Woodstock: Ein Mythos aus Matsch, Musik und langen Haaren

in #deutsch5 years ago

Im großen Hippie-August vor 50 Jahren versammelten sich 350 000 Hippies auf Max Yasgurs Farm. Der Mythos von Woodstock als Höhepunkt des "Summer of love" aber entstand erst viel später - und er stimmt nicht mal.

Nach Legende sah das Bild nicht aus, das sich dem Gitarristen Jimi Hendrix am Morgen des 17. August 1969 um halb zehn Uhr bot. Vielleicht 30 000 klatschnass geregnete, todmüde und im Drogenrausch eingenickte Fans lagerten noch vor der Bühne des "Woodstock"-Festivals, als Hendrix sein "Purple Haze" auspackte. Minutenlang gewitterten unkontrollierte Akkorde aus der Stratocaster-Gitarre. Jimi Hendrix trug ein rotes Stirnband, er sah müde aus und hielt die Augen geschlossen. Vielleicht, um das Jammertal der Schlammfläche vor sich nicht sehen zu müssen.

Dass aus dem künstlerischen Desaster, das auch ein wirtschaftliches war, ein musikalisches Großereignis für die Geschichtsbücher werden würde, ahnten zu diesem Zeitpunkt nicht einmal die Organisatoren John Roberts, Joel Rosenman, Michael Lang und Artie Kornfield. Die hatten den Rock- und Popmarathon mit Stars wie Joan Baez, Melanie, Santana, Janis Joplin, The Who, Joe Cocker, Grateful Dead und Crosby, Stills, Nash & Young eigentlich geplant, um Geld zu verdienen - am Ende aber standen sie mit Millionenschulden da.

Dabei hatten sie sich so viel Mühe gegeben. "Drei Tage Frieden und Musik, lasst einen Drachen steigen, legt euch in die Sonne und atmet saubere Luft", rief das Quartett die Mitglieder der Hippiegemeinde zu seiner "Musik- und Kunstmesse Woodstock". Die hieß so, weil Bob Dylan immer als Einwohner von Woodstock bezeichnet wurde und das wie gute Werbung klang.

In Woodstock aber sollte das Festival nie stattfinden. Nachdem Bürger am ursprünglichen Veranstaltungsort Wallkill protestiert hatten, musste der Farmer Max Yasgur das Festival retten. Für 50 000 Dollar stellte er eine 100 Kilometer entfernte Weide zur Verfügung - gegen den Widerstand seiner Nachbarn, die mit Plakaten wie "Stoppt Maxens Hippie-Festival" protestierten.

Die befürchtete Invasion von 15 000 Hippies fiel dann noch um einiges heftiger aus als gefürchtet. Schon Tage vor Veranstaltungsbeginn wälzte sich eine endlose Schlange von bunten VW-Bussen und altersschwachen Kleinwagen heran. Zäune wurden umgeworfen, Wiesen umgepflügt, der Verkehr kam zum Erliegen, noch ehe das erste Kassenhäuschen aufgebaut war. 500 000 Hotdogs und Hamburger, die für drei Tage reichen sollten, waren aufgegessen, bevor der erste Musiker loslegte. Provisorisch verlegte Wasserleitungen barsten, die 600 Behelfstoiletten quollen über.

Und dann begann der Regen. Es regnete und regnete und während Canned Heat und Jefferson Airplane spielten, regnete es einfach weiter. Inzwischen auch verlassen von den völlig überforderten Organisatoren, half sich die hunderttausendköpfige "Woodstock-Nation", wie sie der Dichter Abbie Hoffman nannte, einfach selbst. Hippie-Gruppen wie die Hog-Farm-Kommune kochten Kessel voller Reis und Bohnen. Freiwillige betreuten Drogenopfer. Bewohner aus umliegenden Ortschaften brachten Hühnersuppe und Sandwiches. Zwischendurch, wenn die Sonne herauskam, wurde im Schlamm gerutscht und Pot geraucht.

Es waren die Dreifach-LP zum Festival und der Woodstock-Film, den der 28-jährige Michael Wadleigh auf Yasgurs Farm gedreht hatte, die später die Botschaft in die Welt trugen, dass hier Geschichte geschehen war. Der Film spielte in nur fünf Monaten fünf Millionen Dollar ein, die Platte kassierte Gold, noch ehe sie überhaupt im Laden stand. Der Anfang einer Legende, die 50 Jahre später größer ist denn je.

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