Gedanken zu Minimalismus, Nachhaltigkeit und Fokus

in #deutsch6 years ago (edited)

Da ich seit einiger Zeit versuche darauf zu achten, weniger zu konsumieren und meine eigenen Besitztümer zu reduzieren (obwohl ich niemals komplett minimalistisch leben können werde), habe ich vorgestern mal einen Teil meines Schranks ausgemistet. Ausschlaggebend war zu einem Teil ein Gespräch mit meiner Mutter und meiner Großmutter, die mich beide zu Ostern mit etwas "weiblicheren" Kleidungsstücken eindecken wollten (ich honoriere den Versuch, obwohl ich im entsprechenden Moment nicht wirklich darüber erfreut war), bei dem ich sagte, dass ich teilweise noch Kleidung von vor über zehn Jahren in meinem Schrank liegen habe. Ihre Reaktion war stimmig: dann musst du mal aussortieren.

Fangen wir klein an: ja, ich muss mal aussortieren, aber nicht, weil ich die Klamotten von damals nicht mehr mag, sondern weil sie entweder mit der Zeit verschlissen/verblasst sind oder andere Mängel bekommen haben und ich andere Teile inzwischen einfach lieber trage. Ich mag meinen Stil, der zwischen business-leger (wenn es sowas gibt) und jugendlich schwankt (sonst hätte ich ihn ja nicht) und plane aktuell, noch mehr in Richtung nerdig zu investieren. Eine Cargohose mit Taschen an den Seiten fand ich schon immer cool, das wird also meine nächste Investition (und ich hasse es, Klamotten zu kaufen, also wird das meine erste Investition seit Wochen; normalerweise kaufe ich 2-3 Mal im Jahr neues Zeug, meist um meinen Stil besser zu definieren).

Zurück zum Thema. Ich entschied mich also, meine Klamotten zu prüfen, gegebenenfalls wegzulegen und später zu entscheiden, was ich damit tue. Angefangen habe ich mit meinen Oberteilen - also Shirts und Pullover. Ich habe ungefähr ein Drittel meiner Oberteile aussortiert und in einen Beutel gepackt - den Rest legte ich wieder zusammen und sortierte die Stapel zurück in den Schrank. Aber was tut man jetzt mit einem Beutel voller Kleidung, die man nicht mehr benötigt oder nicht mehr tragen will? Die einfachste Methode wäre, sie in einen der Kleidungscontainer zu werfen, die am Straßenrand stehen und dazu einladen, Bedürftigen zu helfen. Leider ist dies aber eigentlich keine Option für mich, da ich genug Reportagen gesehen habe, in denen aufgedeckt wurde, dass die Kleidung dort nach Qualität sortiert und anschließend nach zum Beispiel Afrika verkauft (!) wird, wo sie der armen Bevölkerung erneut zum Kauf angeboten wird. Deshalb scheidet diese Option für mich aus, denn ich will eigentlich wirklich helfen.

Eine Alternative ist also, sie in den Umsonstladen, der in meinem Wohnheim angeboten wird, zu geben. Dort werden Dinge angeboten, die Bewohner, die ausgezogen sind, nicht mehr benötigten. Darunter sind Bücher, elektrische Geräte wie Toaster oder Wasserkocher, vielleicht Nahrungsmittel, kleines Mobiliar und auch Kleidung. Das erscheint mir aktuell die beste Option zu sein.

Mein Exfreund hätte gesagt "bring die Sachen einfach weg, dann du bist sie los", aber ich weigere mich, nicht selbst zu entscheiden, ob ich damit dem Konsum und dem Kapitalismus in die Hände spiele. In diesem Zusammenhang musste ich bereits bevor ich diesen Text begann, also als ich die Idee entwickelte, an ein Video des Youtubers HandOfBlood denken. Darin geht es um einen Missstand, den er kritisieren möchte. Er hatte das Uploadverhalten anderer Nutzer bemängelt, weil diese schlechten, sich wiederholenden Content produzierten, darin ihre Follower belogen und betrogen und sich dessen nicht einmal schämten. Auf Twitter hatte er dann gepostet, dass er sich nicht mehr über diese Dinge aufregen wolle und bekam positives Feedback, wenn man so möchte, denn andere Nutzer der Plattform bekräftigten ihn: schau mehr auf dich selbst, kümmere dich um dein Leben, lass dich von anderen nicht runterziehen, lege mehr Wert auf deinen guten Content. Und hier kam seine Kritik: es ist nicht "gut", wenn man anderer Menschen Fehlverhalten nicht kritisiert und sich "nur um sich selbst kümmert", denn dann passieren diese Dinge weiterhin. Es wird weiterhin gelogen und/oder die jungen Menschen (die Follower) geradezu "ausgenommen". Und das kann es doch eigentlich nicht sein, wie man so schön sagt. Wenn wir alle in unserer Blase leben und so tun, als würde um uns herum nichts schief laufen, dann werden die Zustände nicht besser. Kritik üben ist nicht nur gut, weil wir unserem Ärger Luft machen, sondern auch, weil wir auf Missstände aufmerksam machen können und damit aktiv Menschen helfen.

Es ist mir eben nicht egal, was in der Welt vor sich geht, und deshalb spreche ich das aktiv an. Deshalb entscheide ich für mich selbst: iss weniger Fleisch, idealerweise nur noch gutes Fleisch, sortier deine Bücher und Klamotten nach dem, was du wirklich haben willst, lebe bewusster und genieße, was dir widerfährt. Aber damit will ich auch entscheiden: tu deiner unmittelbaren Umgebung etwas Gutes und hilf an Stellen, wo es wirklich nötig ist. Aus demselben Grund habe ich mich schon informiert, wie man der Tafel Hilfe zukommen lassen kann. Ich habe zwar sehr viel um die Ohren, aber sobald ich nicht mehr in den Gremien der Hochschule tätig bin, könnte das eine ehrenamtliche Arbeit sein, der ich mich widmen will, weil sie in meiner Umgebung wirklich helfen kann. Bis dahin arbeite ich in Gremien und verbessere die Situation neuer Studierender, sofern möglich. 

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Echt lesenswert.
Der selben Meinung bin ich auch.
Auch ich habe vor einigen Jahren meinen Schrankausgemisstet und musste mit erschrecken feststellen wieviele neue sachen noch vorhanden waren.

Hab alles schön zusammen gelegt und bin durch die Straßen gelaufen und hab mit einem der sich auf den Straßen auskannte Obdachlose zusammen getrommelt. Davor habe ich noch einige ehemalige DJ Kollegen zusammen getrommelt, damit auch diese sachen aus ihren Schränken ausmissten.
Wir hatten von allem etwas. Jacken, Pullover, Shirts, Hosen und Schuhe. Unterwäsche haben wir von unserem Geld gekauft. In allen gängigen Größen.
Jeder durfte sich das raus nehmen was er brauchte.
Danach haben wir noch mit einem Caterservice ein kleines Essen organiesiert.

Es war schön zu sehen, dass man etwas gutes tun konnte ohne die Medien aufmerksam zu machen.
Das machen wir jetzt jeden Winter, denn wir haben jedes Jahr soviel, dass wir eig. wegwerfen würden.
Also tun wir lieber was gutes!

Klasse Aktion! Danke für deinen Beitrag.

Du bist ne kluge junge Dame, schreiben kannst Du auch. Liest sich jedenfalls für mich sehr angenehm.
Mach mal das, was Du für richtig hältst. Die Einstellung zu den Sachen generell ändert sich im Laufe der Zeit bei klügeren Menschen öfter mal, aber das braucht Dich ja jetzt nicht zu kümmern :-)

Vielen Dank für das Lob. Freut mich, dass anderen meine Texte gefallen (:
Ich bin sehr gespannt, sollte ich meine Einstellung wieder ändern, was ja jederzeit passieren kann, inwiefern ich sie dann ändere.

Och Du, das weiß man vorher nicht. Beim einen ist es so, beim anderen so. Machen ist jedenfalls immer besser als nachdenken. Wenn man dann mal schön vor die Wand gefahren ist , dann steuert man halt um und sieht die Sachen anders als vorher.
:-) Oder auch nicht - dann ist man halt eher doof und am Schluss frustriert. Die Gefahr seh ich aber bei Dir nicht.
Ach so, noch was Praktisches. Setz am besten ein Bild rein, das wird dann einfach besser angenommen. U

Du meinst ein Bild in den Artikel?

Genau. Vielleicht auch noch 1-2 Absätze machen zur besseren Lesbarkeit, gut sind oft auch noch kleinere Zwischenüberschriften. Da gibt es Anleitungen hier, wie man das macht - musst mal suchen, habe das gerade nicht zur Hand.

Vielen Dank für die Tipps! (:

Weniger ist mehr!

Also weg mit den Sachen aus dem Schrank und weg mit dem Müll in unseren Köpfen. Dann ist wieder Platz für Neues.

Danke schön (:

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