Aktienstrategien - Erwecke den Affen in Dir!

in #aktien5 years ago

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Der Vorteil der Niedrigzinsphase ist, dass mit jedem neuen Jahr es doch immer mehr Leute gibt, die sich langsam bewusst werden, dass man sie nicht einfach nur aussitzen kann, sondern wirklich etwas aktiv machen muss. Dies führt dazu, dass man immer wieder mit Aktienneulingen ins Gespräch kommt. Erst neulich hatte ich ein interessantes Gespräch mit jemanden, der nun schon eine ganze Weile den Aktienmarkt im Auge hält und trotzdem den letzten Schritt nicht gemacht hat und einfach einmal ins kalte Wasser gesprungen ist, um einige Erfahrungen zu sammeln.

Erst nach einer ganzen Weile verstand ich wirklich, was das eigentliche Problem war. Er war verwirrt über den Begriff der „Aktienstrategie“ und das er sich nicht sicher sei, welche er den wählen solle. Zunächst dachte ich einfach nur, dass er sich nicht zwischen irgendwelchen entscheiden könne, doch langsam kristalisierte sich heraus, dass er mit dem Begriff „Strategie“ sich selbst schwer tat.

Es ist ein klassisches Beispiel für die Arroganz, die wir Erfahrenen oft haben. Wir nutzen im Börsenjargon oft Buzzwords, die uns helfen uns untereinander besser zu verstehen und sich leichter gegenseitig zu erkennen. Das dies gerade für Neulinge manchmal ein wenig schwer zu verstehen ist, kommt uns dabei leider meist nicht in den Sinn. Daher an dieser Stelle ein kurzer Exkurs darüber, was eigentlich eine Aktienstrategie ist und wieso man sie als Neuling eher schätzen sollte und nicht daran verzweifeln sollte. Dabei möchte ich an dieser Stelle gar nicht auf das Für und Wider einzelner Strategien eingehen, womit die Erfahrenen von Euch sich wohl eher langweilen werden oder eben eher ein wenig schmunzeln müssen.

Der Begriff „Strategie“ leitet sich aus dem griechischen Wort „strategos“ ab. Dies bedeutet nichts anderes als „Herrführer“, womit die Strategie nichts anderes war als die Kunst ein ein Heer zu führen. Doch der heutige Begriff hat sich ein wenig gewandelt. Damit eine Armee vernünftig funktioniert und überhaupt geführt werden kann, bedarf es einige Verhaltensgrundsätze auf die man sich einigt und sich festlegt. Üblicherweise sind dies dann Hierachien, die eingehalten werden müssen.

Man stelle sich nur vor wie jemand versucht ein Heer zu führen und es darunter keine Hierachie gäbe und jeder einfach das machen würde, was er für richtig hält. Natürlich können auch solche Systeme funktionieren, allerdings haben diese dann nichts mehr mit Führung zu tun. Und damit ein hierachieloses System halbwegs funktioniert, braucht man auch hier gewisse Annahmen und Regeln an die sich die einzelnen Teile halten müssen.

In der Aktienwelt versteht man unter einer Strategie einen Plan für ein Verhalten. Insbesondere eben ein Muster nach dem man sich Aktientitel auswählt und ein Regelwerkt dafür wann man diese kauft oder eben verkauft. Es gibt dabei sehr einfache Strategien, die teilweise so naheliegend sind, dass jeder sie versteht und auch eher komplexere Strategien, die man auf den ersten Blick nicht ganz verstehen kann.

Machen wir einmal ein Gedankenspiel! Wir haben von Börse absolut überhaupt keine Ahnung und kommen zu dem Schluss, dass jeder unsere Entscheidungen ohnehin nicht auf Fachwissen aufbauen würde. Daher gehen wir wie folgt vor. Wir organisieren uns aus einem Zoo einen Schimpansen, der Anfang des Jahres eine List des DAX vorgelegt bekommt. Dieser soll dann auf 3 Titel in diesem zeigen. Diese Titel kaufen wir sofort an der Börse ein. Danach würfeln wir mit 5 Würfeln und ermitteln die Anzahl der Tage nach denen wir wieder verkaufen. Also zwischen 1 und 30 Tagen. Sobald der Tag eintritt, verkaufen wir einfach wieder.

Ein solches Regelwerk ist eine Strategie. Vermutlich keine besonders gute, sondern eher eine bei der den meisten Börsianern ein eiskalter Schauer über den Rücken läuft. Trotzdem ist es eine absolut valide Strategie und ist sogar bei einer näheren Betrachtung – wie so oft – gar nicht so blöde wie sie scheint.

Immerhin hat es an der Wallstreet eine gewisse Tradition Affen für die Vorhersage von Börsenkursen einzusetzen (https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/wie-schimpansen-mit-dart-pfeilen-zu-den-besten-bankern-der-wall-street-wurden_H1960490147_546306/). Immerhin Schlug der Schimpanse rund 6000 Broker der Wallstreet und rangierte auf Platz 22. der besten Investoren des Jahres 1999. Man sollte sich also stets immer davor hüten eine Strategie gleich per se als Blödsinn abzutun ;) (okay, ich wollte nur eine nette Annektode einbauen!)

Eine Strategie ist im Kern also nur ein Paradigma in dem wir unsere Verhaltensweise für die Börse festlegen. Wenn man besonders diszipliniert ist, kann man dies vielleicht auch einfach so tun. Wer nicht so besonders gut darin ist, sollte sich durchaus den Spaß machen und es sich einmal aufschreiben. Ja, es mutet merkwürdig an, kann aber helfen.

Doch wofür braucht man überhaupt eine Strategie? Gerade Neulinge können sich meist gar nicht vorstellen, was für ein immensen Druck der Markt auf einen Ausüben kann. Jeder der sein Depot einmal um 50% runterrauschen gesehen hat, wird sicherlich bestätigen können, dass dies sehr auf die Stimmung schlagen kann und man mitunter anfängt sich zu fragen, ob man dies nicht hätte verhindern können. Viel schlimmer jedoch ist, dass viele dann versuchen Verluste zu begrenzen und dann am Tiefspunkt verkaufen. Ein Phänomen, dass man immer wieder beobachten kann.

Hier hilft es dann einen klaren Verhaltenskodex definiert zu haben und diesen gerade in solchen akuten Krisen auch einzuhalten und ganz systematisch auszuführen ohne das man sich seinen Emotionen hingibt. Alleine dadurch wird man sich eine ganze Menge Kummer (und vor allem Geld) sparen können.

Eine Strategie kann damit immer etwas sehr individuelles sein, auch wenn es verschiedene Großkategorien von Strategien gibt, die sehr häufig im Netz oder in Fachzeitschriften diskutiert wird. So gibt es beispielsweise die „Buy & Hold“-Strategien, die man in der Kryptosphere vermutlich einfach nur „HODLer“ nennen würde. Also jene Leute, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Aktie kaufen und diese dann langfristig halten und sich überhaupt nicht um das aktuelle Marktgesehen scheren.

So akzeptiert ein solcher Investor, dass der Markt typischerweise Schwankungen haben wird. Es gibt Jahre wo es einmal besser und einige Jahre in denen es mal etwas schlechter läuft. Er weiß auch, dass die meisten Bullenphasen länger anhalten und die Krisen meist nicht länger als 3 Jahre. Somit setzt er seinen Horizont entsprechend lang an. Hat sich eine Aktie bisher um 10% jedes Jahr gesteigert, so nimmt er an, dass diese es auch in den nächsten Jahren tun wird. Somit würde eine Aktie die 50€ kostet nach 5 Jahren eben ca. 80€ Wert sein. Stürzt diese dann ohne äußer Faktoren auf z.B. 40€ ab, stöhrt ihn das nicht weiter. Er will ja sowieso abwarten.

Eine beliebte „Buy & Hold“-Strategie sind z.B. Dividendenstrategien bei denen der Investor vorwiegend auf die Dividendenrendite abzielt und versucht sich besonders starke Titel ins Portfolio zu holen, damit er diese im besten Fall ein Leben lang halten kann. Er kann z.B. einen Value-Investing-Ansatz fahren und eine Fundamentalanalyse durchführen um einen fairen Wert der Aktie zu ermitteln. Sinkt der Kurs darunter, schlägt er zu!

Was aber tun, wenn man gar keine Ahnung von Fundamentalanalysen hat? Dann könnte man z.B. eine Dividendenstrategie wie „Dogs of the Dow“ fahren. Hierbei wählt man einen Index aus (klassischerweise den Dow Jones) und kauft dort die 10 Titel mit der größten Dividendenrendite jedes Jahr. Am Ende des Jahres prüft man nun, ob noch alle Titel enthalten sind. Ist einer nicht mehr dabei, schmeißt man ihn aus dem Depot heraus und kauft die neuen Titel ein.

Man sieht hier eben dran, dass es keine klassische „Buy & Hold“-Strategie ist. Aber trotzdem eben eine Dividendenstrategie bei der wir uns sogar mit den Regeln einen klaren Kauf- und Verkaufsregime unterwerfen. Wer eine solche Strategie folgt muss überhaupt nicht mehr nachdenken und kann ganz stumpf am Anfang des Jahres einen „Code“ ausführen und braucht diesen nur abzubilden. Er braucht keine Fundamentalanalyse oder irgendwelche Charttechnik, sondern geht einfach ganz stumpf nach Kennzahlen vor.

Viele dieser Strategien wurden im Laufe der Jahre untersucht und es stellt sich heraus, dass viele gerade einfache Strategien manchmal erstaunlich gut funktionieren und im Kern wesentlich effizienter sind als Experten, die mittels einer Fundamentalanalyse versuchen die Zukunft vorher zu sehen. Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder Ansätze die Strategien zu verfeinern und ihre Schwachstellen zu beseitigen. Gerade die daraus resultierenden Varianten scheinen oft für Einsteiger das zu sein, was sie so sehr verwirrt.

Wie findet man nun seine eigene Strategie? Hierfür sollte man sich im Vorfelde gedanken machen, wie man selbst eigentlich tickt. Was für ein Investor möchte man sein? Finde ich es interessant und fordernd regelmäßig in die Bilianzen von Unternehmen einen Blick zu werfen und mich über dessen Geschäfte auf dem laufenden halten? In welchen Märkte will ich eigentlich investieren? Bin ich eher ein Spekulant und möchte eher auf bestimmte Ereignisse setzen und mich danach wieder schnell von den Aktien trennen? Belasten mich Wirtschaftsthemen und ich finde keine Freunde daran?

Wichtig ist dabei, dass man sich nicht einfach nur in solche Themen verfängt und darauf hängen bleibt. Nicht wenige Menschen bleiben über Jahre hinweg mit diesen Fragen hängen und haben ständig Angst Fehler zu machen, so dass sie am Ende einfach gar nichts machen. Das ist dann natürlich der größte mögliche Fehler!

Jeder der Probleme hat eine Strategie für sich zu finden und für sich solche Ziele zu formulieren, sollte sich auf die „Buy & Hold“-Ansätze fokusieren. Gerade mit recht wenig Erfahrungen ist man hier auf einer recht sicheren Seite und kann sich den Luxus können auch einfach mal über Monate hinweg gar nichts zu machen und einfach nur zu beobachten. Denn genau das ist am Anfang am wichtigsten! Zu verstehen wie der Markt tickt, wie man selbst dabei verhält wenn die Kurse hoch und runter gehen und man auch nach und nach neue Ideen entwickelt.

Wer einfach einen Bluechip wählt und sich zum Ziel setzt es 5 Jahre zu halten, wird am Ende vermutlich mit einem Plus aus der Sache gehen und hat wahrlich genügend Zeit um ein wenig zu beobachten und sich in die Materie einzulesen.

Auch wenn es in Ratgebern immer gesagt wird, dass man seine Strategie nicht ändern soll, bezieht sich das vorwiegend an Neulinge. Wenn wir ein „Buy & Hold“ fahren und dann nach 2 Wochen eine Tradingstrategie fahren, dann kann sich beides nicht wirklich entfalten. Aber es spricht nichts dagegen im laufe der Jahre seine Strategie zu justieren und zu verfeinern. Man darf ruhig neue Erfahrungen auch einbringen.

Auch die Aussage, dass man nur eine Stategie haben darf, ist IMHO völliger Humbug. Gerade jene die eine Dividendenstrategie über Jahre fahren, kommen oft langfristig dazu auch ein zweites Depot mit spekulativeren Aktien zu führen. Eben jene, die nicht jetzt irgendwelche Dividendenstars sind, sondern es vielleicht erst noch werden. Absolut nichts dagegen einzuwenden, solange man eben nicht die ganze Zeit hin und her springt und seine Strategie brav im jeweiligen Depot beläst.
Ich selbst habe hier ja schon oft von meiner „2+2“-Strategie gesprochen. Von jedem Titel im Depot erwarte ich 2% Kurswachstum und 2% Dividendenrendite. Ist das eine niedriger als das andere, kann es sich miteinander ausgleichen. Erst wenn ein Titel 3 Jahre in Folge dieses Ziel verfehlt, wird es ein Kandidat für einen möglichen Verkauf. Ich bin also durchaus geduldig und bereit auch mal schlechte Phasen auszusitzen und ein Titel mit 5% Dividendenrendite pro Jahr ist nahezu garantiert ewig bei mir im Portfolio.

Die Aktien wähle ich dabei meist immer nach Region & Branche aus, wo ich das Depot untergewichtet halte und führe dann bei den einzelnen Titeln eine Fundamentalanalyse durch, damit es mir einfacher fällt mich zwischen diesen zu entscheiden. Ich mache dies gerne und habe meinen Spaß damit. Strategien wie „Dogs of the Dow“ finde ich ein wenig esoterisch, kann aber durchaus nachvollziehen, wenn diese jemand fährt und bin auch nicht verwundert, wenn es dann klappt.

Macht Euch also Gedanken, aber verliert dabei nicht den Kopf! Eine Strategie soll Euch Sicherheit in einem chaotischen Umfeld geben und Euch den Weg erleichten. Sie soll keineswegs dazu dienen Euch zu verwirren oder gar Angst machen! Für jedes Marktumfeld gibt es bessere und schlechtere Strategien und da niemand weiß wie der Markt sich entwickelt, spielt am Ende eben auch immer ein wenig Glück mit rein. Eine Strategie hilft uns aber im nachhinein zu verstehen, wieso wir Entscheidungen getroffen haben!

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Das wichtigste ist, das einem die jeweilige Strategie klar ist und man sich konsequent daran hält.
Will ich traden oder investieren? - Ist eine der wichtigsten Fragen, die man sich beantworten sollte.

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Das wichtigste ist, das einem die jeweilige Strategie klar ist und man sich konsequent daran hält.

Wie gesagt mit der Konsequenz sollte man es auch nicht übertreiben. Man kann immer nachjustieren, allerdings sollte es eben immer eine bewusste Entscheidung in einer ruhigen Zeit sein und nicht auf Grund einer gerade eingetretenen Marktsituation. Dann muss man standhaft bleiben.

Will ich traden oder investieren? - Ist eine der wichtigsten Fragen, die man sich beantworten sollte.

Absolut. Wobei interessanterweise die meisten zu ersteren tendieren, weil sie sich nicht lange binden wollen. Dabei wollen die meisten eigentlich eher Zweiteres. Je weniger Ahnung, umso größer sollte der Planungshorizont gewählt sein.

So dein 24h Upvote nachgeholt... danke für deine Delegation.... du bist in der Liste mit aufgenommen.... Wenn du zusätzlich helfen möchtest kannst du gerne diesem Kommentar noch ein Upvote verleihen.... Vielen lieben dank

Servus.

Guter Artikel. Ja da kann ich nur beipflichten. Lernen, lernen, lernen ist das A und O.
Die STrategie sollte jeder, denke ich, so wählen wie sie für ihn passt. Also zum Beispiel wie lange er investieren will, auf welches Ziel er spart (ich z.B. baue mir ein Portfolio das ich einmal an meinen Sohn weitervererben möchte; was leichter klingt als es ist), und ja gaaaaaanz wichtig, wieviel Nerven jemand mitbringt. Wie du schon so schön geschrieben hast, wenn dein Portfolio mal um 50 % in die Knie geht, geht einem der Allerwerteste ganz schnell auf Grundeis. In dem Zusammenhang, ist auch eine Absicherung Gold wert.

LG

Ja da kann ich nur beipflichten. Lernen, lernen, lernen ist das A und O.

Absolut. Und das schnellste Lernen ist es oft eben, wenn man etwas durch Erfahrung lernt. Von daher habe ich so manch versammelte Investition getrost auch einfach mal auf "Lernen" verbucht ;)

(ich z.B. baue mir ein Portfolio das ich einmal an meinen Sohn weitervererben möchte; was leichter klingt als es ist)

Aufrichtigen Daumen hoch! Das Alter hat das Kapital, die Jugend hat die Zeit. Schafft man es beides Zusammen zu bringen, kann das eine enormer Hebel sein. Finde es daher wirklich prima, wenn Eltern eine solche Weitsicht mitbringen und bereits entsprechend vorsorgen. Die 20-30 Jahre die das Kind somit als zusätzlichen Hebel mitbringt, kann wirklich eine Menge ausmachen.

Ansonsten natürlich vollkommen richtig. Gerade der Planungshorizont ist bei der Ausfall immer am wichtigsten. Wobei man nur eben aufpassen muss, dass einige auch wirklich einen ausreichend langen wählen. Es gibt ja immer noch jene, die dann planen in einem Jahr mit der Arbeit aufzuhören... ;)

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