Neues von Oma

in #oma6 years ago

Ihr Lieben,

Ich berichtete bereits schon vor 2 Wochen ins Krankenhaus gekommen ist. Den älteren Beitrag hierzu findest du hier.

Einige Zeit ist vergangen und ich kann euch mitteilen, dass wir die Pflegesituation für alle erleichtert haben. Meine Oma wohnt seit diesen Mittwoch im Pflegeheim. Sie hat sich zu Beginn mit Händen und Füßen gewehrt und es war kein leichtes Unterfangen, aber sie ist angekommen.

In der Klinik konnte ich sie nicht besuchen. Umzug, Arbeit und ständige Besichtigungen unserer Wohnung machten es mir nicht möglich.

Heute habe ich mich dann mit meinem Vater am Pflegeheim verabredet. Wir wollen Oma besuchen. Ich zitterte am ganzen Körper. Hatte Angst vor dem was mich dort erwartet. Wie ist sie drauf? Wie sieht sie aus? So ein Klinikaufenthalt ist ja gerade in ihrem Alter nicht mehr auf die leichte Schulter zu nehmen.

Wir kamen herein. Oma saß in ihrem Rollstuhl, der Pfleger war vor Ort und verließ den Raum als wir kamen. Oma weinte als sie meinen Vater sah und freute sich überschwänglich.

Und dann sah sie mich und meinen Freund. Da war kein Halten mehr. Oma weinte Sturzbäche und holte kaum noch Luft. Sie freute sich ohne Ende. Meine Tränen unterdrückte ich. Oma hasst es wenn ich weine.

Ich ging kurz vor die Tür um einmal durchzuatmen und die Tränen zu trocknen.

Oma hat es gut dort. Das Pflegeheim wurde in diesem Jahr neu gebaut. Dementsprechend ist das Zimmer und auch das Badezimmer neu und lädt zum Wohlfühlen ein, auch wenn das bei Oma noch nicht so ankommen will.

P1070014.JPG

Das Zimmer ist voller Bilder der Kinder und Enkel, Spiele und natürlich Knöpfe (Sie sortiert immer wieder Knöpfe).

Es war nicht leicht für mich. Oma ist mittlerweile mitten in der Demenz angekommen. Klare Momente gibt es selten und häufig kann man mit dem was sie sagt, gar nicht wirklich etwas anfangen.

Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis Oma sich gefangen hatte und nicht mehr weinte. Sie scherzte und lachte. Aber auch die Aggressionen die wir bereits kennen zeigten sich. Doch im Großen und Ganzen machte sie auf mich einen guten Eindruck.

Sie erzählte mir von den anderen Bewohnern. Die können nämlich alle nicht richtig essen.

,,Da kriege ich das Kotzen bei so Leuten."

Ja Oma hält damit nicht vorn Berg. Auch nicht vor den anderen Bewohnern. Leider eine Folge der Demenz.

Wir setzten Oma ihren neuen Strohhut auf und fuhren mit ihr nach draußen. Dort saßen wir in der Sonne, Oma im Schatten und wir schnackten. Sie berichtete von allerlei Erlebnissen und lachte immer wieder.

,,Deern, ich hätte so gerne einen farbenfrohen Hut. Nicht son einfarbiges Ding. Keine Ahnung wo der herkommt."

Ich pflückte eine Blüte im Garten ab und steckte sie Oma an den Hut. Und schon war sie happy. Morgen werde ich mal schauen ob ich meiner Oma (auch von euren lieben Spenden) einen schönen Sommerhut kaufen kann, der bunt ist.

Von meinem Vater bekam sie ein kleines Metallherz, das klingelt wenn sie es schüttelt. Auch das war ihr absolutes Highlight.

Mein Vater sieht langsam wieder aus wie ein Mensch. Er lernt gerade durchzuschlafen und wirkt erholt. Ein Zurück gibt es für Papa nicht mehr, da Oma mittlerweile nicht mehr alleine laufen kann.

P1070361.JPG

Fazit:
Wir sind zufrieden solange Oma es ist. Wir sind beruhigt, weil wir wissen, ihr kann nichts passieren und sie ist in den besten Händen. Solange wir unsere Oma noch ein wenig auf der Erde behalten können und sich ihr Zustand nicht verschlechtert, sind wir alle glücklich.

Natürlich schreit Oma nach uns wenn wir gehen oder weint. Doch das ist laut dem Pfleger schnell vergessen, wenn man sie ablenkt. Klar fällt es uns schwer. Es hinterlässt eben doch das Gefühl von ,,abgeben". Aber wir wissen, dass wir sie zu Hause nicht optimal versorgen können.

Ich erinnere mich heute besonders an einen Satz, den meine Oma zu mir sagte, bevor die Demenz schlimm wurde.

Tags zuvor ist sie vollkommen ausgerastet, hat rastlos Taschen gepackt und wollte wegfahren. Sie zu beruhigen gelang mir nur nach einigen Stunden. Einen Tag später saß ich mit Oma am Tisch und hatte das Gefühl, ich könnte sie mit den Geschehnissen konfrontieren.

,,Oma was war denn gestern mit dir los? Das hat mir Angst gemacht. Du wolltest weg, hast dich nicht abhalten lassen, warst komplett unruhig."

,,Deern, ich bin und bleib deine Oma. Zumindest im Herzen. Wenn mein Kopf nicht mehr so mitmacht wie ich will, dann habe keine Angst. Du weißt wie deine Oma war und das da gestern? Da war ich nicht ich selbst."

Und das versuche ich mir immer wieder stakkatoartig zu sagen. Sie ist und bleibt meine Oma, egal was die Demenz aus ihr macht. Sie liebt mich und hat mich in ihrem Herzen.

,,Auch wenn nichts mehr von dir übrig bleibt, die Liebe zu dir hält ewig!"

Wie würde es euch in dieser Situation gehen? Oder was habt ihr (falls ihr so einen Fall in der Familie hattet) gegen das schlechte Gewissen gemacht?

Lasst es mich in den Kommentaren wissen.

Sort:  

Liebe Nina, endlich ein Lichtblick ! Das fühlt sich schon mal gut an. Alles andere wird sich auch zu Deinem Vorteil entwickeln.
Glaub mir.

Liebe Cornelia,

Ja wir leben momentan von Schattenseiten und Lichtblicken, aber es geht voran :)

Liebe Grüße!

Liebes @kuestenmaedchen (liebe Nina),
zunächst wünsche ich dir und deiner Familie weiterhin viel Kraft und Durchhaltevermögen. So eine Umstellung mit dem Heim ist natürlich erstmal anstrengend und auch ein komisches Gefühl, aber letztlich vermutlich für alle Beteiligten das Beste.

Ich kenne es von meiner Oma, die zwar nicht dement ist, aber fast nichts mehr sieht. Daher musste sie auch vor ein paar Jahren ins Heim, auch wenn sie an sich noch daheim in der gewohnten Umgebung halbwegs klar kam. Leider mussten wir einsehen, dass es eben allein dann doch nicht mehr dauerhaft ging. Auch mit nachts hinfallen und sowas.
Und die erste Zeit war es für sie schon schlimm, weil sie den Eindruck hatte, dass sie da nicht hingehört - klar, anderen geht es eben (geistig oder körperlich) viel schlechter und dann sieht das schon auf den ersten Blick so aus. Aber nach einer Weile hat sie sich dann eingelebt, konnte auch ein paar Möbel aus dem Haus ins Zimmer holen und mittlerweile geht es ihr wieder ganz gut. Und der Rest der Familie ist dann auch beruhigter, wenn man weiß, dass immer jemand da ist und sich bei Bedarf kümmert.
Von daher hatten wir letztlich eigentlich nicht wirklich ein schlechtes Gewissen. Die Entscheidung zu treffen war sicherlich im ersten Moment hart, aber - vor allem rückblickend betrachtet - sicherlich die richtige.

Lieber @thepe,

Danke für das Kommentieren und Lesen. Danke, für können jede Kraft gebrauchen.

Ja häufig ist es ja so, dass die älteren Damen und Herren Angst vor der Veränderung haben. Angst vergessen zu werden. Schön, dass du davon berichtest, dass ihr es im Nachhinein noch als gut erachtet. Das macht Hoffnung.
Ich denke wir gehen den richtigen Weg :)

Liebe Grüße an dich.

Ein toler Bericht. Leider habe ich meine Grosseltern schon vor einiger Zeit verloren. Ich mag mich aber noch gut an solch ähnliche Gespräch erinnern. Bei meiner Grossmutter wurde ebenfalls Demenz prognotiziert und am Schluss hat sie uns fasst nicht mehr erkannt, sich hundert mal wiederholt usw. Das war nicht immer eine einfache Zeit. Aber ich möchte sie auf keinen Fall missen. Ich bin froh konnte sie über 90 Jahre glücklich auf dieser Erde verweilen.

🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️🏝️
Mit lieben Grüssen aus der sonnigen Karibik!
Abenteuer und Reiseberichte aus der Dominikanischen Republik.

Demenz ist eine der furchtbarsten Erkrankungen wenn du mich fragst. Du verlierst alles, was dich ausmacht. Deine Seele, deine Persönlichkeit, dein gesamtes Dasein. Ich geb mir glaube ich irgendwann die Kugel, wenn ich die Diagnose bekomme. Ist wirklich schlimm mit anzusehen.

Mal schauen, wie wir Oma wieder einigermaßen aufpeppeln :)

Coin Marketplace

STEEM 0.27
TRX 0.13
JST 0.031
BTC 62177.56
ETH 2918.14
USDT 1.00
SBD 3.66