Geschichte und Architektur der Gasometer in Wien

in #deutsch6 years ago

Gemäß einer kaiserlichen Resolution von Leopold I. aus dem Jahre 1687

... seien die Straßen und Plätze der Residenzstadt Wien in der Nacht fortan zu illuminieren.

Die ersten Laternen wurden mit Talglicht erhellt. Das Füllen, Putzen und Anzünden der Lichter oblag den Bürgerinnen und Bürgern, bevor mit dem Aufkommen der Öllampen zu Beginn des 18. Jahrhunderts eigene Lampenknechte diese Aufgabe übernahmen.

Im Juli 1818, also vor genau 200 Jahren wurden in der Wiener Innenstadt die ersten Gaslampen entzündet. Das Gas lieferte die britische Imperial Continental Gas Association solange, bis Ende des 19. Jahrhunderts im neu errichteten Gaswerk Simmering Stadtgas (Leuchtgas) durch Steinkohlevergasung in Eigenregie hergestellt wurde.

Als Lagerort für das erzeugte Stadtgas dienten ursprünglich fünf Gasspeicher. Die heute noch vier in der Fassade erhaltenen und unter Denkmalschutz stehenden Gasometer sind aufgrund ihrer Größe weithin sichtbar und gelten als Wahrzeichen des 11. Wiener Gemeindebezirkes Simmering.

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Im Jahr 1899 wurde die Gesamtanlage des damals größten Gaswerkes auf dem europäischen Kontinent in Betrieb genommen. Das produzierte Gas wurde zunächst vor allem für die Illumination der Straßen und zur Innenbeleuchtung großer Gebäude verwendet. Ab 1910 verlagerte sich der Einsatz in den häuslichen Bereich, es wurde vermehrt mit Gas gekocht und geheizt.

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Gasometer-Uhr, maximaler Füllstand 90.000 Kubikmeter Gas

Mit der Entdeckung der Erdgasvorkommen und der Errichtung von Pipelines wurde der Niedergang des Wiener Stadtgasnetzes eingeläutet. Die planmäßige Umstellung von Stadtgas auf das wesentlich rentablere Erdgas war 1978 abgeschlossen. Mitte der 1980er Jahre hatten die Gasometer als Speicherstätte ausgedient.

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Nach der Stilllegung wurden die Behälterglocken ausgebaut. Zurück blieben vier jeweils über 70 Meter hohe und im Durchmesser rund 60 Meter breite Zylinder, in denen sogar das Wiener Riesenrad Platz finden könnte.

Zu Beginn der 1990er Jahre kam die Rave- und die Techno-Bewegung nach Österreich und fand in Wien im Gasometer D die perfekte Location für ihre legendären Clubbings.

Auch als Filmkulisse dienten die Backsteinriesen aus Simmering. So wurde 1987 Timothy Dalton im Auftrag Ihrer Majestät in "Der Hauch des Todes" per Rohrpost durch den Eisernen Vorhang von Bratislava in das Innere eines Gasometers geschmuggelt.

Gasometer neu

Nach mehreren Jahren im Dornröschenschlaf wurde 1999 mit Revitalisierungsarbeiten begonnen. Die charakteristischen Ziegelaußenmauern und der Dachstuhl blieben erhalten. Die äußere Hülle wurde mit Wohnungen, Büros, einem Einkaufszentrum, einer großen Veranstaltungshalle und einem Entertainmentcenter gefüllt, wobei jedem der vier Türme ein eigener Charakter verpasst wurde. Nach einer zweijährigen Bauphase wurde die "Stadt in der Stadt" eröffnet.

Gasometer A trägt die architektonische Handschrift des französischen Stararchitekten Jean Nouvel. Lichtdurchflutet, mit viel Glas und Stahl präsentiert sich die Wohnanlage. In einer Höhe von 30 Metern wurden neun Erkerelemente errichtet, zwischen denen sich Freiräume befinden, die den Blick auf die denkmalgeschützte Fassade mit ihren hohen Fenstern freigeben.

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Das markante Erkennungszeichen von Gasometer B ist ein futuristisch anmutender Zubau. In Form eines Schildes wurde ein 18-stöckiges Wohngebäude an die alten Mauern angelehnt.

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Für die Planung zeichnet das Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au verantwortlich.


Das Innere von Gasometer B ist dicht verbaut. Die Wohnungen schmiegen sich direkt an die Außenmauer an und lassen in der Mitte nur einen kleinen Lichtdurchlass frei.

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Im Erdgeschoss befindet sich die rund 1.400 Quadratmeter große Veranstaltungshalle. Auf dem Walk of Stars, der inzwischen in den Prater übersiedelt ist, haben sich Prominente wie Deep Purple oder Percy Sledge mit ihren Hand- und teilweise auch Fußabdrücken verewigt.



Ein großer, treppenförmig angelegter und begrünter Innenhof in Form eines Atriums bildet das Zentrum von Gasometer C. Die nach oben hin abgestufte Fassade ermöglicht einen Lichteinfall bis in die unteren Etagen. Geplant wurde diese nach traditioneller Wiener Bauweise errichtete Wohnanlage vom österreichischen Architekten Manfred Wehdorn.

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Gasometer D weist keinen zentralen Innenhof auf. Stattdessen wurde nach Plänen des Architekten Wilhelm Holzbauer in 32 Metern Höhe, über dem Stadt- und Landesarchiv, sternförmig ein Wohnkomplex mit drei Höfen errichtet. Alle Wohneinheiten verfügen über eine Grünfläche oder Loggia, teilweise mit Blick über Wien. Leider gibt es davon keine Fotos.


Für mich war es interessant zu sehen, wie den Backsteinbauten mit der beeindruckenden Industriearchitektur aus vergangenen Zeiten mit modernen Architekturkonzepten neues Leben eingehaucht wurde.

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Sort:  

einer großen Veranstaltungshalle

Oh ja, sehr viele cooel Konzerte und live acts finden hier statt!!! lg

Da hast du vollkommen recht :) Und das Gebäude ist von außen auch wesentlich ansprechender als die Wiener Stadthalle ;)

Fantastisch wenn alte Gebäude mit moderner Architektur kombiniert werden.

Ich finde es auch immer wieder faszinierend, wenn moderne auf alte Architektur trifft. Manchmal kann dies allerdings auch ins Auge gehen:

1200px-Royal_Ontario_Museum.jpg

Quelle

Oh, ja hier stimme dir zu.

Die Gasoneter wirken auf dem ersten Bild so klein.
Erst auf den anderen Bildern werden die Dimensionen klar...
Wie groß sind diese denn Ca. ?

Ach ja sehr schöne Bilder 👍

MfG Jonas

Danke für deinen Kommentar :)

Auf dem ersten Foto wirken die Gasometer wirklich klein. Ich habe für die Aufnahme ein Weitwinkelobjektiv verwendet, um alle vier Gebäude aufs Foto zu bekommen. Wenn man davor steht, ist man aber schon beeindruckt von ihrer Größe. Laut Wikipedia ist jeder Gasometer rund 70 Meter hoch und hat einen Durchmesser von ca. 60 Meter.

Wieder hast du uns einen perfekt ausgearbeiteten Artikel über ein Stück Wiener Historie geschenkt; herzlichen Dank! Gut, dass vier Gasometer noch stehen und neue, unterschiedliche Verwendungszwecke gefunden haben.
Du eignest dich absolut zur Stadtführerin!!

Vielen Dank Diana,

ich lebe seit über drei Jahrzehnten in meiner Wahlheimatstadt Wien. Seit ich auf Steemit aktiv bin, entdecke ich die Stadt neu ... Es gibt so viele schöne Plätzchen hier und es macht mir einfach Spaß darüber zu schreiben. Liebe Grüße :)

eine sehr schöne Architektur, die es wert ist, geteilt und bewundert zu werden.

Hallo Freund! schöne Gebäude, Wien hat viel zu zeigen.

Wow majestätische Architektur, schönes Design. Danke fürs Teilen.

Schön, dass du wieder vorbei geschaut hast :)

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