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RE: Wieder mal ein Artikel über das Wesen des Geldes - Teil 1

in #deutsch6 years ago

Das kann ich gerne erklären: Das mit dem Haus war nur ein Beispiel, weil der Otto Normalverbraucher nun mal in den meisten Fällen einen Hauskredit aufnimmt. Das "Haus" im Beispiel stand für "Sicherheiten", auf Englisch "Collaterals". Dazu zählt praktisch alles: Produktionsmittel, Bodenschätze, Energieträger, Energieströme, Infrastruktur, Patente, Know-How, einfach alles was einen Wert hat.

Die Verhaltensweise der von Dir genannten Bank erklärt sich daraus, daß es sich nicht, wie in meinem Beispiel gesetzt, um eine einzige große Bank handelt, sondern es viele Banken sind. In meinem Beispiel gab es nur eine Bank, einen Kreditnehmer und ein Haus. Dein Beispiel ist aus der realen Welt, und da ist es natürlich nicht so, sondern da gibt es viele Banken, viele Kreditnehmer und viele Häuser. Aber es ist ein und dasselbe System. Also: Es existieren ja drei Geldkreisläufe. Der eine ist der zwischen der Bank und dem Kunden, der andere zwischen der Bank und anderen Banken, und der dritte zwischen Bank und Zentralbank. Interessant ist in diesem Fall der Interbankenhandel, der mehr oder weniger ausgeglichen sein muß.

Zunächst einmal: Die Bank kann nicht einfach ein eigenes Konto aufmachen, da eine beliebige Summe draufbuchen und es dann ausgeben um sich damit Häuser zu kaufen. Das würde das gesamte System gefährden und somit die Macht der Banken zerstören, denn wenn sie das täte, könnten ja, theoretisch, alle Schulden beglichen werden. Das tut also keine Bank, und die Finanzaufsicht hat da auch ein Auge drauf, denn dafür ist die Finanzaufsicht ja da, nämlich um sicherzustellen, daß sich die Geschäftsbanken an die Vorgaben der Zentralbank halten. Die ist nicht dazu da, um die Banken im Sinne der Verbraucher kontrollieren, auch wenn das gerne erzählt wird.

Der andere Grund, warum Banken diese Häuser "unter Preis kaufen" ist der Interbankenhandel. Die Zahlungsströme zwischen den Geschäftsbanken müssen immer mehr oder weniger ausgeglichen sein, denn sonst kommen Banken in Schieflage. Siehe beispielsweise Lehmann Brothers. Die sind ja nicht pleite gegangen weil sie kein Geld mehr hatten. Die haben in dem Jahr schließlich zig Milliarden Gewinn gemacht, es hat nur nicht gereicht. Wenn eine Bank zu viele Kredite vergibt, dann hat sie ein Geldabfluß, weil die vergebenen Kredite sich ja im Bankensystem verteilen. Kreditnehmer von Bank A baut von seinem Kredit ein Haus, überweist also das Geld an die Baufirma, die ihr Konto bei Bank B hat, die ein Architekturbüro bezahlt, dessen Konto bei Bank C ist usw. Nun haben die anderen Banken Geldeingänge und die Hemmschwelle für die Kreditvergabe sinkt, was dann wieder zu einem Abfluß auf ihrer Seite führt. Umgekehrt ist es ebenso. Vergibt eine Bank grundsätzlich keine Kredite, fließt ihr Geld von anderen banken zu, und die anderen Banken vergeben auch immer weniger Kredite, und das ganze gleich sich so wieder aus. Auf diese Weise ist praktisch vorgegeben, daß die Banken bei ihrer Kreditvergabe eine bestimmte Bandbreite nie verlassen. Ein sehr ausgeklügeltes System. Und da ist es dann oft notwendig, Sachen unter Preis zu verkaufen, wobei das oft täuschen mag, denn das eine spielt sich auf der Ebene Bank - Kunde ab, während sich das andere auf der Ebene Bank - Bank abspielt. Die Ebene Bank - Zentralbank ist nochmal eine andere.

Natürlich ist es so, daß die Bank ein Haus, das mal 800.000 wert war, nach dem Platzen der Blase dennoch für 150.000 verkaufen kann. Das belegt ja gerade meine Theorie. Ein Privatmann würde das wohl kaum tun. Er würde einfach in dem Haus wohnen. Die Bank kann sich aber leisten das zu tun, da sie aus obengenannten Gründen das Geld braucht und nicht ein zusätzliches Dach über dem Kopf. Sie darf aber in dem Fall auch nicht einfach Geld aus dem Nichts erzeugen. Das kann sie nur, wenn jemand einen Kredit aufnimmt. Theoretisch könnte sie sogar dem, der das Haus für 150.000 kaufen möchte, einen Kredit dafür geben. Der Bank gehören vermutlich hunderttausende von Häusern, und für die Bank hat das Haus einen geringeren Wert als für jemanden, der kein Haus hat (Verhältnis Bank - Kunde ≠ Verhältnis Bank - Bank). Einen Verlust erleidet die Bank dadurch freilich nicht, denn für den geplatzten Kredit haftet die Geschäftsbank gegenüber der Zentralbank in den USA mit 1% - in dem Fall also mit 8.000 US$. Das ist der sogenannte Mindestreservesatz. Die Bank darf das. Der Otto Normalbürger nicht. Er kann nicht den Kredit platzen lassen, zur Zentralbank gehen und dort die Haftungssume auf den Tisch legen. Er verliert das Haus.

Wenn wir mein Eingangsbeispiel in einen größeren Maßstab ziehen, dann fällt nicht nur das Haus an die Bank, sondern ganze Länder. Auch hier gilt: Die Bank will nicht das Geld. Sie will das Haus die echten Werte, also die Häfen, die Ölquellen, die Straßen, die Äcker usw. Diese werden dann wiederum an Firmen weiterverhökert, die ihnen meist selbst gehören, oder die finanziell von ihnen abhängig sind. Das übrigens oft zu Schleuderpreisen, wie man in vielen Ländern beobachten kann.

John Perkins: Bekenntnisse eines Economic Hit Man - erweiterte Neuausgabe: Unterwegs im Dienst der Wirtschaftsmafia
Ernst Wolff: Weltmacht IWF - Chronik eines Raubzugs

Das erklärt z.B. auch die Vorgehensweise des IWF - das ist ja im Prinzip nichts anderes als eine Bank. Eigentlich ist es der Srtrohmann der FED. Die gehen nun zu Drittweltländern und zwingen denen Kredite auf. Nach Deiner Theorie müßte ihnen das Geld wichtiger sein, und nichts wäre absurder, als dieses Geld einem Land zu leihen, bei dem von vornherein klar ist, daß es das niemals bezahlen kann. Aber die Kredite werden nicht nur "vergeben", sondern sie werden den Regierungen in diesen Ländern mit Gewalt aufgezwungen. Nochmal: Es steht schon vor der Kreditvergabe fest, daß der Kredit nicht zurückgezahlt werden kann. Niemand würde das mit Geld machen, das er vorher verdienen mußte. Banken können es einfach mit einem Bilanztrick aus dem Nichts erschaffen, und deshalb ist ein Ausfall auch kein Problem, weil sie ja dafür die Collaterals bekommen. Wie das im einzelnen abläuft, beschreibt John Perkins sehr detailliert in seinem Buch "Geständnisse eines Economic Hitman" und auch Ernst Wolffs "Weltmacht IWF" ist diesbezüglich sehr lesenswert.

Über den IWF komme ich noch zu Griechenland, weil das direkt nebenan liegt und sehr schön zeigt, wie die Bankenmafia agiert: Griechenland wollte kein Geld, DE wollte nicht bezahlen. Eigentlich hätten also Deutsch- und Griechenland also kein Problem miteinander. Dennoch kam es trotz allem zu einem Bailout. Das zeigt also folgendes: Hier muß noch eine dritte Instanz im Spiel gewesen sein, denn die beiden Parteien waren sich eigentlich einig. Die Griechen haben sogar eine entsprechende Partei gewählt und ein Referendum gemacht, und da wurde trotz aller Manipulierungsversuche (Stimmauszählungsfirma war Tochterfirma von Goldman & Sachs) mit Nein gestimmt. In DE gibt es keine Referenda, also wurde da zwar nicht die Bevölkerung gefragt, aber man war sich ursprünglich einig, daß es keinen Bailout geben würde. Es gab ihn doch. Das läuft so ab: Die Troika (EU-Kommission, EZB und IWF) bestimmt, daß die Griechen Geld bekommen. Dafür muß aber natürlich jemand haften, und das übernimmt DE. Es ist auch hier von Vornherein klar, daß Griechenland diese Kredite niemals wird zurückzahlen können, aber das ist egal, denn es geht um die "Collaterals". Griechenland ist bereits ausverkauft aber bei den Deutschen ist noch einiges zu holen. Wenn es wirklich um das Geld ginge, dann dürfte das so gar nicht stattfinden. Aber auch dieses Beispiel zeigt, worum es wirklich geht. Am Ende gehen dann die Kruppwerke an irgendwelche chinesischen oder amerikanische Konsortien, die wiederum über Ecken an irgendeiner der Big Banks hängen und ihre Firmenpolitik danach richten müssen.

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Du gibst die perfekte Antwort.
Das Problem ist nicht das Geldsystem, sondern das politische System.
Man muss den Regierungen und ihren Freunden den Stecker ziehen, nicht das Kreditgeldsystem.
Das Kreditgeldsystem gab es schon bevor es Staaten gab.
Dahin müssen wir wieder zurück.

Staaten sind natürlich ein Problem. Aber das sind trotzdem nur die Aufseher. Kredit gab es schon immer. Das ist richtig. Wenn der Schuster Fische wollte aber der Fischer keine Schuhe brauchte, dann gewährte der Fischer dem Schuster Kredit (sprich er glaubte ihm). Er lieferte ihm also die Fische, weil der Schuster ihm irgendwann in der Zukunft ein neues Paar Schuhe schustert. Beide bringen eine Leistung, der eine gleich, der andere in der Zukunft und der eine gewährt dem anderen Kredit bis die Schuld beglichen ist. Das ist das Wesen des Kredites in der realen Welt. Und wenn mal keine Fische da sind, dann kann der Fischer keine herzaubern.

Das ist doch ein fundamentaler Unterschied zu dem Geldsystem, das wir heute haben. Hier ist die Leistungserzeugung eine recht einseitige Sache, denn die "Leistung" der Bank besteht nicht aus Arbeit, sondern sie "erfindet" praktisch die Fische. Das ist schlicht Betrug. Das wäre so, als würde der Fischer dem Schuster keine Fische liefern, sondern ihm nur versprechen, daß ihm irgendwer irgendwann Fische liefern wird, und dafür dann ein neues Paar Schuhe verlangen. Darauf würde sich natürlich niemand einlassen. Also kommt hier der Aufseher, sprich der "Staat", ins Spiel, der den Schuster praktisch zwingt, die imaginären Fische des Fischers anzunehmen und ihm garantiert, daß er diese auch beim Bäcker benutzen kann.

Aber der tut der Staat ja nur deswegen weil er selber davon profitiert. Weil nämlich der falsche Fischer ihn an seinem ergaunerten Reichtum teilhaben läßt. Der Staat ist nur der dumpfe Kraftprotz, der das macht, was ihm der Chef sagt, der ihn dafür bezahlt und ihm erzählt er sei der Größte. Den Dummbratz mit den starken Armen könnte man zwar wegmachen, aber dann würde sich sofort jemand finden, der seinen attraktiven Posten einnimmt. Das hatten wir doch schon so oft. Staaten kommen und gehen, die Dynastien bleiben. Vielleicht sollte man einfach mal ausprobieren was passiert, wenn man ihnen ihr Spielzeug wegnimmt. Ich persönlich hege die Hoffnung, daß die Blockchain in absehbarer Zeit diese Strukturen obsolet macht. Das Potential dazu hat sie. Ob die Menschen in der Masse das Potential dazu haben, das zu verstehen bezweifle ich jedoch stark...

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