Chinesische Zentralbank will eigene Kryptowährung herausgeben

China hat eine unbeständige Beziehung zu virtuellen Währungen. Viele Regierungen hadern mit der Zulassung von Kryptowährungen in ihrem Land, da sie ihnen nicht genügend Vorteile verschaffen, um die Kontrolle über das Finanzsystem zu behalten. Kryptowährungen wurden erfunden, um den Menschen wieder die Kontrolle über ihre Finanzen zurückzugeben, nicht den Regierungen. Dieses anarchistische Bekenntnis ist auch der kommunistischen Regierung in Peking wohlbekannt und ihr Verhalten in Vergangenheit darf daher nicht verwundern.

Ein Großteil der Bitcoin-Transaktionen fand früher in China statt, aber die Zentralbank des Landes hat den ihr angeschlossenen Finanzinstituten und deren Kunden bereits im Dezember 2013 verboten, Bitcoins als Zahlungsmittel zu nutzen. ICOs wurden 2017 verboten, und es wurde hart durchgegriffen, wenn es darum ging das Bitcoinmining zu unterbinden. Es gab jedoch jüngste Anzeichen dafür, dass das kommunistische Regime in seiner harten Haltung gegenüber Kryptowährungen nachgibt, und jetzt berichtet Reuters, dass die Nationalbank Chinas kurz davor steht, ihre eigene Kryptowährung herauszugeben.

Mu Changchun, stellvertretender Direktor der Zahlungsabwicklungs sprach auf einer Konferenz in der Provinz Heilongjiang. Während der Konferenz überraschte er mit der Aussage, dass die Zentralbank “fast bereit” sei, Chinas erste souveräne digitale Währung herauszugeben.

Das PBOC erforscht die Entwicklung einer eigenen Kryptowährung seit 2014, als sie ein eigenes Forschungsteam zusammenstellte. Das Ergebnis dieser Forschung soll nun fast einsatzbereit sein, da die Bank bald mit dem Vertrieb eines digitalen Tokens in einem zweistufigen System beginnen wird, bei dem die PBOC und die Geschäftsbanken die Herausgeber der Tokens sein werden.

Warum die Zentralbank jedoch auf die Blockchain setzt, bleibt vielen Experten schleierhaft, weil es im Prinzip keine öffentliche Chain ist und unter der Kontrolle der Zentralbank steht. Prinzipiell ist die Blockchain für diesen Token völlig unnötig. Möglicherweise wird sie nur zu Marketingzwecken aufgesetzt, um den Token auch als Devise an westliche Ausländer zu verkaufen bzw. ihn für den Außenhandel nutzbar zu machen.

Vor kurzem begannen die chinesischen Behörden, eine positivere Einstellung gegenüber Bitcoin und anderen Kryptowährungen als in der Vergangenheit zu zeigen. U. a. hat der Hangzhou Internet Court kürzlich entschieden, dass BTC tatsächlich eine Ware ist, die für den Handel verwendet werden kann. Das Gericht hat jedoch festgestellt, dass BTC “nicht den Rechtsstatus einer offiziellen Währung geniesst”.

Was sind also die Gründe für die Abkehr von der harten Linie gegen Bitcoin & Co.?

Ein Grund für den neuen souveränen digitalen Token könnte darin bestehen, die Kapitalflucht zu stoppen. Chinesische Bürger müssen seit des Verbotes von Kryptowährungen im eigenen Land in Offshore-Handelsplattformen flüchten. Die Beträge dürften bereits in die Milliarden gehen, was die chinesische Volkswirtschaft noch nicht treffen dürfte, weil die Summen schlichtweg zu klein sind.

Eine von der Zentralbank ausgegebene Krypto könnte dieses Kapital im Land halten – so die Hoffnung der Offiziellen – , denn die volle Kontrolle der Zentralbank ist gewiss. China verwendet bereits ein Social-Credit-System (Citizen Score), um das Verhalten seiner Bürger zu kontrollieren, so dass eine neue, zentralisierte Kryptowährung es der Regierung ermöglichen würde, diese in das Reputationssystem einzubauen und die Benutzung entsprechend mit einer höheren Punktevergabe zu belohnen.

Vielleicht spielt jedoch auch die Herausgabe von Facebooks Libra im Frühjahr 2020 eine große Rolle beim Launch der Zentralbankwährung. Libra kann auf Anhieb 2,5 Milliarden Menschen erreichen, was selbst für eine chinesische Zentralbank unmöglich erscheint. Möglicherweise treibt die Bankoffiziellen die Furcht um, Libra könnte ihnen die Kontrolle über die privaten Finanzen der Bürger streitig machen und in den Westen verlagern. Selbst ein Verbot von Libra in China – was sehr wahrscheinlich ist, wenn Facebook keine Zugeständnisse macht – würde den Erfolg nicht schmälern. Die Bürger haben die Möglichkeit Libra auch so zu nutzen, wie sie jetzt schon verbotene Kryptowährungen nutzen, über Offshore-Plattformen und VPN-Apps.