Subgenres des Metals zu besprechen, wobei er sich stur an Erklärungen aus der Enzyklopädie Wikipedia hielt, mit all den Schwächen – man merkte ihm an, dass er nicht unbedingt über alle diese Dinge Bescheid wusste, woraufhin ihn einzelne Metaller aus jenen Genres anfingen recht schroff zu kritisieren. Man begann sich über ihn lustig zu machen, über ihn, der wohl keine Ahnung von dem hatte, wovon er sprach und gab sich hin zu Beleidigungen, auf die er zuverlässig gereizt reagierte. Auch bot er recht viel Angriffsfläche, als er begann, über seine sexuellen Vorlieben zu sprechen.

Der häufige Vorwurf, er neige zur Sodomie, ist wohl eher aus einer ironischen Äußerung entstanden. Diese ließ sich aber scheinbar recht gut erhalten, da er sich auch mit dieser zuverlässig triggern ließ und so wurden auch all diese pikanteren Einblicke in sein Leben gerne zum Anlass für Hänseleien genommen. Er selbst setzte allerdings auch einen drauf, indem er begann, über den Beischlaf mit Frauen zu referieren, den er mit nunmehr 20 Lebensjahren laut eigener Aussage noch nicht vollzogen hatte. Dem einen passiert ess früher, dem anderen später, belehren wollte er scheinbar trotzdem.

Einer weiteren Bloßstellung stand auch nicht viel im Wege, da er offenbar mehreren Frauen, denen er schrieb, recht schnell Bilder seines Genitals zusendete, welcher als „glühender Späher“ im Internet veröffentlicht in das tragische Drachenepos einging. Einer der Höhepunkte ergab sich jedoch am sogenannten „Mettwoch“, einem Mittwoch, an dem er einer Frau in einem Livestream einen Heiratsantrag machte. Diese hatte er laut Angaben zwei Wochen zuvor im Netz kennengelernt und diese anschließend wohl bittend in diesen Stream gedrängt. Es endete mit einer Absage und dem Auftauchen zweier „Hater“, welche ihn daraufhin mit Beleidigungen überhäuften. War der Heiratsantrag ernst gemeint und stimmen die Aussagen über jene Frau von Seiten des Charakters Dorian der Übermensch, sie habe ihn zuvor mehrmals versucht schriftlich zu bremsen, spricht aus dieser Aktion ein riesen Haufen Naivität. Mehrere Erotikgeschichten, wie „Sex im Mittelalter“ und „Die Antwort auf die Träume“ versorgten dabei das „Drachen-Game“ mit weiteren Floskeln.

Alleine von seinen Videos schien er aber nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, auch wenn er gerne behauptete, „wahrscheinlich viel mehr als seine Hater zu verdienen“, insbesondere, da er offenkundig hohe Stromschulden hatte und ihm deshalb für viele Wochen der Strom abgeschaltet wurde. Fast tägliche Streams, in denen er Spenden von seinen Unterstützern erhält, tragen offenbar zu einem Großteil seines Einkommens bei. Dass er währenddessen größtenteils auf einer Couch sitzt und über die Videoplattform „Youtube“ Musik abspielt sowie teils derbe Kommentare seiner Zuschauer vorliest und sich über diese beschwert und teils beleidigend reagiert, ruft wiederum seine Kritiker auf den Plan, die das nicht als ehrliche Arbeit ansehen mögen. Der Besuch seiner „Schanze“ und ein „Pilgerweg“ zu ihm sind seit dem Charakter „Regenbogenschaf“, einem Youtuber und Streamer bekannt. Er hatte es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht, Winkler mit penetrantem Ausmaß den Spiegel vor die Nase zu halten, indem er wiederum Kochvideos und andere Beiträge des Drachenlordes parodierte.

Zu seiner Zeit lief „Regenbogenschaf“ lediglich den Pfad entlang eines Baches, besuchte die nahegelegene Burgruine „Eppelein“, an der er einen Geocash versteckte und brachte ihm als „Gaben“ seine Lieblingsgetränke mit. Prompt reagierte Winkler auf diese Aktion genervt und so wurde eine neue Schwachstelle seinerseits entdeckt. Wohl auch nicht zu seiner Ruhe haben laut gerufene Aussagen geführt, dass man seine Macht zu spüren bekäme, mit Bezug darauf, er sei ein Drache. Der Versuch, ihm vorzuwerfen, er fände den Holocaust gut, ist dabei eher eine absurde Begründung für die Ablehnung, die ihm entgegenschlägt, denn er hat – so scheinen seine Reaktionen auf geschichtliche Anspielungen – eher eine mangelnde historische Aufklärung erlebt.

Dies sei „a richtig nice Sache“, ist wohl eher als Versuch zu sehen, mitsprechen zu können. Da wird er eher für eine solche Ignoranz gescholten. Es folgten mehrere weitere Besuche einzelner Akteure, die im Netz sehr positiv aufgenommen wurden. Als allerdings bekanntere Youtuber, wie z.B. „KuchenTV“ auf Winkler aufmerksam machten, spülte dies scheinbar mehr und mehr eventorientierte Jugendliche ins „Drachen-Game“, ein genauer Zeitpunkt, ab dem Gegenstände auf seinen Hof und Haus geschleudert wurden, erschließt sich mir dabei nicht. Nicht alle Besuche wurden dokumentiert und vieles wurde auch wieder gelöscht. Dabei zeigte sich Winkler allerdings jedes Mal leicht reizbar und ließ sich auf des Öfteren mal zu Handlungen wie diverser Angriffe und Abwehrversuche mittels Gegenständen wie Stangen, aber auch Reizgas motivieren. Dabei posiert er ebenfalls häufig mit Waffen und führt seine „Kampfsporterfahrungen“ an, was viele seiner Kritiker als Motivation sehen, ihm den Spiegel vor die Nase zu halten, indem sie von ihm einen Zweikampf fordern, der zumeist unter wüsten Beschimpfungen ausbleibt.

Mir erschließt es sich so, dass Winkler gerne ein bekannter Entertainer wäre, der für seine Fähigkeiten, wertgeschätzt durch Profession, seinen Lebensunterhalt bestreitet, zeigt sich allerdings zu ungeschickt im Umgang mit seinem Publikum und wird von diesem als Tanzbär aufgezogen. Hinzu kommt seine leichte Reizbarkeit und überzogen wirkenden Reaktionen von Beginn an, die ihn insbesondere zu einem potentiellen Opfer, aber auch Täter machen, was weitere „Hater-Aktionen“ gegen ihn leichter begründbar machen. Allerdings wird Winkler selbst wohl weniger als reale Gefahr angesehen, insbesondere da über seine Waffen meist bekannt ist, dass diese nicht Scharf und oft aus Plastik sind. Doch sein Protzen mit diesen scheint gerne zum Anlass genommen zu werden, ihm seine Wehrlosigkeit noch weiter unter die Nase zu reiben. Aufhören kommt für ihn scheinbar nicht in Frage und auch wenn er „sich bei Youtube gelöscht hat“ (um im Haterjargon zu verweilen) bleibt die Einnahmequelle des Streamens erhalten. Darüber hinaus dürfte es für einen stark übergewichtigen Mann mit Ende zwanzig zunehmend schwieriger werden, auf dem regulären Arbeitsmarkt noch einen Platz zu finden. Insbesondere nicht, wenn er so stark in der Öffentlichkeit steht und dabei laut eigenen Angaben unter Fußschmerzen leidet. Einfache Hilfsarbeiten sind oft nur mit hohem körperlichem Einsatz verbunden. Nun ist auch der Neid auf eine Person zu verstehen, die Ihr Geld quasi durch ledigliche Anwesenheit verdient und dabei sogar noch schroff mit den eigenen Zuschauern umgeht und ihnen etwas von seiner erfundenen Freundin erzählt (völlig ignorierend, dass er durch seine Zuschauer bestens überwacht scheint). Das „Drachen-Game“ selbst scheint festgefahren und ob ein kompletter Rücktritt aus dem Netz des Lords bevorsteht, scheint ungewiss. Wahrscheinlich ist Rainer W. gezwungen weiterzumachen.

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