Orientierung in Zeiten der Verwirrung: Rational ist, was das Überleben ermöglicht

in #deutsch5 years ago
  1. Unsere Gesellschaft ist gespalten und orientierungslos. Jeder kennt heute die Trennlinien und deren plakative Beschreibung. Danach gibt es die Guten einerseits und die Menschenhasser andererseits, den Mainstream und die Rechten, beziehungsweise die sog. Populisten, die Weltoffenen und die Menschenfeinde, die Multikulti-Befürworter und die Nazis.
    Die Einen erhoffen sich durch die Globalisierung der Migrations-, Klima- und Gesellschaftspolitik die Erlösung von den Übeln der Gegenwart, die Anderen wollen die praktischen Probleme im nationalstaatlichen Rahmen gestalten und mit beeinflussen. Die eine Seite sieht den Kampf gegen Rechts als Voraussetzung für menschenwürdige Lösungen der Alltagsprobleme, die andere Seite beklagt, die Projekte der Regierungen und der Mainstream-Medien zerstörten unser Gemeinwesen.
    Die Akteure auf beiden Seiten sind von der Richtigkeit und der Moralität ihrer Weltsicht überzeugt. Daher sehen sie keine Basis mehr für einen gemeinsamen Diskurs mit den Andersdenkenden. Statt den Dialog zu suchen wird ausgegrenzt, statt um die beste Lösung zu ringen wird nur noch machtpolitisch agiert und emotionalisiert. - Dabei wird verkannt: Unsere Gesellschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn die Menschen sich ihrer gemeinsamen Interessen bewußt werden und auf dieser Grundlage gemeinsame Zielen und Werte verfolgen; andernfalls droht ihr Zersplitterung und Auflösung. Daran sollte keine Seite ein Interesse haben, denn die fatalen Konsequenzen treffen alle, ja, jeden persönlich.

    Die Unversöhnlichkeit, mit der sich beide Seiten gegenüber stehen, zeigt jedoch, dass gemeinsame Maßstäbe dafür, was richtige Politik ist, wie sich unsere Gesellschaft weiterentwickeln sollte, verloren gegangen sind.

  2. Wie können gemeinsame Maßstäbe dafür, was rationale Politik ausmacht, wieder gefunden werden?
    Wir müssen uns wieder an das Grundprinzip jedes Lebens, vor allem jedes Menschenlebens erinnern. Für alles Leben geht es immer primär um das Überleben, alle andere Fragen sind demgegenüber sekundär, weil sie sich nur im Falle des Überlebens stellen.
    Weil Tod und Krankheit in unserer Wohlstandsgesellschaft weitgehend verdrängt werden, ist die Frage, wie das möglichst lange Überleben des Einzelnen und der Gemeinschaft, der er angehört, gesichert werden kann, als Orientierungsmaßstab aus dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend verschwunden. Diese Frage wird für den Einzelnen erst dann drängend, wenn er sich mit Krankheit und Alter konfrontiert sieht und die Gemeinschaft, der er angehört, ihn immer weniger zu schützen und zu helfen vermag.

    In der Evolution des Lebens auf unserem Planeten haben die Spezies überlebt, die es am besten verstanden, sich an die sich stets ändernden Umweltbedingungen anzupassen. Was überlebt hat, hat seine Widerstandsfähigkeit gegenüber den Gefahren, die ihm drohten, bewiesen. Im Kontakt mit der Realität erwies sich stets das Verhalten als richtig und rational, dass das Überleben der Spezies ermöglichte.
    Oder um es mit Nassim Nichols Taleb, dem Autor von "Skin in the game" zu sagen: "Vom statistischen Standpunkt aus gesehen, ist es irrational, gegen die Natur ( und ihre statistische Bedeutsamkeit) anzugehen. …Per Definitionem kann etwas, das funktioniert, nicht irrational sein."

    Unsere gespaltene und orientierungslose Gesellschaft sollte sich wieder bewußt werden, das die Grundgesetzte des Lebens für jeden und für jede Gesellschaft gelten, unabhängig davon, welche weltanschaulichen Überzeugungen den Einzelnen antreiben. Auf dieser Basis sollte es möglich sein, wieder einen Minimalkonsens darüber herzustellen, was wir gemeinsam tun wollen und müssen, um unserer Gesellschaft und ihren Mitgliedern ein möglichst langes und gutes Überleben zu gewährleisten.

  3. Ausgangspunkt für einen neuen Minimalkonsens muss eine schonungslose Betrachtung der Wirklichkeit sein: Was sind die Umweltbedingungen, auf die sich der einzelne wie auch die Gesellschaft einstellen muss, um ein möglichst langes Überleben zu gewährleisten? Welche Veränderungen zeichnen sich ab? Welche Ressourcen stehen uns im Zeitablauf zur Anpassung unserer Gesellschaft an die sich verändernde Wirklichkeit zur Verfügung?
    Schließlich geht es dann um die Frage der gemeinsamen Werte. Wie wollen wir gemeinsam zusammen leben und arbeiten, um dem einzelnen ein menschenwürdiges und erfülltes Leben zu ermöglichen?

    Eine solche Selbstbefragung und Vergewisserung bleibt nur in einer freiheitlich verfassten Gesellschaft möglich, wo auch unbequeme Fakten benannt, Kritik geäußert und der Wettbewerb um die beste Idee und Problemlösung gefördert wird. Ohne eine schonungslose Betrachtung der tatsächlichen Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft und einen Wettbewerb und die besten Lösungsansätze verschlechtern sich die Überlebens- und Erfolgschancen unserer Gesellschaft.

    Dies gilt für alle Politikbereiche. Jedem liegt letztlich die Idee zugrunde, das Leben zu schützen (Innenpolitik, Verteidigungspolitik) und die wirtschaftlichen Grundlagen für ein gutes Leben zu schaffen (Bildungs-, Wirtschaft-, Wissenschafts- und Forschungspolitik).

  4. Wie rational ist unseres Politik? Rational ist, was das Überleben sichert.
    Es ist die Bringschuld der Politik, darzutun, inwieweit ihre Entscheidungen - auch in Zusammenarbeit mit anderen Ländern - die Überlebenschancen unserer Gesellschaft und ihrer Mitglieder verbessern. Und es ist das Überlebensinteresse der Bürger und ihrer Familien, eine rationale Politik für die Zukunft unseres Landes einzufordern.

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