Schwimmendes Eigenheim

in Deutsch Unplugged3 years ago
Als Anwohner am Bodensee habe habe ich lange auf den See geblickt und den Wunsch verspürt selbst auf ihm unterwegs zu sein. Die Ausflüge an die Küste haben das Verlangen mit dem Boot unterwegs zu sein weiter beflügelt. So kam es, wie es kommen musste.

In der heimischen Segelschule absolvierte ich die erforderlichen praktischen Übungsstunden, sodass schließlich einer erfolgreichen Prüfung nichts mehr im Wege stehen sollte. Im Selbststudium wurden sich die theoretischen Grundlagen erarbeitet. Das Vorwissen aus dem Sportbootführerschein See waren hilfreich, weil nicht alles neu war. Manche Besonderheiten bietet der Bodensee dann doch, einfach auf Grund der Tatsache, dass die Anrainerstaaten Deutschland, Österreich und die Schweiz sich gemeinsam auf einen Nenner einigen mussten, um das in allen drei Staaten gültige Bodenseeschifferpatent zu erschaffen.

Der Besuch im Landratsamt zur theoretischen Prüfung endete mit einem Erfolg, genauso wie die praktische Prüfung, die in der Segelschule abgehalten wurden. Da ich schon den einen Schiffsführerschein besaß gab es sogar eine Erleichterung für die Prüfung: es war nur die Prüfung unter Segel abzulegen. Der praktische Teil mit dem Motorboot wurde mir erlassen.

Als frisch gebackener Bodenseekapitän ging es dann auch mal auf einem Charterboot rauf auf den See. Sogar mit einem Baby im Maxi-Cosi war das mit einem der Ausbildungsboote möglich. Nachdem dieses Experiment geglückt war, kam der nächste Schritt. Zusammen mit den Eltern wurde eine 31er Bavaria auf dem See gechartert und ich startete das erste Mal auf einer ausgewachsenen Yacht als eigenverantwortlicher Skipper. Die Woche, die wir auf dem See verbrachten, war wunderbar. Details zu dieser Reise werden sicherlich in einem anderen Post erzählt werden.

Nach dieser Reise wurden die Ausflüge auf den See immer seltener. Wenn im Sommer dann doch mal die Bedingungen schönes Segeln vermuten ließen, blickte ich allzu häufig vom Ufer auf das Wasser hinaus und haderte damit, kein eigenes Boot zu haben. Ja, natürlich ließe sich auch wieder ein Boot per Tagescharter ergattern. Die Verfügbarkeit ist, gerade im Sommer, eine Schwierigkeit, gerade wenn die Idee spontan kommt.

Im Laufe der Zeit und nach vielen online begutachteten Yachten ergab es sich, dass hier am See ein passables Boot käuflich zu erwerben war. Es lag am Untersee und so machte ich mich auf, um es in Augenschein zu nehmen.

Es handelte sich um eine ältere, deutsche Yacht – Baujahr 1968. Sie hatte schöne Linien. Im Gegensatz zu modernen Yachten hatte sie einen schönen, klassischen Yachtbug, der von der Spitze nicht senkrecht nach unten, sondern schräg nach hinten reicht, sodass sie wunderbar durch das Wasser schneiden kann. Auch ihre Form war gefällig. Sie lief zum Cockpit hin nach hinten wieder schmaler zu, entgegen neuerer Yachten, die ihre breiteste Stelle des Rumpfs auf Höhe des Cockpits haben. Nach meinem Dafürhalten sehen sie so aus, als ob sie eigentlich länger sein sollen, doch einfach auf halber Strecke abgeschnitten worden seien.

Frontansicht_.jpg

Unter Wasser war sie dem Alter entsprechend noch mit einem langen Kiel versehen. Zusätzlich war sie auch noch mit einem Hubkiel ausgestattet, der es erlaubte, den Tiefgang auf bis zu 1,20m zu erhöhen. Zusätzlich kam noch hinzu, dass die Yacht insgesamt gut 2,5t auf die Waage brachte. All dies im Zusammenspiel bescherte ihr ein gutmütiges Fahrverhalten. Der Rumpf ist aus GfK gefertigt und entsprechend ihres Alters auch dicker als bei neuen, vergleichbaren Booten. Das Dach der Vorschiffskoje, sowie des Salons sind aus Holz gefertigt. Umschlossen wird das Ganze mit einem Teakdeck. Wenn die Sonne strahlt, sieht die Yacht mit ihrem weißen Rumpf, dem weißen Dach und dem recht dunklen Teakdeck schon schön aus.

Seitenansicht_.jpg

Und auch unter Deck konnte sie sich sehen lassen. Sie Raum für vier Personen. Der Tisch im Salon war so ausgelegt, dass vier Personen daran Platz finden konnten. Zum Schlafen ließ sich der Tisch Absenken und in eine Koje für zwei umwandeln. Im Vorschiff war die zweite Koje zu finden. Auch hier war Platz für zwei. Es ist schon erstaunlich, was sich alles auf 8,5m Bootslänge unterbringen lässt. Das Einzige, das fehlte, war eine passable Kochstelle. Es war zwar eine kleine Stelle mit zwei Platten vorhanden, doch um eine Woche darauf zu kochen, war es mir doch zu klein. Gekocht wurde auf diesen Platten von mir nichts. Nicht einmal heißes Wasser wurde darauf gekocht.

Salon_.jpg

Um das Deck so gut es geht vor Witterungseinflüssen zu schützen, konnte das ganze Boot mit einer maßgeschneiderten Persenning komplett abgedeckt werden. Das An- und Abnehmen der Persenning lief immer auf Arbeit hinaus. Das lag zum einen daran, dass sie aus recht schwerem Stoff gefertigt war, als auch der Tatsache, dass es nach einer Ausfahrt bei schönem Wetter unter ihr sehr schnell, sehr warm und feucht wurde. Das Rigg war einfach gehalten, sprich es war keine Rollreffanlage vorhanden, sondern das Vorsegel wurde einfach mit Stagreitern am Vorstag befestigt und dann aufgeheißt. Dies bedeutete im Umkehrschluss auch, dass nach einem Segeltag das Vorsegel wieder ordentlich zusammengelegt und im Segelsack verstaut werden wollte um im Anschluss daran das Boot mit der Persenning abzudecken. Im Voraus habe ich mir darüber nicht wirklich Gedanken gemacht. So stellten wir eben erst nach unserer ersten Ausfahrt fest, dass das Aufräumen eine nicht ganz unbeträchtliche Zeit für sich in Anspruch nimmt.

Wie sich sicher schon ahnen lässt, hat die Yacht den Besitzer gewechselt. Somit war ich auf einmal nicht mehr nur ein Skipper ohne Boot, sondern Eigner einer eigenen Yacht. Wie es der Zufall so wollte, konnte sie auch den Rest der Saison auf ihrem angestammten Liegeplatz am Untersee bleiben. Dies kam mir zu Gute, da so erst für folgende Jahr ein neuer Platz gesucht werden musste. Bis dahin konnte sie noch auf dem Untersee ausgefahren werden.

Bis dato war der Untersee für meine Familie und mich unbekannt. Um den Hafen herum hat er ein recht flaches Ufer, was wir vom Überlinger See gar nicht kennen. Dementsprechend musste beim Ein- und Ausfahren schon auf die ausgebaggerte Hafeneinfahrt geachtet werden, schließlich will niemand das Boot aufs Trockene setzen.
Faszinierend finde ich immer wieder, was ein Perspektivwechsel ausmacht, selbst wenn ich im Großen und Ganzen immer noch zu Hause bin. Die Ausfahrten auf dem Untersee boten ein anderes Erlebnis und eine andere Perspektive auf den Bodensee, als zu Hause. Ein Gefühl von Ferien stellt sich so schnell ein.

Inzwischen ist wieder einiges an Wasser den Rhein hinab geflossen und was sich inzwischen ereignet hat berichte ich in einem anderen Post.

Sort:  

wow.....herzlichen glückwunsch-toller post
ich liebe alles was mit reisen zu land,zu wasser,zutun hat
abenteuerlust pur

Danke, danke. Aus diesem Artikel ergeben sich noch mindestens zwei weitere, die mir spontan in den Sinn kommen. Gerne teile ich meine Erlebnisse, egal ob auf dem Wasser oder an Land.

 3 years ago 

Uff. Wenn man den Sportbootführerschein Binnen und See hat, darf man damit noch nicht auf den Bodensee...? Interessant. Zum Neuerwerb braucht man nicht mehr zu gratulieren - ist schon was her, oder?

 3 years ago (edited)

Ja, das ist schon eine Weile her. Ich dachte, der Werdegang könnte ganz hilfreich sein, wenn demnächst Posts mit aktuellerem Inhalt folgen.

Mit dem SBF Binnen ist es möglich z.B. im Urlaub ein Urlaubspatent beim hiesigen Landratsamt zu beantragen, das für vier Wochen Gültigkeit hat. Nur mit einem SBF Binnen kann hier am See kein Boot gechartert werden. Sollte ein eigenes Gefährt mitgebracht werden, so kann es natürlich eingewassert und gefahren werden. Nur sollte man sich dann nicht von der WaPo aufbringen lassen.

Hat man ein Bodenseeschifferpatent erworben, so kann dies beim DSV in ein SBF Binnen umgeschrieben werden, sodass dann beide Scheine vorhanden sind. Umgekehrt wird allerdings kein Schuh draus.

 3 years ago 

Das ging ja dann recht schnell vom Bodenseeschifferpatent zum Bootseigner...
Aber wo sich eine Gelegenheit bietet, muss man sie am Schopfe packen.
Dann wünsche ich immer eine handbreit Wasser unterm Kiel 🙂

Das sagte ich mir dann auch. Irgendwann muss mal Butter bei die Fische.

Ahoi!!!!! Klasse, da würde man ja am liebsten direkt eine schöne Schippertour buchen. So mit einem Tässchen Kaffee und dann die Aussicht genießen. Herrlich.... Glückwunsch, auch wenn es ein wenig zurückliegt.

Ja, Ausfahrten machen Laune. Wenn der Kaffee dann getrunken ist und es das Wetter anbietet lässt sich auch ganz wunderbar in den See springen um sich zu erfrischen.
Das Wohlbehagen bleibt auf dem See lange Zeit erhalten, bei diesem Boot, aufgrund der geschilderten Tatsache, dass es recht schwer ist und einen langen Kiel hat. Da liegt es ruhig im Wasser, sodass die Kaffeetasse auch ohne Hilfsmittel an Ort und Stelle bleibt.

Klingt perfekt!

Coin Marketplace

STEEM 0.28
TRX 0.12
JST 0.032
BTC 66167.71
ETH 3014.78
USDT 1.00
SBD 3.73