1. Mai: ein Lied.

Den ersten Mai habe ich schon als Kind lustig gefunden. Den Tag der Arbeit an dem niemand arbeitet. Später habe ich mir dann die Geschichte der Arbeiterbewegung verinnerlicht. Wie heißt es so schön?

Wer mit 20 kein Sozialist ist, der hat kein Herz, wer mit 30...

Ein Zitat, das übrigens fälschlicherweise oft George Bernard Shaw zugeschrieben wird, seinen Ursprung aber in der französischen Revolution hat.
Wie dem auch sei, die 30 habe ich jetzt schon länger überschritten, und es fällt mir zunehmend schwerer, mich politisch einzuordnen. Parteipolitisch sowieso, da bin ich ein sehr volatiler Wechselwähler. Aber mit meinen Einstellungen passe ich einfach in keine der größeren idiologischen Richtungen. Schon klar, zu manchen ist die Distanz noch größer (Zwinker Zwinker in Richtung der rechtslibertären Kollegen hier). Aber Sozialist würde ich mich heute sicher auch nicht mehr nennen.

Was mir aber nach wie vor wichtig ist, ist Solidarität mit Schwächeren. Zumindest so lange, wie diese sich mir gegenüber auch anständig verhalten. Falsche Toleranz lege ich keine an den Tag, aber grundlose Hilfsverweigerung liegt mir ebenso fern.
Vielen Menschen geht es da anders. Es gibt sogar die besonders Lustigen, die tolerant und weltoffen erscheinen (wollen), dann aber den Nächsten lieber im Straßengraben liegen lassen, wenn's mal hart kommt.

Und ich glaube, genau denen hat der wunderbare Arik Brauer ein Lied geschrieben, das man auf jeden Fall zumindest einmal im Leben gehört und verstanden haben sollte. Es ist älter als ich, aber zeitlos aktuell.
Also, nur heute, für den 1. Mai: Das Köpferl im Sand:

P.S.: Wenn es Leute geben sollte, die mit dem Text Schwierigkeiten haben... Hier zum norddeutschen Mitlesen:

Das ist ein beinhartes Protestlied.
Allerdings richtet sich die Kritik nicht gegen eine bestimmte Gruppe,
sondern gegen Jederman der sich betroffen fühlt – auch gegen mich selbst.

Er hat ein kleines Häuschen in der grünen Au
Er hat nen guten Posten und ne dicke süße Frau
Er tut sich bei der Arbeit nicht die Händ' verstauchen
Er kann an jedem Sonntag ne Virginia rauchen
Da sagt er: Mir geht's gut. Auf die anderen hau ich den Hut drauf.

Da sagt er:
Hinter mir, vorder mir, links, rechts gilt's nicht
Ober mir, unter mir seh ich nichts
Spür nichts, hör nichts, und ich riech nichts
Denk ich nichts und red ich nichts und tu ich nichts
Wenn der Wind weht in die Gassen
Wenn der Wind weht am Land
Wenn der Wind weht da steckt er
Sein Köpferl in Sand

Da zeig ich ihm ne Stadt aus lauter Fetzen und Scherben
Einen Platz wo die Kranken im Rinnsal sterben
Gras in der Schüssel, im Gesicht die Fliegen
Die Kinder haben nen Wasserbauch und die Grätze am Hirn
Sie stinken wie der Mist, damit du das nicht vergisst!

Da sagt er:
Hinter mir, vorder mir, links, rechts gilt's nicht
Ober mir, unter mir seh ich nichts
Spür nichts, hör nichts, und ich riech nichts
Denk ich nichts und red ich nichts und tu ich nichts
Wenn der Wind weht in die Gassen
Wenn der Wind weht am Land
Wenn der Wind weht da steckt er
Sein Köpferl in den Sand

Ich kenn einen PIatz da traut sich keiner was sagen,
und rühren sie sich ein bisschen sind sie erwischt beim Kragen,
da holt die Polizei sie um vier in der Früh,
hinein ins Gefängnis, die Tür fest zu
Sie brechen ihnen die Hände, und treten sie in die Zähne

Da sagt er:
Hinter mir, vorder mir, links, rechts gilt's nicht
Ober mir, unter mir seh ich nichts
Spür nichts, hör nichts, und ich riech nichts
Denk ich nichts und red ich nichts und tu ich nichts
Wenn der Wind weht in die Gassen
Wenn der Wind weht am Land
Wenn der Wind weht da steckt er
Sein Köpferl in den Sand

Es pfeifen die Granaten, es donnert es kracht
sie sitzen in der Grube die ganze Nacht
sie schießen auf alles was sich rührt,
sie schießen bis das Gewehr glüht
Mutters Buben fallen um wie die Rüben

Da sagt er:
Hinter mir, vorder mir, links, rechts gilt's nicht
Ober mir, unter mir seh ich nichts
Spür nichts, hör nichts, und ich riech nichts
Denk ich nichts und red ich nichts und tu ich nichts
Wenn der Wind weht in die Gassen
Wenn der Wind weht am Land
Wenn der Wind weht da steckt er
Sein Köpferl in den Sand