Seriöse Kryptowährungen und DeFi Apps identifizieren

in #krypto2 years ago (edited)

Teil 1: Recherche und Business Modelle

Photo by Pierre Borthiry on Unsplash

Crypto-Anfänger, und davon gab es in den letzten Jahre viele, gehen immer mit dem Hype. Steigen die Preise an den Börsen werden neue Crypto-Enthusiasten nervös und möchten den Zug nicht verpassen. Doch ist das wirklich der Weg, um sinnvoll und nachhaltig in Kryptowährungen und DeFi-Projekte zu investieren?

Das größte Problem der Kryptoszene

Seit 2016 bin ich aktiv Teil der “Crypto Community” und diese Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Am Anfang ist alles neu und aufregend, man lernt viel, verbindet sich mit Gleichgesinnten, verliert sich in den Unterhaltungen über vielversprechende neue Projekte und Unternehmen, ist geradezu manisch, wenn es um Trading und the next big thing geht. Für Adrenalin-Junkies locken die Pump & Dump Gruppen mit großen Gewinnen und bringen noch größere Verluste. Jedenfalls wenn man neu ist und nicht versteht, wie dieses System eigentlich funktioniert und nicht das Glück hat, direkt zu Beginn eines Pumps zu kaufen.

Irgendwann, wenn die Kurse etwas sinken und nicht jeder noch so entfernte Bekannte die ganze Zeit monothematisch von den neuesten Kursverläufen faselt und man nicht mehr zu jeder Tages- und Nachtzeit die Kurse der favorisierten Coins beobachtet, dann setzt die Klarheit wieder ein. Bei den meisten. Die Meetups werden ruhiger, fokussieren sich wieder auf die “große Vision” hinter Kryptowährungen, man kann etwas lernen. Bis die nächste wilde Fahrt beginnt, Spekulationen über den höchsten Preis laut werden und die Kurse nachziehen.

Mit jedem Kursanstieg werden es mehr Menschen, die in Kryptowährungen investieren. Genauso steigt aber auch die Anzahl der Menschen, die sich nicht vollumfassend über das informiert haben, in das sie investieren. Das führt zum einen dazu, dass schlechte Kaufentscheidungen getroffen werden; zum anderen, dass Passwörter verlegt oder sogar gar nicht aufgeschrieben werden und dass Coins und Tokens dauerhaft auf Börsen gehalten werden, die dann zu allem Überfluss auch noch gehackt werden. Bei den meisten neuen Anlegern fehlt jegliches Verständnis für die neuen Technologien und so ist es leicht vorstellbar, warum fragwürdige Projekte es immer wieder schaffen, Menschen zu betrügen und um ihr Geld zu bringen. Selbst wenn keine betrügerischen Absichten im Spiel sind, hätten Verluste durch schlecht ausgearbeitete Projekte und Anwendungen mit etwas Weitsicht und Verständnis vermieden werden können.

Aus diesem Grund möchte ich in diesem Artikel darauf eingehen, wie ich identifiziere, ob es sich um ein sinnvolles, vielversprechendes Projekt handelt oder ob man besser die Finger davon lassen sollte.

Die Recherche

Zu Beginn steht immer die Suche nach Informationen zu einem Projekt. Und hierbei kann man die Empfehlungen anderer Menschen mit in Betracht ziehen, muss es aber nicht. Sich auf die Aussagen anderer alleine zu verlassen, sollte man allerdings vermeiden.

Der erste Anlaufpunkt ist immer die Projekt- oder Unternehmensseite. Im Normalfall findet man hier alles, was man wissen muss. Hier erfährt man, was die Währung, die App oder das Projekt zu bieten hat. Leider muss man seit einiger Zeit etwas tiefer nach den relevanten Informationen suchen, als es noch vor fünf oder sechs Jahren der Fall war. Die Homepages der meisten Projekte sind schlecht formulierte und verklausulierte Werbeflyer, die einem die Welt versprechen. Hier kann man sich einen ersten Eindruck abholen, die wichtigen Informationen befinden sich aber meist im Whitepaper oder aktuell vor allem in den FAQs.

Whitepaper benutzen häufig einen eher wissenschaftlichen Stil, selbst die Aufmachung erinnert an wissenschaftliche Arbeiten. Manchmal, je nach Phase, in der sich das Projekt befindet, gibt es mehrere Whitepaper, die nach Zielgruppen oder Zweck unterteilt sind. Für die meisten Interessierten scheiden technische Whitepaper zur Informationsgewinnung aus, da diese Technologien ansprechen, von denen der Laie wahrscheinlich noch nie etwas gehört hat, und mit deren Informationen und Fachterminologie eigentlich nur Entwickler oder Systemarchitekten etwas anfangen können. Dennoch kann man sich diese Whitepaper einmal ansehen und auf sich wirken lassen. Besonders interessant sind Whitepaper, die das Ökosystem des Projekts oder der Apps vorstellen und die auf die Vision eingehen. Whitepaper, die in erster Linie Marketingsprache enthalten, sind mit Vorsicht zu genießen. Hier sollte auch zwischen den Zeilen gelesen werden. Zusätzlich zu beachten ist: PDFs die eine Präsentation enthalten, sind keine Whitepaper, auch wenn sie so genannt werden.

In gut aufbereiteten FAQs (Frequently Asked Questions) finden sich meist auf einfache Art und Weise Antworten auf die wichtigen Fragen, die man zu einem Projekt stellen sollte (siehe weiter unten). Ist die Struktur ordentlich aufgebaut, finden sich hier dieselben Inhalte wie im Whitepaper nur für den Einsteiger besser aufbereitet.

Zusätzlich können Informationen immer auch über die Online-Communities des Projekts gefunden werden. Zu nennen sind hier:

  • Discord, und andere Chat-Plattformen des Projekts
  • Reddit, auch das SubReddit des Projekts
  • Foren, wie beispielsweise bitcointalk.org
  • Websites mit Statistiken, wie coinmarketcap.com

Artikel auf News-Webseiten und Blogs lasse ich in dieser Aufzählung mit Absicht weg, da solche Artikel in aller Regel entweder einen Hype schüren sollen oder bezahlte Werbung sind. In aller Regel hat der Autor oder die Newsseite einen monetären Vorteil von der Verbreitung der Informationen. Auch bei Artikeln auf den großen News-Seiten ist Vorsicht walten zu lassen, da es sich um sehr einseitige Darstellungen des Projekts handeln kann. Artikel sind meistens PR und damit genauso aussagekräftig wie die Homepage des Projekts.

Natürlich lassen sich auch noch die Social Media Kanäle des Projekts inspizieren. Allerdings lohnt es sich hier wohl eher, die Community zu beobachten als die Posts des Projekts zu analysieren.

Das Business Modell

Kryptowährungen, dApps, DeFi Applikationen, NFTs und die verschiedensten dezentralen Plattformen haben immer ein Geschäftsmodell oder, wenn es sich um “Liebhaber-Projekte” handelt, zu denen ich zum Beispiel auch Bitcoin zahle, zumindest eine Vision. Das Business Modell und die Vision des Projekts zu verstehen, ist essenziell, um bewerten zu können, ob es sich um ein gutes und sinnvolles Projekt handelt. Dabei ist es irrelevant, ob man in das Projekt investieren, sich engagieren oder für das Projekt arbeiten möchte.

Es gibt verschiedene Kategorien von Modellen, in die ein Projekt fallen kann. Diese sollen hier aufgelistet und erklärt werden, damit sie später als Schablone dienen können. Natürlich unterscheiden sich Projekte mal mehr und mal weniger stark, aber einige Gemeinsamkeiten lassen sich immer finden.

Reines Tauschmittel

Projekte, die ein reines Tauschmittel entwickelt haben, sind die typischen Kryptowährungen, die wir so kennen. Dazu zählen Bitcoin, Monero, Dash, Litecoin, BitcoinCash oder auch Dogecoin. Die Funktion ist immer: Tauschmittel und/oder Wertaufbewahrungsmittel.

Diese Kryptowährungen lassen sich in Wallets halten, verschicken und empfangen. Sie sind durch eine Blockchain gesichert (mit Ausnahme von IOTA) und haben irgendeine Art von Konsensmechanismus. Die Unterschiede zwischen den Coins bewegen sich meistens in den Bereichen Transaktionsgeschwindigkeit, Blockgröße, Konsensmechanismus und Anonymität.

Proof of Work-Konsensmechanismen resultieren immer in Mining, die Algorithmen können sich selbstverständlich unterscheiden. Bei Proof of Stake lassen sich größere Unterscheidungen vornehmen. Hier kann entweder ein ganz schlichter PoS-Mechanismus mit Staking Anwendung finden, oder aber es werden besondere Nodes bzw. Masternodes eingeführt, die die Effizienz des Netzwerkes steigern oder Zusatzfunktionen bieten. Bei PoS gibt es manchmal auch besondere Entscheidungsmechanismen für Innovationen oder Änderungen des Systems. Diese Entscheidungen können demokratisch durch die Masternodes getroffen werden oder es wird ein Delegate PoS System eingeführt. Delegate Proof of Stake Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass diejenigen Nodes, die Entscheidungen treffen und neue Blöcke validieren dürfen, von den Nutzern gewählt werden. Hier lassen sich Parallelen zu einer repräsentativen Demokratie ziehen.

Ein Projekt wie Bitcoin ist darauf angewiesen, dass Freiwillige sich um Bug Fixes oder Updates kümmern. Und selbst dann entscheiden die Miner, ob diese Änderungen angenommen werden. Bitcoin ist kein Unternehmen und hat entsprechend auch kein Business Modell. Bitcoin hat allerdings eine formulierte Vision, nämlich diejenige, die Satoshi Nakamoto ihm mit auf den Weg gegeben hat. Dies kann auch bei anderen Projekten der Fall sein und sollte beachtet werden, da sich so durchaus unvorhergesehene und unvorhersehbare Ereignisse entwickeln können (bspw. Forks).

Tauschmittel mit Zusatzfunktionen

Bitcoin, die erste sogenannte Kryptowährung, ist ein reines Tauschmittel. Seit 2009 haben die Entwickler jedoch nicht geschlafen, sondern immer wieder neue Projekte geschaffen und technische Neuerungen eingeführt.

Kryptowährungen wie Dash haben beispielsweise Masternodes, die das Netzwerk und seine Funktionen unterstützen. Das Hauptargument für Dash war lange Zeit die instantane Transaktion von einer Wallet zur anderen. Um dennoch die Sicherheit des Netzwerks nicht zu gefährden, wurden Masternodes zwischen die Wallets geschaltet, die Instant Send erst möglich macht. Die Betreiber der Masternodes tun dies natürlich nicht nur aus gutem Willen, sondern haben einen monetären Anreiz. Sie müssen zwar etwas Geld mitbringen, um eine Node aufzusetzen, aber letztendlich bekommen sie regelmäßig Einkommen durch die Leistung, die sie den Nutzern bieten.

Neben Dash gibt es noch sehr viele Coins, die solche Mechanismen benutzen. Sie bieten nicht nur ein gutes Tauschmittel an, sondern ermöglichen es Nutzern auch, aktiv am Netzwerk teilzunehmen und Geld zu verdienen.

Plattformen mit Tokens

Dann gibt es auch noch die Utility Tokens. Das sind Kryptowährungen, die in einem bestimmten Ökosystem genutzt werden können. Besonders eindrücklich wird die Funktionsweise, wenn man sich das NFT-Gaming ansieht.

Bei dem Play-to-earn-Spiel Axie Infinity treten kleine Axies gegeneinander in Kämpfen an. Die Axies selbst sind NFTs und können durch Nutzung im Spiel besser werden. Sie können auch gezüchtet werden, indem zwei Axies mithilfe einer “Love Potion” (Liebestrank) gekreuzt werden. Diese Love Potion ist ein Utility Token, er kann nur innerhalb des Spiels genutzt werden.

Doch obwohl die Tokens nur innerhalb der Plattform einen Sinn haben, können sie auch auf Kryptoexchanges gehandelt werden.

Dezentrale Exchanges

Die typischen Exchanges wie Binance, Coinbase oder Bittrex dienen dazu, wie an einer Börse Kryptowährungen zu verkaufen. Diese Exchanges sind in der Regel zentralisiert und werden von einem Unternehmen betrieben. Eigentlich widersprechen diese Börsen dem Sinn hinter Kryptowährungen, nämlich der Dezentralisierung von Geld. Sie sind aber dennoch eine gute Anlaufstelle, um schnell und relativ sicher ein paar Coins zu traden.

Anders verhält es sich jedoch bei Dezentralen Exchanges. Diese Börsen bestehen aus einer Desktop App und einem automatischen Mechanismus. Hier können, ganz ähnlich wie bei Ebay, Nutzer ihre Gebote und Gesuche eintragen und dann auf einen Interessenten hoffen. Die Börse selbst mischt sich nicht bei der Transaktion ein und die Teilnehmer sind, zumindest für die Außenwelt anonym. Der Handel wird selbstständig von den Nutzern ausgeführt. Um die ganze Angelegenheit etwas sicherer zu gestalten, werden die Zahlungen von der Plattform im Escrow gehalten, bis die Gegenseite den vereinbarten Preis überwiesen hat.

Die meisten dezentralen Börsen erheben eine Gebühr.

Lending Plattformen

Auf Lending Plattformen werden Kredite aufgenommen und vergeben. Das ganze funktioniert ganz ähnlich wie einer Bank, nur eben mit Kryptowährungen und durch die Nutzer selbst. So kommen Menschen relativ schnell an Kredite und diejenigen, die ihre Kryptos verleihen, haben einen gleichbleibenden Strom an Einkommen.

NFTs

Das große, neue Thema der Kryptowelt nach dem Buzzword “DeFi” sind die NFTs, oder Non-Fungible-Tokens. Hierbei handelt es sich um nicht-teilbare Tokens, die in erster Linie einen Sammelwert haben. Die NFTs aus dem Kunstbereich, wie beispielsweise Bored Ape Yacht Club oder KryptoKitties, bekommen immer wieder große Aufmerksamkeit. So groß sogar, dass die BAYC NFTs für Summen in Millionenhöhe verkauft werden konnten.

Doch nicht nur Sammelbilder sind teil des NFT-Kosmos, sondern seit einiger Zeit auch NFT-Games. Hier werden Spielfiguren als NFTs verkauft und die Nutzer können sich die Zeit auf der Plattform vertreiben. Das bereits erwähnte Axie Infinity ist ein solches Spiel, aber auch Yuga Labs, die BAYC Schöpfer, planen ein Metaverse, in dem mit ihren NFTs gespielt werden kann. Besondere Aufmerksamkeit bekommen vor allem play-to-earn Games, also Spiele, bei denen die Spieler auch Geld verdienen können.

Im nächsten Teil geht es um die Teilnahmemöglichkeiten an den Projekten für die Nutzer. Dabei werden wieder verschiedene Projekte unter die Lupe genommen und gezeigt, wie man ein aktiver Teil der Krypto-Community werden kann. Auch wann man kein Geld in eine Kryptowährung investieren will.

Disclaimer: Dieser Artikel ist für Anfänger geschrieben, die noch wenig Überblick und Verständnis von Kryptowährungen haben. Es soll ein erster Einblick gegeben werden, wie die Welt der Kryptowährungen funktioniert und was es zu beachten gilt.

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