4 Tage ohne Strom | Was man im Leben sonst verpasst
In Paraguay gibt es heftige Stürme, krasseste Gewitter und Regen, da wäre Noah neidisch. Und oberirdische Stromleitungen. Besser gesagt, verlaufen hier alle Stromleitungen oberirdisch. Die Bäume, welche überall in die Strommasten wachsen, dürfen ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Weiterhin: viele der Strommasten bestehen hier (kein Scherz) aus abgesägten Palmenstängeln. Und der Titel verrät es bereits: Summa summarum ist all dies eine spannende Kombination.
So kam es wie es kommen musste und wie es auch wieder kommen wird: ein vereinigtes dahinschmelzen fast aller Inhalt aller Gefriertruhen.
Was anderswo passiert:
Anderswo kommt es schon nach wenigen Stunden zu Randale, Plünderungen, Wohnungseinbrüchen, Verkehrschaos und einer Ordnungsmacht, welche die Hände über dem Kopf zusammenschlägt.
Was in Paraguay passiert:
Bestimmt gibt es auch in Paraguay gemeine Schurken und Wohnungseinbrüche (besser gesagt: Hütteneinbrüche) nehmen gewiss leicht zu. Aaaaber: ein Großteil der Paraguayer hat (mindestens) einen Revolver im Haus liegen und auch die Polizei bzw. Justiz und Staatsgefängniss begrüßen jeden Querolanten mit einer angenehm feuchtkalten Zelle, einer Torte aus trockem Brot und einem Schlummertrunk aus wohltemperiertem (also kaltem) Wasser. Einladend, oder? Also wer da nicht Sehnsucht bekommt...
Drum: mein Nachbar kommentiert die Lage mit "ist eh alles wie immer" und einem Lachen. Ob dies seine Antwort auf "was willste auch machen, locker bleiben ist eh die einzige Option" oder "Ja, mal schauen ob der Strom morgen oder nächste Woche wieder kommt", erinnere ich mich nicht. Warum erinnert sich Pablo el Pablito nicht?
Was man sonst noch so in Paraguay machen kann:
Zuckerrohrschnaps trinken (und dank meiner hervorragenden Gefriertruhe auch durchgängig und trotz Stromausfall mit Eis bestückt!), Zeit verbringen mit Menschen, welche man mag, statt vor dem PC zu kleben, Gitarre spielen & im Freistil singen. Tomaten einpflanzen.
Videos vom Gewitter machen (Upload kommt die nächsten Tage), ein gutes Buch lesen, Gedanken an liebe Menschen nachgehen, ein Mobile bauen, etwas zeichnen, die Wohnung auf Hochglanz putzen (was in Paraguay aber im Grunde eigentlich keinen Sinn macht, feinstem Staub sei Dank), die Hühner streicheln, grillen, schlafen; den Sternenhimmel mit seiner prächtigen Milchstraße betrachten (waaaaahnsinn!), Liebe machen (wozu ich jetzt keinen Kommentar in Klammern bringe. Also, "man könnte". Also, wem es A) vergönnt sei oder sich B) wahllos durch die Gegend rudelt. Beides irgen... ach so, ich wollte das nicht kommentieren...), mit dem Quad die Farm umpflügen, eine Trockentoilette buddeln oder den Fischteich ausheben, bla bla bla. Kurz gesagt:
Das Leben bietet soooo viel mehr!
... wenn man sich endlich mal löst, aus der digitalen Sklaverei! Auch wenn man von allen lieben Steemians abgeschnitten ist, geht das Leben irgendwie weiter. Klingt komisch, ist aber so. Kohlenstoffwelt, ich komme! Naja... besser gesagt: Kohlenstoffwelt, ich war dann mal da! (Das war ein Witz! [Naja, hmmm, zumindest halb...])
Jetzt aber hat er wieder Strom. Kurzum:
Das Leben kann wieder weitergehen; ich kann die Kampfmittelweste wieder ausziehen, die Abzüge, Hähne und Schlagbolzen wieder entspannen (Lüüüüge! Das mache ich nie! [Abgesehen von der Schrotflinte ohne Fallsicherung...]). Weiterhin darf man nun wieder schlaflos sich vor den Bildschirm kleben...
Ob das die Pointe des Artikels ist? Wat weiss ich!?! Muss ich das entscheiden? Mach du sie dir selber, denn:
Das Leben bietet sooooo viel mehr! Dinge, welche wir haben, wenn uns andere Dinge wegfallen. Bewusstsein! Bewusstsein auch für jene Dinge, welche wir oft so selbstverständlich hinnehmen. Aber was wäre wenn?
Wie fragil ist dein Leben? Bricht gleich alles zusammen, wenn sich mal der Strom (und somit Supermarkt, Brunnen und Tankstelle) verabschiedet? Ich meine und sage oft: "Viele Menschen sind so lebensfähig wie ein Baby".
In diesem Sinne? In diesem Sinne! Stelle dein Leben auf standhafte Füße! Der nächste (Sonnen)Sturm kommt bestimmt!
Bleibe sauber & sicher
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Wir hatten mal im Sommer einen mehrstündigen Stromausfall (im Ort teilweise sogar um die 30 Stunden am Stück, wenn ich es richtig im Kopf habe) und nachdem ich vor einem Monat (?) endlich wieder einen Kühlschrank habe nach vier oder eher fünf Monaten ohne, gewöhne ich mich an diesen gerade. Klingt komisch, ist aber so. ;)
Wie autark ich leben kann? Gute Frage. Hängt auch stark vom Wetter und der Unterkunft ab.
Joa, ohne Kühlschrank funktioniert auch, sogar in den (Sub)Tropen. Für die tägliche Milch/Quark hatte ich mir ein mit Wasser gefülltes Holzfass im Schatten bereitgestellt... Geht alles! Habe das ein Jahr so gemacht. War a super Zeit (nicht nur wegen des fehlenden Kühlschranks...).
Oh ja, Wetter und Unterkunft sind schon wichtig - auch wenn nun viele Paraguayer "Einspruch" schreien würden. Ja, nee, ist schon wichtig, nicht nur als Energiepol für das Körperliche. Ist ja auch so etwas wie "Hier fühle ich mich wohl, hier kann und darf ich sein."
Also ich überlege mal immer wieder, ob ich hier auf der Farm mir nicht einfach mal irgendwo ein einfaches Hüttchen aus Naturmaterialien baue und dort so a Zeit lang lebe . Das würde der Seele gewiss gut tun; meine ich in meiner romantischen & idealisierten Ansicht.
Ähnlich ist es auch in Griechenland. Gut, die Wohnung bzw. ihr Hauseinbrüche nehmen auch in letzter Zeit zu. Allerdings ist es hier auch eher üblich, wenn man weggeht das Haus unverschlossen zu lassen. Wenn man vor einer Taverne guckt steckt in jedem zweiten Auto der Schlüssel. Und ich rede hier nicht von irgendwelchen Schrottautos. Eine Knarre hat hier im Grunde auch jeder, und ich denke die Langfinger wissen auch dass sie benutzt werden. Auch die Sheriffs sie in der Umgebung sind eigentlich recht entspannt. Wenn du mal ein Ouzo zu viel intus hast fahren sie sich sogar nach Hause. Kommt man ihn allerdings dumm oder beschimpft sie gar kann es auch passieren das man einmal eine übergezogen bekommt. Muss halt jeder selber für sich entscheiden was er von so einer Vorgehensweise hält. Grundstücke, Eigentum und die Privatsphäre wird von deinen Nachbarn respektiert. Im Normalfall mischt sich niemand ein und es ist jeden egal was du auf deinen Grund und Boden machst. Das wichtigste ist der Familienclan danach kommt erst mal eine ganze Weile gar nichts. Selbst wenn irgendein Neffe mit dem man um fünf Ecken herum verwandt ist Hilfe braucht wird diesen ohne Wenn und Aber geholfen. Hier funktioniert das soziale Netz innerhalb der Familie und ist nicht staatlich reglementiert. Hier kann ich mir sicher sein, dass ich auch im Alter wenn ich nicht mehr so richtig kann nicht in irgend ein Heim abgeschoben werde. Hier sitzt auch die 90-jährige Oma vor der Tür der Kinder oder Enkel und kann sicher sein innerhalb der Familie bis zum letzten Tag ihres Lebens versorgt zu werden. Mensch, das sollte eigentlich nur eine kurze Antwort werden :-) Grüße aus Griechenland Holger
Ich freue mich für dich, dass du so locker leben kannst und dir um die Tür keine Gedanken machen musst. Also hier hat jeder Paraguayer (ausser er kann es sich nicht leisten) vergitterte Türen und Fenster. Das schreckt aber nur kaum ab. "Zur Not" kommt man durchs Dach. Die "Leute" bauen einem hier das Haus auseinander, wenn man länger nicht parat ist...
Joa, so nach vorne ist das Verhältnis hier immer super. Wobei auch die Paraguayer sich selbst untereinander nicht trauen. Nicht umsonnst haben sie ihr Moto verkettet und alles verrammelt. Als "Ausländer" sieht es dann nochmal anders aus, da wir (Ausländer) ja reich sein müssen, sonnst wären wir ja nicht hier (in PY). Aber ist ist ja auch Tatsache, das die meisten Ausländer, vor allem Deutsche, hier einen bei weitem anderen Lebensstil pflegen, als die hiesige Bevölkerung.
Hier ist es so, das wenn man dich (also mich, den Deutschen, den ewigen Gringo) beklaut, dann ist es nicht schlimm, da der Deutsche es sich eh neu kaufen kann... so wird hier gedacht.
Privatsphäre? Ne. Wenn du als Ausländer hier einen Zaun baust und dieser halt einen ewig alten Weg abschneitet, dann wird da halt drüber geklettert. Da hilft nur das klare Statement mit Hilfe von Mitteln, in welche keiner sehen will. Den Leuten muss man keine Waffe direkt unter die Nase halten, aber die regelmäßigen Schießübungen (sofern man auf dem Campo [ländlich] wohnt), sind ein erprobtes Mittel, um 90 Prozent der Vorfälle zu regulieren, BEVOR sie passieren.
Paraguayer kundschaften auch erst aus; checken wann der Hund anschlägt, wie das Herrchen reagiert usw. Meine Devise: ich bin äusserlich wie ein Freak, wenn es drauf ankommt. Das erste Magazin darf gerne geleert werden, BEVOR ich hier überhaupt irgendjemanden sehe. Als Demonstration der Schnelligkeit im Abzugsfinger. Das heisst nicht, das ich auch innerlich wie ein Freak bin, aber äusserlich gibt es eine Demonstration, wo sich jeder schleunigst überlegt, was ihm der Diebstahl einer Kuh oder was auch immer, wert ist. Da kenn ich keine Scherze. Aber ich bin auch als Zivilist "recht" gut ausgebildet, mache mich nicht zum Ziel durch leuchtende Taschenlampe, bewege mich richtig usw.
Wobei: mir viel wichtiger: Integration und das richtige Verhalten jedem gegenüber. Und generell bin ich schon menschlich a saufreundlicher Hund. Nur mich halt abfu**en wollen, dann werde ich garstig. Und selbst der lokale Polizeichef sagt dir "wenn was passiert, habe das Loch am besten bereits gebuddelt und die Reifen schon drinliegend". Und nein, das ist kein hundertprozentiger Scherz; auch wenn es mit einem Zwinkern im rechten Auge gesagt wird. Drum verschrecke ich die dummen Leute lieber schon vor dem Vorfall. Man muss ja auch immer beachten: wer kommt und warum. Der Bugatti steht nicht in meiner Auffahrt. Und wegen einem KIA Sorrento kommt kein Killerkommando... Was nicht heisst, das die Leute hier keine Skrupel hätten.
Familienverband funktioniert hier auch gut > das ganze Viertel ist ja nur 1, 2 Familien; hier kommt ja keiner raus und zumeist auch seltenst rein. ;-) Wobei das jetzt natürlich auf die ländlichen Bereiche gemeint ist. In der Hauptstadt sieht es da schon wieder anders aus.
P.S. Paraguay ist sowas von vielfältig, das es immer mindest 7 Wahrheiten gibt und wirklich soo vielschichtig. So wie es hier ausreichend finanzielle "Armut" gibt, leben aber auch genug Paraguayer auf Büden aus Marmor. Pauschalisieren kann man hier garnichts.
In jedem Fall freut es mich, das du so locker leben kannst. Mir eine Freude für dich!
Ich würde mich feruen wenn bei uns in Österreich auch mal wieder ein Stromausfall des größeren Stiles ist, dann kann ich endlich von meinem Survival-Food gebrauch machen und die Konserven aufbrauchen!
Auch würde ich es sehr begrüßen einmal wieder etwas anderes zu haben als den ganz normalen Alltagstrott...
Just do it! (Und weil der Scherz nicht fehlen darf:) Und wenns dabei kaputt geht... Just glue it!
Mal im Ernst: Ja, das bringt die Leute mal auf den Boden zurück. Das ist wohl zumeist sehr förderlich.
Irgendwo habe ich mal eine Studie gelesen, wo es um den Nachwuchs ging.
Ab 4 Stunden Stromausfall steigt die Geburtenrate erheblich nach neun Monaten!
Ja, irgendwie sowas bin ich auch der Meinung schon einmal gehört zu haben in irgend einer Doku.
"Viva la vida!"
Oha - wenn ich das so lese, bin ich froh, in Good Old Germany zu sein .
Grüße
Michael
Da liegen bei Jedem wohl die Prioritäten anders. Also ich bin froh, hier in Paraguay zu sein. Aber alles hat ja seine Vor- und Nachteile, gewiss. Am Ende des Tages ist es aber so geil hier, das man hier enorm aufblühen kann.
"Entweder man liebt Paraguay oder man hasst es" heisst es oft.
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Alle Kinder haben's begriffen. Außer Sepp. Der ist ein Depp.