Was wäre, wenn ich meine Lebensuhr zurückdrehen könntesteemCreated with Sketch.

in #deutsch6 years ago (edited)
Vor drei Tagen hatte ich wieder einmal eine recht schlimme Herzattacke. War sicherlich wieder ein Infarkt. Vor vier Jahren wurde eine schwere Herzschwäche bei mir diagnostiziert und ich stand sogar schon auf der sogenannten HTX Liste (Transplantationsliste für ein neues Herz)

Meine Koronargefäße und der implantierte CRT-D 2014


Die letzte Zeit stellte ich mir immer öfters die Frage würde ich, wenn ich noch einmal von vorne anfangen könnte mein Leben anders angehen ?
Im Grunde hatte ich ein wirklich cooles Leben, bis bei mir die Krankheit diagnostiziert worden ist. Mit 15 hatte ich durch kleine Geschäfte schon mehr Geld verdient als meine Mutter monatlich an Lohn erhalten hat. Mit 17 Jahren fing ich an Modeschmuck zu fertigen den ich überall in der DDR in irgendwelchen Stadtzentren verkaufte. Die Gewinnspannen waren der Wahnsinn. Steuern musste ich nicht bezahlen da ich ja auch kein Gewerbe anmelden konnte. Da ich nach etwas größeren strebte stellte ich einen Antrag auf Ausreise aus der DDR und wurde sogar von Rechtsanwalt Vogel vertreten. Dem ein oder anderen aus der DDR wird der Name von dem Anwalt etwas sagen. Als die Ausreise bewilligt worden war, wurde genau eine Woche später die Grenze geöffnet. Gleich nach der Grenzöffnung wollte natürlich kein Mensch mehr meinen Schmuck kaufen. Aber ich konnte für Ostgeld Kofferraumladungen voll Zigaretten in das gelobte Land bringen und dort gegen harte D-Mark verkaufen. Auf jeder Poststelle konnte man dann zu einem Kurs von eins zu zehn die D-Mark wieder in Ostgeld tauschen. Auch das hat die ersten Monate keinen Menschen interessiert. Lass doch den armen Ossi ein paar D-Mark verdienen :-) In den nächsten Jahren, bis zu meinem 40. Geburtstag hatte ich sicher 15 verschiedene Jobs,Geschäfte oder Firmen. Von Inhaber eines kleinen Autohandelns über Besitzer eines Möbelmarktes, Pächter von mehreren Lokalen bis letztendlich zum Betreiben eines Fachgroßhandels für Satellitentechnik. Ich habe so ziemlich alles gemacht. Selbst im Rotlichtmilieu war ich eine Weile tätig und war Wirtschafter in zwei ganz speziellen Etablissements.

Eine Zigarre für 30€ und die Rolex am Handgelenk :)


Alle Firmen und Geschäfte die ich betrieben habe haben mehr oder weniger Geld abgeworfen. Das große Problem war immer, nachdem die Firmen gelaufen sind hatte ich einfach keine Lust mehr darauf. Mir hat es immer Spaß gemacht etwas aus dem nichts aufzubauen. Wenn es dann gelaufen ist hatte ich das Interesse verloren.
Ich habe sicherlich bis zum 40. Geburtstag mehr erlebt als manch einer in drei Leben. Habe das ein oder andere Vermögen gemacht aber auf der anderen Seite noch größere ausgegeben.
Als ich 40 geworden bin dachte ich mir wofür das alles? Villa, Porsche, Rolex am Handgelenk? Alles Schwachsinn. Wie mein damalig fünfjähriger Sohn aufgewachsen ist habe ich nicht mitbekommen. Jeden Tag 12-14-16 Stunden in der Firma und das sieben Tage in der Woche. Die allgegenwärtige Geldgeilheit musste befriedigt werden. An einen Abend wieder in der Firma sitzend dachte ich, du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Eine E-Mail an jemanden geschrieben der schon immer Interesse an meiner Firma hatte und diese kurzerhand verkauft. Innerhalb von 14 Tagen so weit wie es ging alles zu Geld gemacht, das Haus abgeschlossen ein großes Wohnmobil gekauft und schon waren wir für sechs Jahre unterwegs. Alle Schranken hinter mir im Grunde abgebrochen. Nirgendwo an oder abgemeldet, nichts selber geregelt und unseren Anwalt beauftragt alles wichtige mehr oder weniger für uns zu erledigen.

Flashanimation der Internetpräsenz meiner damaligen Firma. Da hatte so etwas noch richtig Geld gekostet.


Die Zeit, die wir im Wohnmobil zusammen durch Europa gezogen sind, war die schönste Zeit meines Lebens. Da mein Sohn Freilerner ist, also nie eine Schule besucht hatte konnten wir viel Zeit als Famiele zusammen verbringen. Das alles ist nun langsam 13 Jahre her. Seit etwas über vier Jahren weiß ich nun das ich schwer am Herzen erkrankt bin und sicherlich keinen runden Geburtstag mehr erleben werde.


Die ersten Jahre sind wir mit einen fast 9 Meter Wohnmobil (Niesmann + Bischoff Flair 8000i), einen Geländewagen einen Ami Van und einem Bot unterwegs gewesen. Hatten immer Freunde die mir die Autos und das Bot dorthin brachten wo wir es haben wollten.


Immer nur das nötigste bei Camping dabei gehabt, Jägermeister Maschine, Eiswürfelbreiter, 2x 10Liter Getränke Dispenser und anderen Schwachnin :)


Den Ami Van hatte wir immer für kurze Ausflüge genommen, wenn wir nicht länger als eine Woche von unerem Basislager entfernt waren. Die Rückbank konnte man eklektisch zu einem Bett ausfahren. Konnte mich von der Karre nie trennen und habe sie selbst heute noch eingelagert in einer Halle stehen. Zuviel Erinnerungen die mich mit dem Van verbinden.


Schule etwas anders ...


Das alles hört sich doch wirklich toll an, oder? So manch einer würde mich um meinen Lebensweg beneiden. Ausgenommen natürlich mein Gesundheitszustand :-)

Habe aber eben auch Unsummen verknallt, heute fahre ich einen alten Opel Movano und einen Suzuki Ignes der seine besten Zeiten schon lange hinter sich hat. Beide bringen mich auch von A nach B.

Was würde ich nun anders angehen, wenn ich die Zeit, sagen wir einmal 15 Jahre zurückdrehen könnte?

Eigentlich nicht viel!!!

Die ganzen Summen die ich für meine Autos, Wohnmobile, und das Boot ausgegeben habe sowie die Immobilien dich letztendlich mit Verlust verkauft habe würde ich heute anders nutzen.

Es wäre das Startkapital für ein Mehrgenerationen Wohnobjekt das ich gründen würde.

Ein Treffpunkt für freie Geister egal welchen Alters, Geschlechts, politische Einstellung oder Glaubens. Die älteren, die Einkommen haben finanzieren die jüngeren die dabei sind sich etwas aufzubauen. Wenn man einen freien Geist sich so entwickeln lässt wie er es möchte kommt auch irgendwann der Zeitpunkt wo dieser etwas zur Gemeinschaft beitragen kann. Ich sehe es bei mein Sohn der nie in den Zwängen einer Schule war. Er wird sicherlich sein Weg gehen und ihm stehen ihm jetzt schon mit knapp 18 Jahren mehrere Möglichkeiten zur Verfügung ein Einkommen zu generieren.

Eine Gemeinschaft wo sich jeder um den anderen kümmert, auch im Alter oder im Krankheitsfall. Keiner wird alleingelassen jedoch hat auch jeder die Möglichkeit sich zurückzuziehen.

Monogame Lebensweise wäre eher hinderlich. Man hat so viel Liebe und Zuneigung für andere Menschen übrig, dass eine monogame Abkopplung da eher hinderlich ist. Und nein, ich rede hier nicht von freier Liebe, großen Ausschweifungen und Orgien.
Das gemeinsame Aufziehen von Kindern das Umsetzen von Projekten kurz um das Miteinander muss im Mittelpunkt stehen. Liebe Zuneigung und Verständnis für jedermann hat nichts mit Sex zu tun.
Alles Erschaffene und Erarbeitete steht allen zur Verfügung. Jeder hat das Recht seine Meinung kund zu tun und auch Vorschläge vorzubringen. Aber letztendlich muss es einen Entscheidungsträger geben der das sagen hat.

Leider weiß ich aus Erfahrung, dass es Situationen gibt wo Entscheidungen zu treffen sind die eine Gruppe einfach nicht treffen kann. Endlose Diskussionen die letztendlich in Streitereien ausarten und in einem Zerwürfnis enden sind meistens der Anfang vom Ende solcher Projekte.

Das Problem ist, dass man von Kindheit an einen Drill erfährt der einen ein Leben lang begleitet. Nur ganz wenige können diese von der Gesellschaft auferlegten Richtlinien durchbrechen.

Im Grunde eigentlich nicht viel was ich vielleicht in meinen Leben hätte anders angehen sollen. Alles andere, auch die recht wilden Zeiten die ich hinter mir habe möchte ich nicht missen.

Vielleicht liegt es ja an meiner gesundheitlichen Situation, dem älter werden oder der Vorstellung der eigenen begrenzten Zukunft.

Aber vielleicht ist es ja noch nicht zu spät :-) Ein paar Euro liegen noch unter dem Kopfkissen und vielleicht sollte man solch ein Projekt, und sei es nur in der Theorie und auf dem Papier umsetzen.

Vielleicht findet sich ja später jemand der nach meinen Richtlinien eine entsprechende Gemeinschaft aufbaut.

Wenn ich mir die Zeilen jetzt selber durchlese frage ich mich warum ich das alles niedergeschrieben habe. Aber da ich schon immer das von mir gegeben habe das mir Wichtig erscheint und ich in der glücklichen Lage bin auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen zu müssen lasse ich euch an meinen Leben und Gedankengängen ein wenig Teilhaben :-)

Viele Grüße aus Griechenland euer Guru @greece-lover

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Bewegtes Leben. Es gibt sicher nicht viele die so viel erlebt und ausprobiert haben. Danke für den Post. Er hat nachdenklich gemacht was wir eigentlich vom Leben wollen.

Man selber empfindet es vielleicht gar nicht einmal so. Sicherlich gibt es viele die im Alter wenn sie auf ihr bisheriges Leben zurückschauen auch das ein oder andere besondere zu erzählen hätten.

Das ist die große Frage, was wollen wir vom Leben? Aber da geht es schon wieder los, sich große Ziele setzen und auf diese hinarbeiten ob das dann auch wieder unbedingt lebenswert ist? Es muss halt jeder für sich selber entscheiden.

Eins weiß ich heute ganz genau, ein gewisses finanzielles Polster ist o. k. aber große Reichtümer an zu häufen ist Schwachsinn. Das wichtigste ist Familie und für mich ein wenig Einfluss zu nehmen an Gegebenheiten, Projekten oder einfach an Sachen die einen wichtig erscheinen. Das war mir eigentlich schon immer wichtig. Das mag auch der Grund sein warum ich mich ein wenig intensiver mit Steem auseinander setze :-)

Viele Grüße Holger

hammer leben....und mach langsam--

wünsche dir alles alles gute--dass dein herz sich irgendwie durch wunder erholt...

lg feuerelfe

Wie so mitbekommen habe, lässt du es ja nun auch nicht besonders ruhig angehen :-) jeder hat ihr andere Vorstellung was nun besonders lebenswert ist und was nicht. Ich denke da gibt es schon Riesenunterschiede.

Der eine muss es wild und extrem haben für den anderen ist es das größte eine ruhige Kugel zu schieben. Das muss jeder für sich selber entscheiden.

Ja auf das große Wunder hoffe ich ja auch :-)

Liebe Grüße Holger

ich kenn das---liebe mein leben und lebe selber oft extrem......ich bin eine feierbraut...hoch die tassen-

ich meinte auch nicht mach langsam in dem sinne---sondern pass auf dich auf--

wild und extrem......mit meiner schelli waren wir nur extrem....
heute komme ich etwas -- etwas -- vom extrem feiern , zur ruhe---

ich denk an dich und freue mich dich zu lesen--denn dann weiss ich,du hast den vortag überlebt.....und das meine ich liebevoll--so wie feuerelfe nunmal ist--

wünsche dir einen tollen wochenstart

lg bina

Wahnsinn ein bewegtes Leben. Aber wer hat sich diese Frage noch nicht gestellt? Wie würde mein Leben laufen wenn ich die Zeit zurück drehen könnte? es gibt keine 100% Antwort drauf, vieleicht könntest du das was du wert schätz auch verpassen. Weil du ein kleinigkeit geändert hast.

ich hoff das war nicht zu wirr ^^

Sehr berührend, danke für den Post.
Ich hätte da nun eine Frage zu deinem Sohn: Hat er nun alle 18 Jahre keine Schule besucht? Wie funktioniert das mit der Hochschulreife, wenn er diese möchte? War da von Seiten des Landes nie ein Problem?
Alles Gute und liebe Grüße.

Hi, in Deutschland kann man alle Schulabschlüsse und selbst das Abitur in einer sogenannten externen Prüfung erlernen. Es werden dann einige Fächer in mündlicher und schriftlicher Form geprüft. Die Gesetze und die Fächer die geprüft werden unterscheiden sich ein wenig von Bundesland zu Bundesland. Wir hatten damals einfach der Schulbehörde mitgeteilt dass wir auf unbekannte Zeit im Ausland auf Reisen sind. Seitdem nie wieder etwas von denen gehört. Ich bin auch ein wenig aktiv in der Freilernerbewegung und es gibt auch heute Mittel und Wege in Deutschland die Kinder „frei lernen“ zu lassen. Grüße aus Griechenland Holger

Verstehe, danke dir!

und schon waren wir für sechs Jahre unterwegs

Das ist Leben!!! lg

Ps.: a bissal aufpassen auf dich, damit des Herzal guat weiterklopft!!
Alles gute noch und deiner Fam.

Nun sind es ein ich schon fast 13 Jahre. Aber wie geschrieben die sechs Jahre die wir mehr oder weniger durchgehend mit dem Wohnmobil durch Europa gezogen sind wird mir immer unvergessen bleiben.

Man unterhält das Leben als Familie recht intensiv wahrnehmen können. Und man mag es nicht glauben obwohl man nur auf ein paar Quadratmetern Jahre verbracht hat war das gemeinsam und miteinander um einiges ausgeprägter als in einen Haus am Strand.

Viele Grüße Holger

Warum Du das alles niederschreibst? Ich kann nicht genau zitiren, aber etwa: "Seitdem das Schreiben erfunden wurde, existiert der Tod nicht mehr."
Mindestens überleben die Gedanken, ein Teil der Seele.

ein Mehrgenerationen Wohnobjekt

Von vier erwachsenen Kindern in meiner Familie ist der eine gerade in Skandinavien mit einem Stipendium eingetroffen, eine junge Dame fängt bald in den USA damit an. Eine hat schon Monate in Spanien und Südamerika verbracht, ich frage mich wann sie sich entscheidet, nicht mehr nach Hause zu kommen.

Ich habe einmal meine ex-Frau gefragt, wo sie sich zu Hause fühlt. Sie hat gesagt, "du bist mein Zuhause!".
Die Leute sind heutzutage mehr und mehr in Bewegung, ich würde für die Familie keine Immobilie gerne aufbauen. Vielleicht eine kleine, ganz in der nähe des Flughafens. Sicherheitsgefühl sollte in den Herzen wohnen, nicht nur zwischen den Wänden.

Kommunen oder Kibbuz neu erfinden?

Aber ich habe auch den Eindruck dass die traditionelle Ehe sich in tiefer Krise befindet, und reformiert werden sollte. Ich Weiss nur nicht wie. Eifersucht und Habgier, Minderwertigkeitskomplexe, Angst vor verlassen zu werden verhindern meistens eine offene Beziehung, die länger überleben könnte als eine altmodische.

Toller Post lieber Holger weiß gar nicht was ich dazu schreiben soll. Wirst sehen am Schluss wirst uns noch alle überleben.

Naja, wenn sich erwischt dann ist es halt so. Leider ist es so das ich schon einige aus meinen Gleichaltrigen Freundes und Bekanntenkreis überlebt habe. Die solche Krebs hat leider schon den ein oder anderen dahingerafft. Aber das kein ganz anderes Thema :-)

Viele Grüße nach Österreich Holger

Top Atze, alles richtig gemacht😍

einmal von vorne anfangen könnte mein Leben anders angehen ?

Ich würde mein Leben auch genau so wiederholen wie es war. (Nur Eltern zu haben und weniger Leichen, wären das nächste mal ne nette Idee 😌)
LG "Floki"

Eins weiß ich heute ganz sicher, es gibt nur wirklich eins was wichtiges im Leben. Das ist Familie. Leider ist es auch bei mir so das ich sozusagen der letzte meiner Art bin :-) Verwandtschaft? Fehlanzeige wenn Sohnemann einmal heiraten sollte wird das eine recht billige Angelegenheit. Bei der Feier wären vielleicht 4-5 Familienangehörige anwesend :-)

Viele Grüße Holger

Puh,

das ist ein nachdenklich machender Beitrag von dir. Wir haben im Grunde alle Zuviel - was brauchen wir wirklich ?

Ich weiß, daß das Bootcamp DICH braucht, lieber Holger !

Möge sich dein Herz doch noch erholen und du uns damit noch lange erhalten bleiben !!

Grüße

Michael

Man hat auf alle Fälle viel zu viele wieder angehäuft die man teilweise nie im Leben braucht. Wenn ich nur sehe was ich mir ab und zu für einen Schwachsinn brauche. Wird dann einmal benutzten dann bleibt es für Ewigkeiten in der Ecke liegen.

Ja das GSB macht mir recht viel Freude, hätte aber nicht gedacht das es auch mit einem recht großen Aufwand verbunden ist das alles am Laufen zu halten.

Viele Grüße Holger

Tolle Lebensgeschichte.
Ich wünsche Dir, dass dein Herz noch lange schlägt.

Das wünsche ich mir auch :-) Grüße aus Griechenland

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